Personalnot hat Konsequenzen
Eltern klagen über Zustände in der Kita Nahbollenbach
Die Kita Nahbollenbach ist eine der größten Betreuungseinrichtungen der Stadt Idar-Oberstein. Allerdings ist auch die Personalnot hier größer als anderswo.
Stefan Conradt

Wenn berufstätige Eltern morgens ihre Kinder nicht in der Kindertagesstätte abgeben können, bringt das Probleme mit sich – bis hin zum Jobverlust, wenn sich die Fehltage häufen. Vor diesem Problem stehen derzeit viele Eltern in Nahbollenbach.

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Die Personalsituation in der großen Kindertagesstätte Nahbollenbach verärgert immer mehr Eltern. Seit vielen Monaten fehlt es dort an ausreichend Betreuern, die Fluktuation ist hoch – und nun fällt auch noch die Kindergartenleitung seit Monaten krankheitsbedingt aus. Die Folge sind immer wieder Notgruppen und verkürzte Öffnungszeiten. Das erfolgt nicht selten sehr kurzfristig, sodass immer wieder Eltern, die ihre Kinder morgens auf dem Weg zur Arbeit abgeben wollen, vor verschlossenen Türen stehen.

Mal wird eine halbe Stunde später geöffnet, mal werden die Eltern gebeten, ihre Kinder eine Stunde früher abzuholen: „Es ist echt extrem, es vergehen keine zwei Wochen, ohne dass so etwas passiert“, klagt etwa Lena Essig. Für berufstätige Eltern sei es schwierig, auf diese oft kurzfristigen Änderungen zu reagieren – wer keine Großeltern zur Hand hat, steht vor einem echten Problem. Wenn Notgruppen eingerichtet werden, die dann Kinder nur noch ein um die andere Woche aufnehmen, wird es für berufstätige Eltern ganz bitter.

Eltern befürchten negative Auswirkungen auf die Kinder

„Am schlimmsten sind jedoch die Auswirkungen auf die Kinder: Eine verlässliche, stabile und kontinuierliche Betreuung ist im Kita-Alter essenziell für eine gesunde Entwicklung“, heißt es in einem gemeinschaftlichen Schreiben an die Stadt. „Die häufigen Ausfälle führen zu Verunsicherung, unterbrechen pädagogische Prozesse und beeinträchtigen die soziale Entwicklung sowie das emotionale Wohlbefinden der Kinder. Eine regelmäßige Tagesstruktur in der Einrichtung oder im häuslichen Umfeld ist durch die aktuellen Gegebenheiten kaum noch gegeben. Kinder verlieren damit wichtige Bezugspunkte in ihrem Alltag.“ Die seitens der Stadt vorgeschlagene Lösung, Betreuungszeiten einzelner Kinder auf zwei Wochen pro Monat zu beschränken, sei nicht zumutbar, sagen die Eltern, die zudem befürchten, dass die auch für das Personal belastende Situation mitverantwortlich für die hohe Fluktuation an der großen Kita in Naboba sei. Zudem fragen die Eltern, warum die Stadt in solchen kurzfristigen Notfällen keine Springer vorhält.

Unabhängig vom Betreuungs- und Öffnungsproblem beklagt die Elternschaft, dass es bei der Sanierung des Außengeländes nicht vorangeht: „Es gibt seit drei Jahren keine Rutsche mehr.“ Die Eltern hätten damals den Barfußpfad in Eigenregie abgerissen – „bis heute ist da aber nix passiert“.

„Es wird bereits viel gemacht, und die Erzieher geben alles, was sie können“, sagt Lena Essig. „Aber die Rahmenbedingungen müssen auch stimmen. Da sehe ich ganz klar die Stadt in der Pflicht, bessere Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter und Kinder zu schaffen.“

Seit Monaten gibt es intensive Gespräche

Seit Januar 2025 wurden knapp 30 Mails an die Eltern versendet, in denen aufgrund von Personalmangel darum gebeten wurde, die Kinder möglichst zu Hause zu lassen oder über Einschränkungen des Kita-Betriebs informiert wurde. „Mein Sohn geht seit 2022 in die Kita, und es gab kaum mal 14 Tage ohne solche Mitteilungen“, verdeutlicht Lena Essig. Allein in diesem Jahr gab es ihr zufolge über 18 Wochen schwierige Situationen bei der Betreuung der Kinder in Nahbollenbach.

