Das anlässlich der Konfirmation geschenkte Geld, das hat Max fast ausnahmslos gespart, um dann damit mehr als ein Jahr später den großen Traktorführerschein selbst zu bezahlen. Den hat er dann zusammen mit seinem Freund Adrian bei der Deula (Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik) in Bad Kreuznach bestanden. Nun durfte er offiziell das tun, was er schon lange mit Begeisterung tat: Traktor fahren. Einmal brachte er seiner Schwester einen Esstisch nach Bielefeld und rief gleich nach seiner Ankunft – so wie vereinbart – daheim an und sagte: „Ich bin gut angekommen und habe schon Heimweh.“ So war er, der Max. „Schau dich um, wie schön hier alles ist“, sagte er mal.
Und er zeigte mit einer ausladenden Bewegung in die Landschaft. Diese Landschaft, die er sehr oft mit seinem Handy fotografierte. Sonnenuntergänge, Landschaften und Selfies mit den in die Ferne schweifenden Blicken von ihm haben die Eltern auf seinem Handy gefunden. Auch das war der Max.
Ein Leben endet. viele Leben ändern sich. Und damit dem Versterben nicht auch noch ein Verschweigen folgt, werden in der Broschüre „15 Leitgedanken zum Umgang mit Trauernden“ schlüssige und einprägsame Leitgedanken formuliert, mit denen man den allzu oft vorherrschenden Gefühlen von mindestens ...Ehepaar Hey schildert seine Erfahrungen: Zur Trauer kam Einsamkeit
In der NZ berichteten wir ganz sachlich: „Wie die Polizei Idar-Oberstein am Pfingstsonntag, 24. Mai, im Jahr 2015 mitteilte, kam es gegen 6.25 Uhr zu einem Unfall. Ein 21-Jähriger war mit Traktor und Anhänger auf der K 21 von Hottenbach in Richtung Weiden unterwegs. Aus bisher ungeklärter Ursache kam er von der Fahrbahn ab, der Traktor kippte um und blieb auf dem Dach liegen. Der 21-jährige Fahrer wurde unter seinem Fahrzeug eingeklemmt und starb noch an der Unfallstelle. Die Polizei hat bisher keine Anhaltspunkte auf ein Fremdverschulden.“
Auf der Sterbeurkunde steht als Sterbeort Hottenbach. Max wurde in der Trauerhalle von Hottenbach – in seiner geliebten Arbeitskleidung von Engelbert Strauss, so wie ihn alle kannten – aufgebahrt, und viele Menschen haben sich dort von ihm verabschiedet. Er ist in Hottenbach im Urnenfeld bestattet.
Für die Eltern des 21-jährigen Max, Sylvia und Andreas Hey (beide 54 Jahre), bricht eine Welt zusammen: Max ist tot. Andreas Hey blickt zurück: „Als an jenem Morgen die Feuerwehrsirene aufheulte, machten wir uns große Sorgen. Sorgen um unseren Sohn Max, mit dem wir eben noch gesprochen hatten. Es war ein ganz anderes Gefühl als sonst, denn im Sorgenmachen waren wir mit Max durchaus geübt. Eben noch hatten wir zusammen im Badezimmer den Plan für den Tag besprochen. Als er dann frisch geduscht und wie immer im schnellen Schritt die Treppe hinunterlief – nicht ohne sich vorher von unserem Hund Oskar zu verabschieden – und wegfuhr. Wir hörten, wie er den Traktor, der mit dem Anhänger an der Straße geparkt war, startete.“
Gegen die Hilflosigkeit
Dann dieses Sirenensignal ... Die Eltern versuchen, Max auf seinem Handy zu erreichen. Vergeblich. „Mehrfach haben wir die Mailbox angerufen. Immer und immer wieder. In Hottenbach war der Mobilempfang damals sehr schlecht – darin sahen wir eine mögliche Erklärung, ihn nicht zu erreichen.“
Der Vater fährt mit dem Auto los, macht sich auf die Suche, die Mutter wartet daheim. „Ich erinnere mich noch sehr gut, dass mein Herz mir bis zum Hals schlug. Es folgte eine unglaubliche Odyssee, die damit endete, dass – wieder zu Hause angekommen – direkt hinter mir ein Polizeiauto mit zwei Beamten in Uniform und unserer Pfarrerin anhielt. Spätestens dann wusste ich, was das bedeutete, war doch bereits bei meiner morgendlichen Suche dieser unglaubliche Gedanke immer stärker geworden. Die Beamten bat ich darum, dass ich allein meiner Frau die Nachricht vom Tod unseres Kindes überbringe – dafür hatte ich jedoch nur wenig Zeit, da die Beamten gleich hinter mir die Treppe in das obere Stockwerk betraten. Was konnte ich also in der Kürze der Zeit erklären und zu meiner Frau Sylvia sagen? Nur: ,Der Max ist tot.'“
Knapp siebeinhalb Jahre ist dieser Tag, der alles veränderte, nun her. „15 Leitgedanken zum Umgang mit Trauernden“ haben Sylvia und Andreas Hey ihre Broschüre zum Thema Tod und Trauer überschrieben. Ein Leben endet – viele Leben ändern sich. Wie gehen wir als Gesellschaft mit diesem alltäglichen Thema um? Wie begegnen wir als Familie, Freunde, Nachbarn und Kollegen idealerweise Trauernden?
