Rat beschließt vorzeitige Einführung des wiederkehrenden Beitrags
Ende der Einmalbeiträge beim Straßenausbau: Birkenfeld stellt schon 2022 auf den wiederkehrenden Beitrag um

Birkenfeld. Gesetzlich verpflichtet wäre die Stadt Birkenfeld zu diesem Schritt wegen der Änderung des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes erst zum 1. Januar 2024, doch sie geht ihn schon zwei Jahre früher. Mit einstimmigem Beschluss hat der Rat in seiner jüngsten Sitzung entschieden, bereits zum 1. Januar 2022 einen Systemwechsel vorzunehmen. Beim künftigen Ausbau von Straßen müssen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die Anlieger Einmalbeiträge zahlen, sondern es wird in Birkenfeld der sogenannte wiederkehrende Beitrag (WKB) eingeführt.

Mit dieser Lösung, die im Land ab 2024 flächendeckend Gültigkeit haben wird, soll die finanzielle Belastung bei Straßenbauprojekten solidarischer auf viele Schultern verteilt werden. Doch es gibt bei der Umstellung auf den WKB nicht nur Gewinner.

In der Stadtratssitzung am Dienstagabend wurde dieser Tagesordnungspunkt rasch abgehandelt und zügig abgestimmt. Das lag daran, dass bereits eine Woche vorher Thorsten Kretsch, zuständiger Sachbearbeiter in der VG-Verwaltung, ausführlich über die Unterschiede zwischen dem bisherigen System der Einmalbeiträge und dem WKB informiert hatte und dabei auch darauf eingegangen war, warum die Verwaltung mit Blick auf die speziellen Birkenfelder Begebenheiten eine Umstellung zum 1. Januar 2022 empfehlen würde.

14 VG-Orte haben schon den WKB

In der VG gibt es bereits 14 zumeist kleinere Orte, in denen nach dem System des WKB abgerechnet wird, wenn Straßen wieder per Ausbau auf Vordermann gebracht werden. In der Stadt Birkenfeld, aber auch in größeren Gemeinden wie Hoppstädten-Weiersbach oder Brücken ist es bisher hingegen so, dass nur die Anlieger der betreffenden Straße an den Kosten für die Bauarbeiten beteiligt werden. Die jeweilige Kommune schultert zwar einen je nach Verkehrsbelastung der Straße prozentual unterschiedlichen Eigenanteil, aber auf die Anlieger der betreffenden Straße kommen – gerade wenn sie große Grundstücke haben – trotzdem teils sehr hohe Beitragszahlungen zu. „Es gibt Fälle, in denen Anlieger Summen bis zu 20.000 Euro zahlen mussten“, sagte Kretsch.

Bei der Umstellung auf den WKB wird dies der Vergangenheit angehören. Die Kosten für solche Projekte werden auf alle Anlieger in einer Abrechnungseinheit umgelegt, also auf deutlich mehr Schultern. In kleineren Kommunen ist meist das ganze Dorf eine Abrechnungseinheit. „Bei der Größe von Birkenfeld werden wir aber wohl mehrere Abrechnungseinheiten bilden“, sagte Thorsten Kretsch im Ausschuss.

Das bedeutet aber auch: Während beim Einmalbeitrag die Anlieger nur in großen Zeitabständen zur Zahlung herangezogen wurden, müssen nun beim WKB die in einer Abrechnungseinheit zusammengefassten Grundstückseigner zumeist jährlich Beiträge zahlen. Allerdings handelt es sich dabei im Vergleich zum Einmalbeitrag um deutlich geringere Summen.

Wichtig ist zudem, dass es eine Schonfrist gibt. Beispiel Pfalzgrafenweg: Diese Straße wurde erst 2018 ausgebaut, und die Anlieger mussten Einmalbeiträge zahlen. In den nächsten 20 Jahren werden sie deshalb auch beim System des WKB nicht beitragspflichtig und somit bei der Finanzierung künftiger Projekte in der Nähe – etwa dem 2022 geplanten Ausbau der Burgstraße – außen vor gelassen.