Der Elternausschuss befindet sich seit Monaten in intensiven Beratungen mit dem Stadtjugendamt: „Das sind immer gute Gespräche. Die Stadt sieht die Probleme ja auch und will uns helfen“, bestätigt die Vorsitzende Rebecca Kaiser – am bestehenden Personalmangel können aber auch die guten Gespräche nicht viel ändern. Nun werde aber von neuen Bewerbungsgesprächen berichtet: „Da drücken wir alle die Daumen, dass sich die Situation schnell verbessert.“

Stadt: Schuld ist der Fachkräftemangel

In einer Antwort auf die entsprechende Anfrage der Nahe-Zeitung zu dieser Problemlage heißt es seitens der Stadt: „Wie andere Arbeitgeber auch, ist die Stadt Idar-Oberstein darauf angewiesen, immer wieder neues Personal zu gewinnen. Das betrifft ganz besonders den Bereich der Kindertagesstätten. Der bundesweite Fachkräftemangel ist seit Langem bekannt. Um Personal zu gewinnen, werden mindestens zweimal im Jahr neue Stellen in den Kindertagesstätten der Stadt Idar-Oberstein ausgeschrieben, zuletzt im April 2025. Aus Bewerbungsverfahren am Anfang des Jahres konnten aufgrund der jeweiligen Kündigungsfrist beim vorherigen Arbeitgeber jedoch noch nicht alle neu eingestellten Mitarbeiter die Arbeit in der Kita Nahbollenbach aufnehmen.“

Das Jugendamt prüfe täglich, ob „das Verhältnis von Erziehern zu Kindern den Vorgaben des Landes entspricht. Wird der Personalschlüssel unterschritten – Grund dafür sind in der Regel Erkrankungen von Mitarbeitern – sind entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Hierfür gibt es in jeder Kindertagesstätte einen Maßnahmenplan, der mit dem Landesjugendamt abgestimmt ist. Die vorgesehenen Maßnahmen erfolgen von leicht bis schwer, beginnend von Einschränkungen bei der Frühstückszeit bis hin – als Ultima Ratio – zur Schließung einer Kindertagesstätte.“

Ziel ist die „geringstmögliche Einschränkung für Eltern“

Diese Maßnahmen würden auch in der Kita Nahbollenbach „korrekt umgesetzt“, betont die Stadtverwaltung. „Bei der Umsetzung der Maßnahmen wurde darauf geachtet, die geringstmöglichen Einschränkungen für die Eltern bei gleichzeitiger Gewährleistung von guter Betreuung und Sicherheit der Kinder herzustellen.“ Das ist eine „große Herausforderung für die Leitungen von Kindertagesstätten, da Krankmeldungen naturgemäß meist erst am Morgen des jeweiligen Tages bekannt werden und die Eltern schnellstmöglich über die aktuelle Situation in der Kita informiert werden müssen. Vor allem dann, wenn es zu Einschränkungen im Tagesablauf kommt.“

Wenn Kürzungen der Betreuungszeit notwendig würden, erfolgten diese in der Regel in den Randzeiten. „Das heißt zum Beispiel, dass die Betreuungszeit von 7 bis 17 Uhr um eine Stunde auf 16 Uhr reduziert wird. Das kann über einen bestimmten Zeitraum erfolgen. Diese Maßnahmen kann vorzeitig aufgehoben werden, wenn wieder genug Erzieher im Dienst sind. An Tagen mit extrem hohem Krankenstand kann, um das vorgegebene Verhältnis von Erziehern zu Kindern einzuhalten, nur eine Höchstzahl an Kindern in der Kindertagesstätte betreut werden. Vorrangig, aber nicht ausschließlich erhalten berufstätige Eltern diese Plätze“, erläutert das Jugendamt die Vorgehensweise in solchen Problemlagen.

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