Es gibt diesen einen Moment, dieses Gefühl des bodenlosen Verlorenseins, der unser Leben in ein Davor und Danach geteilt hat.
Andreas Hey
Damit dem Versterben nicht auch noch ein Verschweigen folgt, werden in dem kostenlos zur Verfügung stehenden Text schlüssige und einprägsame Leitgedanken formuliert, mit denen man den allzu oft vorherrschenden Gefühlen von Unsicherheit, meist Hilflosigkeit oder mitunter gar Angst beim Umgang mit Trauernden ebenso achtsam wie sicher begegnen kann. Durch diesen Text kann es gelingen, dass sich die Welten der Trauernden und der (Noch-)Nicht-Trauernden ein wenig einander annähern, sind die Heys überzeugt. Ganz bewusst handelt es sich um ein Kompendium, das ebenso schnell zu erfassen wie gut zu verinnerlichen ist.
„Bücher zum Thema gibt es zahlreiche, diese werden jedoch meist nur von Trauernden selbst gelesen. Mit diesem Text sollen Menschen, die mit der Trauer anderer in Berührung kommen, ganz praktische Unterstützung erhalten, um selbst in Handlung gehen zu können“, sagt das Ehepaar Hey. „Dieses Thema Tod und Trauer verliert nie an Aktualität, und die Zielgruppe liegt bei 100 Prozent“, fügen sie hinzu.
Solch ein Tod wie der von Max könne nie einen Sinn ergeben. „Doch wenn unser Sohn nun sterben musste, dann wollen wir diesem Tod etwas Sinnvolles abtrotzen. Ein Sinn kann entstehen, indem man etwas in Beziehung setzt, aus dem Dazwischen. Der Welt der Trauernden und der Welt der (Noch-)Nicht-Trauernden. Diese möchten wir verbinden, einander verständlich machen.“
Interesse ist groß
So ist die Idee für die Broschüre entstanden. Der Inhalt ist über die Internetadresse www.trauer.land zu jeder Zeit online verfügbar. Dort gibt es auch die Möglichkeit, den Inhalt kostenlos herunterzuladen. Die gedruckte Version der Broschüre kann über eine ständig wachsende Zahl von Auslagestellen wie dem Büro des Hospizdienstes Obere Nahe in Idar-Oberstein, der Apotheke in Rhaunen kostenlos bezogen werden.
Zudem können einzelne Exemplare bei Familie Hey oder über die Internetseite gegen Erstattung der Versandgebühr bestellt werden. Beim Bezug von größeren Stückzahlen (von Hospizdiensten, Vereinen et cetera) wird der Selbstkostenpreis von 50 Cent je Stück zuzüglich Versandkosten berechnet. „Wir freuen uns über das Interesse und die Unterstützung unserer Arbeit, die eine rein privat finanzierte Initiative ist und kein kommerzielles Angebot darstellt“, sagen die Heys. Durch den Blog, der in der Internetplattform integriert ist, kann das Ehepaar auch anderen Trauernden eine Plattform bieten, um ganz eigene Erfahrungen und Umgang mit der Trauer in Worte zu fassen und so letztlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.