Idar-Oberstein. Wenn sich in der kommenden Woche in der Heidensteilhalle der Vorhang zum 55. selbst geschriebenen Lokalschwank der Idarer Karnevalgesellschaft hebt, dann ist Uschi Wild zum 31. Mal dabei. Seit 1972 mischt die Idarerin in der IKG mit, da hat sie in der Garde angefangen, wo sie 20 Jahre lang getanzt hat. 1975 stand sie dann zum erstmalig als Schauspielerin auf der Bühne, in dem Stück „Kupferhiele – Possenspiele“, ihre erste „große Rolle“ spielte sie dann vor 30 Jahren in dem Schwank „Disco-Fieber – Steuerschieber“.
Seitdem stand sie von drei Ausnahmen abgesehen bei jedem Lokalschwank in der vordersten Reihe der Darsteller. „Das Autorenteam der IKK schreibt den Mitspielern immer die Rollen auf den Leib“, erläutert Uschi Wild. Und das bedeutet bei der kleinen und zierlichen Person eigentlich immer, dass sie eine bodenständige, resolute, oftmals bissige und mit sehr viel Mutterwitz und einem entsprechenden Mundwerk ausgestattete Frau aus dem Volk darstellt.
Das war auch eine ihrer Paraderollen in dem 1982 gespielten Schwank „Anno 1948“, als sie als Überlebenskünstlerin in schlechten Zeiten ihre Familie mit „Hamstern“ über Wasser hielt. An einen „Mitspieler“ kann sie sich noch besonders gut erinnern. „Wir hatten sogar ein lebendiges Schwein dabei, das alles mit unendlicher Geduld mitgemacht hat und sich sogar im Rucksack transportieren ließ“, erinnert sie sich. Genützt hat es dem Tier allerdings nichts: Nach den Vorstellungen wurde es noch ein paar Wochen gemästet und hatte dann seinen letzten Auftritt bei der Weihnachtsfeier der IKG – auf dem Grillrost.
Die Beziehung zur Fassnacht wurde Uschi Wild in die Wiege gelegt. Ihr Vater Fritz Becker gehörte bei der IKG zu den Aktivisten der ersten Stunde, er war lange im IKG-Vorstand und im Elferrat, eng befreundet mit den IKG-Legenden Werner „Jau“ Brandt, Karl Gessner oder Otto Kley. Allerdings starb ihr Vater schon, als sie gerade acht Jahre alt war, und durfte es nicht mehr erleben, dass sie die karnevalistische Familientradition fortführte. Später stand sie mit Brandt, Gessner und Kley noch selber auf der Bühne. „Die haben sich unheimlich gefreut, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters trat, und von denen habe ich ganz viel gelernt“, berichtet sie. „Die haben mich in den Probenpausen beiseite genommen und gesagt: Mach dazu mal die Handbewegung oder sprich das doch mal anders oder probier das doch mal so und so.“
So lernte sie das Schauspielern von der Pike auf, wobei ihr eine Fähigkeit besonders zugute kam. „Ich kann mir Texte unheimlich gut merken“, erklärt sie. „Ich lese mir die Rolle zwei- oder dremal durch, und dann sitzt sie Wort für Wort.“ Allerdings sind sie dann auch nach der letzten Aufführung genauso schnell wieder vergessen. Einige Stücke gibt es dennoch, an die sie sich intensiv erinnert. Zu ihren liebsten Stücken gehören „Mord em Redchesberg“ von 1986 und „Goldene Zeiten“, das drei Jahre später aufgeführt wurde. „Das waren mal keine Schwänke nach dem üblichen Schema“, erläutert sie. „Das eine war ein richtiger Krimi und das andere ein richtiges Kostümstück, das im Mittelalter spielte.“ Und einen Rollenwunsch hat sie auch noch für die Zukunft: „Ich möchte einmal eine Betrunkene spielen.“ Jörg Staiber