Ziemlich genau dreieinhalb Jahre ist es her, da titelte die Nahe-Zeitung „Die Letzten verlassen die Realschule plus“. Es war der Schlusspunkt einer traurigen Entwicklung. Einst hatte die Realschule in Baumholder auch über die VG-Grenzen hinaus einen formidablen Ruf genossen, nach der Zusammenlegung mit der Hauptschule zur Realschule plus ging es kontinuierlich bergab. Weil die Schülerzahlen sanken, zog die ADD irgendwann die Reißleine: Auflösung unumgänglich. Da half auch kein Klagen und Zetern. Und der Klagen gab es wahrlich genug. Mitte 2017 wurde das Gebäude an einen chinesischen Investor verkauft. Geschäft: Import-Export.
Nun, da in der Birkenfelder RS Plus/FOS die Räume eng werden und man einen Neubau braucht, kommt der Unmut über die Schließung der Baumholderer RS plus wieder ans Licht. Und mit ihm die Frage: Gäbe es nicht die Möglichkeit, das Gebäude wieder als Schule zu nutzen? VG-Chef Bernd Alsfasser betont, dass man mit diesem Vorschlag schon im Februar mit einem Schreiben an den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld, Bernhard Alscher, herangetreten sei – das belegt ein entsprechendes Schreiben. Auch mit der ADD sei er im Gespräch. „Das wäre sicher eine gute Lösung.“ Der derzeitige Eigentümer, Defeng You, habe sich verkaufswillig gezeigt, berichtet er. Am ehemaligen Realschulgebäude müsste möglicherweise in Brandschutz- und Heizungstechnik investiert werden. Man wolle sich auf jeden Fall dafür einsetzen, die Schule zu reaktivieren – damit man sich hinterher nichts vorzuwerfen habe.
„Die Idee ist nicht neu“, erklärt Stadtbürgermeister Günther Jung (FWG). „Doch solange weder VG noch Stadt Zugriff auf das Gebäude haben, ist es müßig, darüber zu diskutieren. Da fischen wir im Trüben.“ Natürlich wäre eine Schulreaktivierung eine gute Sache für Baumholder, so Jung, er höre immer noch die Klagen der Bürger. Dass es für die Schule damals nicht gut endete, sei abzusehen gewesen, nachdem man auch in Birkenfeld eine Realschule plus etabliert hatte. „Das war an zwei Händen abzuzählen.“ Damit spielt er darauf an, dass es eine Zeit gab, in der das anders war. In der es in Birkenfeld ein Gymnasium und in Baumholder eine Realschule gab – und keine Konkurrenz bestand.
Yannick Simon (SPD) meint, für den Fall, dass der chinesische Investor tatsächlich verkaufen würde, biete der Standort Baumholder als Niederlassung der RS plus Birkenfeld gegenüber einem Neu- oder Anbau in Birkenfeld überwiegend Vorteile. „Die Gebäudesubstanz ist gut, die Infrastruktur ist nach der Sanierung der Brühlstraße neuwertig. Der ÖPNV würde entlastet, die Stadt Baumholder aufgewertet. Und das bei weit weniger Kosten“, zählt er auf. Die SPD-Fraktion hat in Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft sogar eine entsprechende Onlinepetition mit dem Titel „Realschule zurück nach Baumholder!“ gestartet. „Ich erwarte mir da seitens der Entscheidungsträger den nötigen Blick über den Tellerrand. Dass ein schneller Verkauf langfristig nicht die beste Lösung bedeutet, hat die jetzige Situation gezeigt.“
Aljoscha Schmidt, Fraktionssprecher der CDU im VG-Rat, zeigt sich optimistisch, dass man das Gebäude vom chinesischen Investor zurückkaufen könnte. „Es wäre denkbar, beispielsweise die Unterstufe von Birkenfeld nach Baumholder umzuquartieren“, meint er. „Meine Fraktion unerstützt das Vorhaben. Damit wäre die Verbandsgemeinde Baumholder wieder Schulstandort.“ Außerdem würde die VG Birkenfeld mit einer „Auslagerung“ Geld sparen – eine Win-win-Situation. Man müsse notfalls, so Schmidt, auf das Land Druck ausüben. „Es heißt immer, die ländliche Region soll gestärkt werden“, erklärt er. „Die VG Baumholder ist die einzige Verbandsgemeinde im Kreis, die keine weiterführende Schule hat.“ „Ein eventueller Rückkauf des Gebäudes ist auf jeden Fall nachhaltiger als ein Neubau in Birkenfeld“, meint Susanne Alfs, die für die Grünen im VG-Rat sitzt. „Eine Orientierungsstufe in Baumholder wäre ein möglicher Weg und würde den Standort Baumholder stärken. Warum soll etwas, was in der VG Herrstein-Rhaunen funktioniert, nicht auch hier ein Lösungsweg sein.“ Man solle diese Möglichkeit auf jeden Fall mit allen Verantwortlichen prüfen. Eine Orientierungsstufe in Baumholder sei doch denkbar. „Wir dürfen den Standort Baumholder nicht stiefmütterlich behandeln, wenn es um Infrastruktur geht.“ Wie das bei den Bürgern ankomme, sehe man ja beim Thema Ruschberger Bahnbrücke.
Dem Vorschlag, eine Orientierungsstufe in Baumholder unterzubringen, kann auch Karlheinz Gisch (FDP) einiges abgewinnen. „Dann hätte man quasi ein geschlossenes Schulsystem und müsste die Lehrer nicht hin- und herschicken“, meint er. „Das halte ich für die einzig realistische Lösung.“
Wolfgang Keller (LfB) hält die Vision einer Außenstelle der RS plus/FOS Birkenfeld in Baumholder zwar für wirtschaftlich absolut möglich und wünschenswert, aber auch für sehr unrealistisch. „Ich sehe da keine Möglichkeit. Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen“, betont er. „Ich glaube kaum, dass die ADD einem solchen Vorhaben zustimmen würde.“ Dass die Baumholderer Schule geschlossen werden musste, habe man sich teils selbst zuzuschreiben, so Keller. „Wir haben es versäumt, sie hier zu halten. Wir haben uns die Butter vom Brot nehmen lassen. Die Politik war nicht genügend hintendran.“ Auch von Reibungsverlusten spricht er.
Bernhard Alscher, Birkenfelder VG-Chef, macht den Baumholderern derweil nicht allzu viele Hoffnungen. „Ich sehe da keine Möglichkeit, auch wenn ich mich natürlich beugen würde“, sagt er. Die Dislozierung – also räumliche Verteilung – einer Schule gehe mit speziellen Genehmigungsverfahren einher. Er glaube nicht, dass es fachlich und auch, was die Zusage der Landesregierung angehe, funktionieren würde. „Die ADD ist da ja mit im Boot.“ Er bedauere, so betont er, dass die Realschule plus in Baumholder vor Jahren habe geschlossen werden müssen. „Als die Hauptschule und die Realschule zusammengelegt wurden, hat das ganze Theater angefangen.“ Bis dahin sei die Realschule in Baumholder überregional als gut eingeschätzt worden. Auch das interkommunale Zusammenleben habe profitiert: Birkenfelder Kinder seien nach Baumholder auf die Realschule, Baumholderer nach Birkenfeld aufs Gymnasium gegangen. Für eine Neuauflage sieht er allerdings keine großen Chancen.
Die Onlinepetition „Realschule zurück nach Baumholder!“ kann unter www.petitionen.com/realschule_zuruck_nach_baumholder unterschrieben werden.