Auch die Eigentümer, die in Neubaugebieten wie „Haesgeswiesen“ ihre Häuser errichtet haben und die über die Preise beim Grundstückskauf an den Erschließungskosten beteiligt waren, müssen nicht zahlen, wenn zum Beispiel in den nächsten 20 Jahren die nahe gelegene Schönewaldstraße wieder auf Vordermann gebracht würde.

Nicht alle Bürger werden aber von der Systemumstellung profitieren. Die Stadt wird in der bis Anfang 2022 noch zu erarbeitenden Satzung einen Gemeindeanteil festsetzen. Mit welcher Prozentzahl sie sich an künftigen Straßenbauvorhaben beteiligt, steht noch nicht fest und wird Sache weiterer Beratungen sein. Fakt ist aber: Er muss mindestens 20 Prozent betragen. Der festgelegte Gemeindeanteil wird ab 2022 also Gültigkeit bei allen Projekten in einer Abrechnungseinheit haben – und zwar egal, ob es sich um eine nur von den Anliegern genutzte oder um eine Straße mit viel Durchgangsverkehr handelt. Vor allem werden künftig auch die Anwohner, die an klassifizierten Kreis-, Landes- oder Bundesstraßen leben, in gleicher Höhe belastet wie die Besitzer von Häusern, die an einer kommunalen Straße stehen.

Beim System des Einmalbeitrags war es bisher so: Die Anwohner klassifizierter Straßen wurden finanziell nicht an den Kosten zur Herstellung der Fahrbahn beteiligt. Das war Sache der jeweiligen Baulastträger der Straße (Bund, Land oder Kreis). Die Anlieger wurden nur von der Kommune, die diesen Part der Arbeiten schultern muss, zu Beitragszahlungen für den Bau der Gehwege und der Straßenbeleuchtung herangezogen.

Nachteil für manche Anwohner

Das wird sich nun durch die Einführung des WKB ändern. Bei der Vorstellung im Ausschuss hatte Kretsch Bezug auf die Unterlagen eines Seminars des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes zu diesem Thema genommen. Auch dort heißt es, dass es bei Grundstücken an klassifizierten Straßen durch den WKB „vielfach eine Schlechterstellung im direkten Vergleich zum klassischen Einmalbeitrag“ gebe.

Den Umstellungszeitpunkt am 1. Januar 2022 hatte die VG-Verwaltung aus verschiedenen Gründen vorgeschlagen. Prinzipiell wäre es zwar möglich gewesen, den WKB auch rückwirkend zum 1. Januar 2020 einzuführen oder dies schon am 1. Januar 2021 zu tun, im konkreten Fall von Birkenfeld sei ein solches Vorgehen aber nicht sinnvoll, betonte Kretsch.

So sind zum Beispiel die eigentlichen Ausbauarbeiten in der Schneewiesenstraße und in der Friedrich-August-Straße zwar schon längst abgeschlossen, aber es stehen dort nach wie vor noch letzte Rechnungen von Firmen aus. Deshalb ist für die Anlieger dieser Straßen auch noch keine sachliche Beitragspflicht entstanden, was gegen einen frühzeitigen Systemwechsel spreche.

Hinzu kommt, dass es zwar für den geplanten Ausbau der Burgstraße schon eine Zuschussbewilligung des Landes aus dem Investitionsstock gebe, aber dieses Vorhaben nicht noch 2021 kurz vor Toresschluss und dem Systemwechsel zulasten der dortigen Anlieger verwirklicht werden soll. Deshalb sei Kämmerer Bernd Heinrich zurzeit im Kontakt mit dem Land, um eine Verschiebung der Zuschusszahlungen zu erwirken, damit dieses Projekt erst 2022 unter den Bedingungen des WKB umgesetzt werden kann.

Von unserem Redakteur
Axel Munsteiner

Top-News aus der Region