Vor zehn Jahren wurden Aufnahmen für das Epos von Edgar Reitz im historischen Ortskern gedreht
Ein kleines Stück „Heimat“ nach Herrstein geholt: Erinnerung an die Dreharbeiten
Auch die Uhrturmgasse wurde auf alt getrimmt. Reisigbündel stehen an der mit Lehm beschmierten Hauswand.
Andreas Nitsch

Vor zehn Jahren wurden auch in Herrstein Szenen für Edgar Reitz' Epos "Die andere Heimat" gedreht. Zwei Tage hatte das Drehteam seinerzeit im Hunsrückort verbracht. Wir haben noch einmal einen Blick zurück gewagt:

Lesezeit 3 Minuten

Auch die Uhrturmgasse wurde auf alt getrimmt. Reisigbündel stehen an der mit Lehm beschmierten Hauswand.
Andreas Nitsch

Geschlossene Wolkendecke, 20 Grad Celsius – so präsentierte sich vor zehn Jahren der Sommeranfang in Herrstein. Dennoch waren einige Häuser und Höfe im historischen Ortskern eingeschneit. Schneewehen krochen förmlich die Hauswände hinauf, von den Dachrinnen hingen dicke Eiszapfen herab.

Erst bei näherem Hinschauen hat man gesehen: Alles nur Schau, besser: das Ergebnis aufwendiger Arbeit für einen weiteren, den bislang letzten Teil der „Heimat“-Hunsrück-Saga. Deren Titel lautet „Die andere Heimat“.

Zu Sommerbeginn wurde in Herrstein Schnee „gestreut“.
Andreas Nitsch

Das Filmteam von Regisseur Edgar Reitz hatte zwei weitere Drehtage in dem kleinen Hunsrückort verbracht. In erster Linie wurde in Gehlweiler gefilmt, doch waren auch Drehtage in Schlierschied, Bernkastel-Kues, weiteren Mosel-Orten und mehrfach in Herrstein vorgesehen. Erst wenige Wochen zuvor standen Schauspieler und Komparsen in Herrstein im Scheinwerferlicht. Unter anderem wurden Szenen in einem Gefängnis nachgestellt und aufgenommen.

Nun galt es, eine Winterszene, die sich im 19. Jahrhundert abgespielt haben soll, zu drehen. Unterhalb des Schinderhannesturms auf der anderen Seite des Marktplatzes wurde mit einer Schaumkanone Kunstschnee in einem Hof verteilt. Türeingänge, Hofeinfahrten und Dächer wurden ebenfalls der winterlichen Witterung angepasst. Auch die Uhrturmgasse wurde auf Alt getrimmt. Lehm war eigens auf den Wänden verrieben worden, ein Gemisch aus Stroh und Erde bedeckte die Straße. Sogar der ländliche Geruch war dem eines Bauerndorfs vergangener Tage nachempfunden, aber das merkt der Zuschauer später im Film leider nicht.

Ex-Landrat Wolfgang Hey (links) und der ehemalige Herrsteiner Ortsbürgermeister Reiner Schäfer schauen am Schinderhannesturm zu, wie ein Komparse zurechtgemacht wird.
Andreas Nitsch

Ein gutes Jahr später kam „Die andere Heimat“ in die Kinos. Ursprünglich war die Weltpremiere für Simmern angekündigt. Doch da kam die 70. Biennale in Venedig dazwischen. Ende August 2013 wurde der Film dort erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Es folgten Vorführungen bei den Filmfestspielen in Toronto und beim Festival do Rio de Janeiro. In Simmern war Ende September die deutsche Premierenvorstellung, und am 3. Oktober 2013 kam „Die andere Heimat“ offiziell ins Kino.

NZ-Fotograf Reiner Drumm spielte einen Gefängniswärter.
Andreas Nitsch

Parallel zum Filmstart erschien im Schüren-Verlag auch das begleitende Filmbuch von Edgar Reitz mit dem Titel „Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht“. Schon im November 2013 wurde deutlich: Edgar Reitz ist mit „Die andere Heimat“ auf Rekordkurs. Deutschlandweit war der vierstündige Film um den Kastellauner Hauptdarsteller Jan Schneider gut angelaufen, im Simmerner Pro-Winzkino wurde er jeden Tag vor ausverkauften Reihen gezeigt. „Der Zuspruch ist gigantisch“, sagte Berthold Klein vom Team des Simmerner Kinos, „wir haben so etwas noch nicht erlebt.“

Der Cineast spracht nicht nur über die puren Verkaufszahlen, sondern über ein Phänomen, das die langjährigen Macher des Simmerner Kinos erfreut und gleichermaßen überrascht hat. Denn es kamen viele Menschen ins Kino, die sonst nur wenig mit diesem Medium zu tun haben. Egal, ob morgens, mittags oder abends – es waren stets mehr als 100 Besucher in der Vorstellung.“

Ana Radica konnte diese beeindruckende Konstanz bestätigen. Für den Concorde-Filmverleih betreute sie von München aus die Medienarbeit für „Die andere Heimat“. Radica hat die Premiere in Simmern erlebt und seitdem gespürt, wie sich der besondere Geist des Films weiter durch die deutschen Kinosäle trägt.

Ab und zu kamen ein paar Herrsteiner Bürger vorbei, schauten sich die Szenerie an und gaben ihre Kommentare ab.
Andreas Nitsch

„Wir sind jetzt Ende der vierten Woche – und für diesen Zeitraum ist das Ergebnis wunderbar“, erklärt sie mit Blick auf die Zahlen. Rund 63.000 Menschen hatten den Film im Kino gesehen. Damit bewegte er sich konstant im Bereich der Top 20 in der Kino-Hitliste.“

Top-News aus der Region