Edelsteine prägten schon früh das Leben von Helmut Wolf. Sein Vater hatte einen halben Schleifstein in der Idarer Weiherschleife, 500 Meter von der Wohnung der Wolfs entfernt. „Da habe ich als Zwölfjähriger aus einem Rest meinen ersten Achataschenbecher geschliffen“, erinnerte er sich einst im Gespräch mit der Nahe-Zeitung. Direkt hinter der Weiherschleife war damals noch der Steinbruch in Betrieb. Nach Sprengungen war der Junge immer gleich zur Stelle und suchte nach Drusen. Da war der Weg in den Schleiferberuf eigentlich schon vorgezeichnet, den er in der Weiherschleife lernte – und zwar noch klassisch im Liegen an Sandsteinrädern.
Seinen Traum, als Selbstständiger zu arbeiten, verwirklichte Helmut Wolf schon als 26-Jähriger, zunächst in der Garage seines Hauses in der Talstraße in Kirschweiler, ab 1972 dann mit viel Raum für Expansion ein paar Straßen weiter. Zeitweise beschäftigte er dort bis zu fünf Mitarbeiter. Schon der Vater war ein gefragter Schalenschleifer, auch den Sohn fasziniert diese anspruchsvolle Form.
Zweimal im Guinnessbuch
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Helmut Wolf gehörte zu den Ersten, die mit dem rheinland-pfälzischen Staatspreis ausgezeichnet wurden. Das war 1972. Es folgten diverse andere Ehrungen und Auszeichnungen. Seine Schalen beeindrucken nicht nur durch Größe, Schönheit und handwerkliche Perfektion, sondern auch durch die Einbindung der natürlichen Gegebenheiten des Steins. So wechseln matte mit polierten Flächen, die Kruste bleibt naturbelassen oder gestalterisch hervorgehobene Einschlüsse heben die Einzigartigkeit eines Steins hervor.
„Ich versuche, die Schönheit eines Steins herauszuarbeiten, ich arbeite mit dem Stein und nicht gegen ihn“, beschrieb der Gestalter einmal sein Credo beim Umgang mit dem Rohstein. Dazu gehörte für ihn auch der Vorstoß in neue Größendimensionen.
Er reizte dabei die Stärke der Schalenwände bis an die Grenzen aus. Seine Werke waren voluminös und hauchdünn zugleich – eine enorme Herausforderung. Um seine Vorstellungen zu verwirklichen, ließ er etliche Spezialwerkzeuge nach seinen Vorgaben fertigen.
Gleich zweimal ist Helmut Wolf Einträge im Guinnessbuch der Rekorde vertreten: 1988 schaffte er das mit zwei Bergkristallschalen von 49,2 Zentimetern Durchmesser, zehn Jahre später mit der größten Bergkristallvase der Welt. Bei der Intergem 2010 präsentierte er ein neues aufsehenerregendes Meisterwerk: Eine riesige, 57,2 Kilo schwere Schale, die er aus einem 1,8 Tonnen schweren Bergkristall schuf. Zum Verkaufspreis verriet er nur soviel: „Allein die Investitionen haben mich inklusive der extra für diese Arbeit angefertigten Spezialwerkzeuge so viel wie ein Einfamilienhaus gekostet.“
Einerseits hatte er bei solchen Objekten immer etwas Bauchschmerzen, weil der größte Teil des Steins verloren geht. „Andererseits tut es mir weh, einen schönen großen Stein zu sehen und dann zu wissen, dass er zu lauter kleinen Ringsteinen zersägt wird“, meinte er. Mit seinen Arbeiten begab sich Helmut Wolf, der regelmäßig die Schwelle vom Kunsthandwerk zur Kunst überschritt, immer wieder auf Gratwanderungen.
Hauchdünn mit immensem Wert
Denn der Anspruch, aus oft zentnerschweren Steinen teils hauchdünne Produkte zu schaffen, barg das Risiko in sich, dass ein Stein in 1000 Stücke zerspringt. „Ich kann ihm gar nicht gut zusehen“, meinte seine Ehefrau Inge deshalb einmal. Zumal dann immer auch die Gefahr besteht, dass immense Werte von einem Moment auf den anderen verloren sind. „Zum Glück ist mir das nur selten passiert.“
Bei der Intergem 2021 zeigte er, gesundheitlich schon angeschlagen, neben älteren Arbeiten auch eine brandneue Schale aus dem seltenen Tigereisen („Das gibt es nur in einer einzigen Mine weltweit“), die ein goldener Drache zierte. „Die einzigartigen Kreationen aus dem Hause Wolf finden sich in den bedeutendsten Museen, ebenso wie in Königshäusern und Privatsammlungen. Mit seinem Tod verliert die hiesige Industrie eines ihrer Aushängeschilder“, unterstreicht Jörg Lindemann im Namen des Bundesverbandes der Edelstein- und Diamantindustrie.