Wo Joe Weingarten war, war Rouven Voigt – fünf Jahre lang Wahlkreisreferent – oft nicht weit. Und nun? Die Zeit des SPD-Bundestagsabgeordneten ist nach der Niederlage gegen Julia Klöckner vorbei. Was wird aus Voigt, einem waschechten Idar-Obersteiner, der für die SPD im Stadtrat sitzt und den Vorsitz beim Förderverein Deutsche Edelsteinstraße inne hat?
Der 52-Jährige erinnert sich, wie seine Arbeit für Weingarten begann: „Joe und ich kennen uns schon eine Weile. Im Sommer 2019 haben wir uns in seinem damaligen Büro im Mainzer Wirtschaftsministerium getroffen, um auszuloten, wie wir gemeinsam die Region im Tourismus und der Standortvermarktung voranbringen können.“ Weitere Treffen folgten. Im Herbst 2019 war Voigt, der in diesem Jahr heiratet, gemeinsam mit einer Delegation aus dem Landkreis Birkenfeld in China. Dort erreichte ihn die Nachricht, dass Weingarten für Andrea Nahles in den Bundestag nachrückt. Während der Reise erhielt er eine Whatsapp-Nachricht des SPD-Politikers: „Wenn du wieder zu Hause bist, lass’ uns mal telefonieren.“
Die beiden trafen sich in einem Café in der Obersteiner Fußgängerzone: „Dort stellte Joe mir die Frage, ob ich mir vorstellen kann, in seinem Wahlkreisbüro mitzuarbeiten. Nach kurzer Überlegung habe ich zugesagt.“
Voigt: „War eine tolle Zeit“
Nachdem ein Standort für ein Wahlkreisbüro gefunden war, begann die Arbeit. „Wir fungierten sofort als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger mit vielerlei Anliegen. Unsere Devise war es von Anfang an, bei der nächsten Bundestagswahl den Wahlkreis für die SPD zurückzugewinnen. Das gelang uns 2021 ja auch. So freute ich mich gemeinsam mit den anderen Kollegen aus dem Wahlkreis und Berlin auf weitere vier Jahre, die Bundespolitik für unsere Region mitzugestalten, was sich jedoch aufgrund des Ampelbruchs verkürzte.“ Das aktuelle Ergebnis schockt auch ihn: „Nicht nur, dass wir den Wahlkreis verloren haben, sondern dass die AfD massiv an Stimmen gewonnen hat.“
Aufgrund der Wahlniederlage wird Voigt seinen Job als Wahlkreisreferent verlieren: „Für mich war es eine tolle Zeit, mit neuen Erfahrungen, vielen neuen Begegnungen und auch Erfolgen für die Region. Ich bin Joe unendlich dankbar, dass er mich damals in sein Team aufgenommen hat. Wir werden gemeinsam weiter für unsere Region kämpfen – ob im Tourismus, der Wirtschaftsförderung oder im sozialen Bereich. Da bin ich mir sicher.“
Er werde seine Berliner Kollegen vermissen, „da haben sich Freundschaften gebildet“. Ganz besonders werde er die Informationsfahrten nach Berlin vermissen: „Viele nette Menschen aus Joes Wahlkreis haben daran teilgenommen. Es war mir immer wieder eine Freude, da als Reiseleiter zu fungieren.“
Rechtzeitig „Plan B“ aktiviert
Und nun? „Ich habe rechtzeitig meinen Plan B aktiviert. In welche Richtung meine berufliche Zukunft geht, weiß ich aktuell noch nicht. Es gibt diverse Gespräche und Job-Angebote. Sowohl als Referent, in der Öffentlichkeitsarbeit oder im Journalismus. Für die Region sitze ich auch weiterhin im Stadtrat Idar-Oberstein und bin auch in verschiedenen Vereinen aktiv.“
Man habe vielen Leuten helfen können, jedoch nicht allen – was auch nicht immer die Aufgabe des Bundestagsabgeordneten war. Für Wahlkreismitarbeiter werde der Job immer umfangreicher. Von Vorteil sei es, ein gutes Netzwerk zu haben, um auch mal den kleinen Dienstweg nutzen zu können.
Schöne Erlebnisse bleiben in Erinnerung: „Eine Frau kam zu uns ins Büro und hatte Probleme bei der Rente. Ihre Witwenrente wurde aus verschiedenen Gründen nicht bearbeitet. Hier konnten wir helfen, dass die Frau ihre vollen Rentenbezüge erhalten hat. Einer sehbehinderten Frau haben wir geholfen, dass sich ihr Grad der Schwerbehinderung voll erhalten hat. Während eines Unwetters sind mehrere Zelte der Stadtranderholung in Hammerstein zerstört worden. Wir konnten durch meinen Kontakt zur Bundeswehr den Kindern und Jugendlichen bis zum Ende des Feriencamps mit Zelten aushelfen.“
Neue Ehefrau im warmen Kambodscha
Skurril war folgende Geschichte: „Während der Corona-Pandemie kam ein ehemaliger Bahnbeamter zu uns. Joe solle dafür sorgen, dass er ein Flugticket nach Kambodscha bekommt. Er wolle dort seine zukünftige Frau heiraten und wieder mit ihr nach Deutschland zurückreisen. Er erzählte mir, wie er die Frau kennengelernt hatte: Sein Radiologe hatte bei ihm eine beidseitige Lungenentzündung diagnostiziert. Er hatte ihm danach empfohlen, sich vermehrt in wärmeren Gefilden mit Seeluft aufzuhalten.“ Der Mann, so Voigt weiter, ging nach Hause, sagte zu seiner damaligen Ehefrau: „Ich trenne mich von dir und suche mir eine andere Frau in einer wärmeren Region, zu der ich dann ziehen werde.“ Was aus dem Paar letztendlich geworden ist, hat Voigt nicht erfahren...