Emotionale und kontroverse Debatte im Stadtrat
Emotionale Debatte im Stadtrat: Naturbad bleibt geschlossen
Das Tiefensteiner Naturbad hat Fans, aber auch Kritiker. In diesem Sommer bleibt das Bad geschlossen: eine Entscheidung, die im Stadtrat in der Messe kontrovers diskutiert wurde. Foto: Hosser (Archiv)
Hosser

Idar-Oberstein. Diese Entscheidung machte sich der Stadtrat in seiner Sitzung in der Messe nicht leicht. Es wurde intensiv, zum Teil sehr emotional und vor allem kontrovers diskutiert. Das Naturbad Staden wird in der Badsaison 2021 nicht geöffnet. Gegen diese Entscheidung votierten zehn Ratsmitglieder. Das Hallenbad wird geöffnet, sobald dies nach den gesetzlichen Regelungen und den Hygieneregeln erlaubt und möglich ist, hierfür gab es drei Gegenstimmen.

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Bürgermeister Friedrich Marx als zuständiger Dezernent erläuterte die Hintergründe: Der Betrieb des Naturbades Staden hat im Jahr 2020 vor dem Hintergrund der Corona-Schutzmaßnahmen zu einem um 27.576 Euro höheren Defizit (minus 192.733,18 Euro) geführt als im Jahr 2019. Gründe hierfür waren neben erhöhtem Personalaufwand für Kontroll- und Reinigungsarbeiten unter anderem der stark eingeschränkte Verkauf von Artikeln am Kiosk und geringere Eintrittserlöse. Die Besucherzahl von 2019 mit 13.446 Badegästen wurde 2020 (5753 Gäste), vermutlich hauptsächlich durch die verunsicherte Bevölkerung, um 7693 Besucher gegenüber dem Vorjahr unterschritten. Marx kommentierte: „Eine mittlere Katastrophe.“ Für eine Eröffnung des Naturbades im Jahr 2021 wären diverse Vor- und Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen, die mindestens sechs bis acht Wochen Vorlaufzeit in Anspruch nehmen, zuzüglich der Zeit, einen Auftragnehmer zu finden. Nötig wären unter anderem ein Kassenupdate, die Wiederherstellung der Liegewiese nach Wildschweinverwüstung, der Austausch der Holzverkleidung der Beckenwände, Rohrbruchsuche und Reparatur sowie die Beseitigung von Rissen am Raftingkanal. Die Summe der Öffnungsvorbereitungen würde netto bei etwa 20.000 Euro liegen.

Unter dem Gesichtspunkt „Öffnen eines Bades in Zeiten der Pandemie unter Berücksichtigung der bisherigen Erkenntnisse“ würden vermutlich noch strengere Sicherheitsauflagen zu erfüllen sein als im Jahr 2020. Genaues ist zum heutigen Zeitpunkt allerdings noch nicht bekannt. Dazu kommt: Eine Eröffnung wäre angesichts der Corona-Verordnungen ohnehin erst nach dem 30. Juni möglich, und das Badpersonal befindet sich in Kurzarbeit.

Auch für Vereine wichtig

„Zu öffnen, das birgt das Risiko, quasi Geld in den Sand zu setzen. Das ist eine Lotterie, die man niemandem erklären kann“, sagte Marx, der sich in der Folge der Debatte mit diversen recht emotionalen Angriffen auseinandersetzen musste.

Er betonte immer wieder: „Auch mir tut eine Nicht-Öffnung in der Seele weh.“ Aber: „Sollte eine Baderöffnung infrage kommen, so sollte die Öffnung des Hallenbades die oberste Priorität erhalten, da das Bad von Witterungseinflüssen unabhängig zu betreiben ist und die besseren Voraussetzungen, auch durch die chemische Wasseraufbereitung, bietet. Des Weiteren ist das Hallenbad auch für Schul- und Vereinsschwimmen gut geeignet.“

Armin Korpus (CDU) kommentierte: „Wir alle wissen: Die Pandemie verlangt strenge, personalaufwendige Sicherheitsauflagen und Hygienekonzepte, die bestimmt so schnell nicht zurückgenommen werden können. Diese Auflagen dann für zwei Bäder umzusetzen, erachten wir auch aus finanztechnischen Gründen als nicht darstellbar. Die CDU-Fraktion spricht sich daher dafür aus, dieses Jahr nur das Hallenbad zu öffnen.“

Roepke: Wohin im Sommer?

Sonja Gottlieb (Die Linke) hielt dagegen: „Vielleicht setzen wir aufs falsche Pferd: Hallenbäder bleiben zu, Freibäder können öffnen.“ Zudem befürchtet sie durch eine Verschleppung der nötigen Arbeiten einen schleichenden Untergang wie beim Kammerwoogbad. Eva-Maria Budau (SPD) hielt ein flammendes Plädoyer für das Bad und dessen Öffnung: „Ich liebe dieses Bad.“ Sie sieht in der Beschlussvorlage womöglich den Anfang vom Ende des Bades. Für Moritz Forster (SPD) ist die Nicht-Öffnung das falsche Signal: Man versuche, sich aus dem wirtschaftlichen Risiko rauszumanövrieren. Ein falsches Signal für ihn.

Monja Roepke (Bündnis 90/Die Grünen) forderte: „Das Stadenbad muss öffnen. Wo soll man denn im Sommer hin? Sollen wir unter den Fontänen am Christuskirchplatz durchlaufen, oder was?“ Sie möchte verhindern, dass das Naturbad womöglich bald ein Lost Place wie das Kammerwoogbad wird. Thomas Petry (fraktionslos) verwies darauf, dass das Stadenbad auch andere Veranstaltungen ermögliche, was im Rahmen der Pandemie noch eine Rolle spielen könnte.

Michael Schmolzi (LUB) unterstützte den Verwaltungsansatz, das Bad nicht zu öffnen. Es bestehe die Gefahr der Zwangsverschuldung für alle statt der viel zitierten Daseinsfürsorge. Bernhard Zwetsch (FDP) sieht sich an die Zwänge des Haushalts gebunden: „Aber mit der Entscheidung heute wird niemand glücklich nach Hause gehen. Wir machen es uns nicht einfach. Das ist gut so.“ Die Debatte bewege sich zwischen wünschen und rechnen. Thomas Engel (Freie Liste) betonte: „Das Hallenbad hat Vorrang. Aber wir stehen voll hinter dem Naturbad.“ Jean Pierre Ganser (Bündnis 90/Die Grünen) fragte: „Wie sieht eine zukunftsweisende Politik aus? Wie können wir die Stadt für die Bürger attraktiv gestalten? Dazu höre ich seit meiner Zeit im Stadtrat kaum ein Wort. Stattdessen wird jetzt geplant, unser Naturbad dieses Jahr nicht zu öffnen. Und wer zwischen den Zeilen liest, muss befürchten, dass es dauerhaft geschlossen werden wird. Sieht so ein positiver Einsatz für die Bürger aus? Ich denke nicht. Das Naturbad ist ein wahrer Smaragd in unserer Edelsteinstadt. Warum wird es nicht entsprechend beworben?“

Von unserer Redakteurin Vera Müller

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