Dorfwettbewerb Jury nahm insgesamt fünf Orte im Kreis genau unter die Lupe
Dorfwettbewerb: Brücken erntet beim Besuch der Jury viel Lob und ein bisschen Kritik
Im Ort einkaufen: Das ist in Brücken, wo Christine Schwarz (links) einen kleinen Lebensmittelladen betreibt, noch möglich. Ihr Geschäft war eine der Stationen, an denen die Jury des Dorfwettbewerbs einen kurzen Zwischenstopp machte. Foto: Reiner Drumm
Reiner Drumm

Brücken. Mit schmuckem Aussehen allein lässt sich in dieser Konkurrenz inzwischen kein Blumentopf mehr gewinnen. Denn schließlich heißt der Wettbewerb schon längst nicht mehr „Unser Dorf soll schöner werden“, sondern „Unser Dorf hat Zukunft“. Nach ihrem Erfolg in der ersten Runde haben sich fünf Orte aus dem Nationalparkkreis für den Gebietsentscheid in der Region Trier qualifiziert. Deshalb erhielten am Dienstag und Mittwoch Ellenberg, Kronweiler, Niederbrombach, Horbruch und Brücken Besuch von der fünfköpfigen Jury unter der Leitung von Dirk Görgen.

Die Experten nahmen dabei unter die Lupe, wie es mit den inneren Werten der Dörfer bestellt ist, welche Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen es dort gibt, wie ausgeprägt das bürgerschaftliche Engagement ist und wie sich die Bau- und Grüngestaltung in den Orten präsentiert. Mit 1168 Einwohnern ist Brücken das größte Dorf im Kreis, das beim Gebietsentscheid mit von der Partie ist. Es tritt in der Sonderklasse an, weil es schon mehrfach am Wettbewerb teilgenommen hat und dort 2014 sogar die Silbermedaille auf Landesebene gewonnen hat.

Auch Görgen kennt von damals noch die Gemeinde. Und dennoch betonte er nach dem aktuellen, etwa zweistündigen Rundgang durchs Dorf: „Gefühlt waren 95 Prozent der Dinge, die wir heute erfahren haben, für mich neu.“

Ortschef Karl-Otto Engel hatte zusammen mit seinen Beigeordneten Marc Arend und Günter Heß die Stationen so gewählt, dass sich die Jury ein Bild davon machen konnte, „dass in Brücken einiges im Gang ist“, wie es Engel formulierte.

Nach dem Start an der Alten Schule konnten sich die Experten gleich im Ortskern davon überzeugen, dass Brücken seinen Bürgern noch eine gute infrastrukturelle Ausstattung anbieten kann. Denn nach wie vor hat im Dorf nicht nur das in dritter Generation von Christina Schwarz geführte Geschäft mit Lebensmitteln und anderen Dingen für den täglichen Bedarf geöffnet, wohin Engel die Jury lotste. Weitere Zwischenstopps führten die Kommission auch zu einer Pizzeria, die die Familie Marino 2016 in einer zuvor leer stehenden Gaststätte eingerichtet hat, und zur altehrwürdigen Bäckerei Heylmann, deren drohende Schließung abgewendet werden konnte, weil sich ebenfalls 2016 mit Ludwig Brück ein noch junger Nachfolger aus dem Fach gefunden hat.

Auch mit Blick auf mehrere ortsbildprägende Gebäude, die von den privaten Eigentümern saniert worden sind, stellte Engel beim Rundgang besonders heraus, „dass unser Dorfkern noch in vollem Umfang belebt ist“. Leerstände im Ort sind mit Ausnahme eines Hauses in Brücken derzeit Fehlanzeige. Mehr noch: Entgegen des Trends wächst nach einer Phase der Stagnation die Einwohnerzahl Brückens wieder. Das wird auch daraus ersichtlich, dass im zweiten Abschnitt des Neubaugebiets Hirschenberg von 23 Grundstücken zwei Drittel bereits reserviert sind, obwohl die Erschließungsarbeiten noch gar nicht abgeschlossen sind.

Neben der guten Infrastruktur, zu der auch Kindergarten und Schule im Ort gehören, seien die günstige Verkehrsanbindung mit Bahnhof und Autobahn in der Nähe, aber auch die schöne landschaftliche Lage wesentliche Faktoren dafür, dass Brücken für Neuansiedler attraktiv ist oder junge Einheimische auch auf Dauer im Ort bleiben wollen. Das hängt auch damit zusammen, dass Brücken auch das gewerbliche Leben gedeiht. Flaggschiff in diesem Bereich ist die Klimatechnikfirma Howatherm, die zurzeit 170 Arbeitsplätze bietet. Von den Beschäftigten kommt etwa die Hälfte aus Brücken oder der direkten Umgebung, berichtete Franziska Bolt von der Geschäftsleitung, die die Jury auch über die anstehenden Investitionen zur Erweiterung des Betriebes informierte.

Nicht zuletzt wegen der Gewerbesteuereinnahmen ist Brücken zudem nach wie vor eine finanziell gesunde Gemeinde. „Wenn wir neue Projekte anpacken, haben wir seit mehr als 20 Jahren vergessen, mit den Banken über Kredite zu reden“, meinte Engel scherzhaft. Das heißt: Die Kommune kann ihre Vorhaben aus eigener Kraft bezahlen.

Dies gilt auch für die von Bürgern angeregte und nun fest geplante Einrichtung eines Ruhewalds direkt neben dem bestehenden Friedhof. Neue Impulse, vor allem im touristischen Bereich, verspricht sich Brücken zudem von seiner Mitgliedschaft bei der aus insgesamt zehn Orten bestehenden Trauntal-AG. Bei der Abschlussbesprechung verriet die Jury zwar noch nicht, wie sie ihre Eindrücke von Brücken letztendlich benoten wird. Es gab aber viel Lob: „Vor allem, was die wirtschaftlichen und privaten Initiativen angeht, sind sie auf einem sehr guten Weg“, betonte Jurymitglied Melanie Baumeister. Für kritische Worte war hingegen in erster Linie Matthias Sieveke verantwortlich. Der Architekturprofessor monierte, dass es im Neubaugebiet bei der Gestaltung der Häuser, zum Beispiel bei der Farbe der Dächer und Fassaden und der Verwendung von Materialien, keine Vorgaben gebe „und jeder machen kann, was er will, sodass es später eventuell aussieht wie Kraut und Rüben.“

Nachdem die Jury wieder weg war, stellten Engel und Heß im NZ-Gespräch aber klar, „dass es gar nicht unsere vorrangige Zielsetzung ist, irgendwelche Lorbeeren einzuheimsen“. Wichtig sei vor allem, dass man von Fachleuten von außen Anregungen bekommt, was sich in einem Ort verbessern lässt. Gleichwohl hat der Ortschef nach dem Jurybesuch ein gutes Gefühl. Denn: „Ich bin eigentlich ganz optimistisch, dass wir uns auch diesmal wieder für den Landesentscheid qualifizieren.“

Von unserem Redakteur Axel Munsteiner

Top-News aus der Region