Der Haushalt einer Verbandsgemeinde und Spaß: Das passt eigentlich nicht zusammen. Doch genau dieser Begriff fiel in der jüngsten Sitzung des VG-Rates in der Aussprache zum Etat der VG Herrstein-Rhaunen gleich mehrfach. Das hing auch mit der Arbeit von Kämmerer Markus Ackermann und einem „von Mainz geschickten, gut gefüllten Dukatenesel“ zusammen, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Schulz das Förderprogramm des Landes mit dem sperrigen Namen „Regional.Zukunft.Nachhaltig“ nannte.
Von den in diesem Topf enthaltenen 200 Millionen Euro fließen 3,5 Millionen an die größte Verbandsgemeinde im Landkreis Birkenfeld. Was neben den vorgenommenen Einsparungen und Streichungen dazu führt, dass man den Haushalt ausgleichen und die Umlage, die die Ortsgemeinden an die VG zahlen, bei 34,0 Prozentpunkten belassen kann. In den höchsten Tönen lobten die Fraktionen den Kämmerer und sein Team, ehe der Verbandsgemeinderat erst den Haushalt und dann das Förderprogramm (Bericht folgt) einstimmig verabschiedete.
Bürokratiemonster in rasender Eile gefüttert
Während man darum in vielen Sitzungen gerungen habe, „geht die alt-neue schwarz-rote und noch ein bisschen grüne Koalition einfach auf die Bank und leiht sich mal eben eine kleine Billion“, stichelte Markus Schulz, verbunden mit der Anmerkung „verkehrte Welt“. Der glänzende Dukatenesel aber habe sich inzwischen als wahres Bürokratiemonster entpuppt. Auch da sei Kämmerei und Bauabteilung zu danken, die laut SPD-Sprecher in rasender Geschwindigkeit eine Vorschlagsliste erarbeitet haben, in die das Monster irgendwie reinpasse.
„Sind das noch Schulden, oder ist das schon Sondervermögen?“, fragte er rein rhetorisch in Anspielung auf Berliner Verhältnisse mit Blick auf die neuen Kredite in Höhe von 5,6 Millionen Euro für Investitionen in die Schulen und Kindergärten, wodurch der Schuldenstand auf 11,8 Millionen Euro steige. Der Kämmerer wies darauf hin, dass man bis Jahresende auf keinen Fall alle Maßnahmen verwirklichen könne. Trotz des Ernstes der Lage „hat die Arbeit am Haushalt Spaß gemacht“, bilanzierte der Ortsbürgermeister von Hettenrodt.
Investitionen in Schulen und Kindergärten sind alternativlos
Das bekräftigte auch Kirsten Beetz für die CDU-Fraktion, die anschließend gleich zu ihrem Lieblingsthema kam: Die Ausgaben werden vielfältiger, die Mittel immer knapper, weil das Land die Kommunen nicht auskömmlich ausstatte. Ausgesprochen wichtig sind nach ihren Worten die Investitionen in Schulen und Kindergärten.
Die sind auch für Horst Böhnke (Pro Hunsrück) alternativlos. Er machte darauf aufmerksam, dass die Steuereinnahmen nur moderat, die Ausgaben aber massiv steigen: „Das können wir auf Dauer nicht finanzieren.“ Der Bürgermeister von Krummenau mahnte, den Kassenbestand der 50 Ortsgemeinden in Höhe von derzeit rund 15 Millionen Euro auch zukünftig nicht anzutasten. Längst nicht allen gehe es gut. Jede Erhöhung der Umlage würde vor allem die Schwächeren treffen, argumentierte er. Und verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass im Etat immer noch fast 1,4 Millionen Euro für freiwillige Leistungen vorgesehen sind. Da sei noch Luft zum Sparen. „Durch das Geld aus Mainz sind wir diesmal noch mal über die Runden gekommen“, betonte der Sprecher von Pro Hunsrück. In diesem Sinne bezeichnete er den Haushaltsausgleich als "glücklichen Zufall".
Ortsgemeinde sollten in die Infrastruktur investieren
Dass die Umlage nicht angehoben wird, sollte nach Meinung von FDP-Sprecher Joachim Mix die Ortsgemeinden ermuntern, in die Infrastruktur zu investieren, zumal deren finanzielle Ausstattung bis auf wenige Ausnahmen gut sei. Als notwendig und wichtig bezeichnete er die geplanten Investitionen in Höhe von rund 9,1 Millionen Euro in Schulen und Kindergärten, weil sie in die Ausbildung und Zukunft der Kinder und Enkel fließen: „Besser kann ein Invest nicht begründet sein.“ Sinnvoll ist für ihn auch das Projekt Gemeindeschwester plus, für das die VG 160.000 Euro ausgibt. Es erhöhe die Lebensqualität älterer Bürger und fördere soziale Kontakte.
Auch Hans-Joachim Billert (Bündnis 90/Die Grünen) lobte dieses Programm. Der geplante Pflegestützpunkt in Herrstein ist für ihn ein weiterer Baustein bei den Bemühungen, jedem ein langes Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Ein großes Problem bleibe es, Nachfolger für ausscheidende Hausärzte zu finden. Der Sprecher der Grünen regte an, über Medizinische Versorgungszentren nachzudenken, die kommunal oder als Kooperation betrieben werden.
Bei dem Versuch, das ÖPNV-Netz zu verbessern, sollte es nach seinen Worten „um optimieren statt um kürzen“ gehen. Der Rufbus müsste deutlich einfacher und flexibler auch für größere Gruppen abrufbar sein. Billert forderte zudem die Einführung einer Gästekarte, mit der man den gesamten ÖPNV nutzen kann. Er mahnte, den Klimaschutz nicht außer acht zu lassen. Als wertvolle Beiträge würdigte er das geplante Nahwärmenetz am Verwaltungsstandort in Herrstein und die geplanten Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Dächern. Einmal mehr wies er darauf hin, dass es an Möglichkeiten zum Laden von Elektrofahrzeugen fehle, die aber dringend erforderlich seien.
Reiner Bleisinger (LUB) vermisst trotz vieler richtiger Ansätze im Haushalt übergreifende Konzepte für den Tourismus im Allgemeinen und die Radwege im Besonderen. Das werde es auf Kreisebene geben, kündigte VG-Bürgermeister Uwe Weber an. Nach Meinung des LUB-Sprechers werden die Themen Pflege und medizinische Versorgung immer mehr an Bedeutung gewinnen, unterstrich er mit Verweis auf die demografische Entwicklung. Unter den 22.340 Einwohnern in der VG gehören nach seinen Angaben fast 4000 zur Gruppe der 60- bis 69-Jährigen, gefolgt von den 50- bis 59-Jährigen.