Die Betreiber des Wald- und Urnenfriedhofs wünschen sich eine Satzungsänderung - Auch eine mögliche Übernahme durch die Stadt steht im Raum
Dem Ruhehain in Birkenfeld gehen die Grabstätten aus: Betreiber wünschen sich Satzungsänderung
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Geschäftsführerin Bettina Kleinemeier und Emil Morsch sind besorgt ob der wenigen freien Grabstätten im Ruhehain in Birkenfeld. Um den Platzproblemen vorzubeugen, soll die Satzung geändert werden.
Niels Heudtlaß

Die Betreiber des Wald- und Urnenfriedhofs wünschen sich eine Satzungsänderung, um dem Platzproblem vorzubeugen. Doch zuerst muss eine mögliche Übernahme durch die Stadt, die im Raum steht, geklärt werden.

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Leise streicht der Wind durch die Wipfel der Bäume, die Herbstsonne scheint zart auf ein großes Kreuz, das auf einer Lichtung steht. Vogelgezwitscher und der Wind sind die einzigen Geräusche, die im Birkenfelder Ruhehain, der am Dambacher Weg nahe der Ortsgemeinde Dambach liegt, zu hören sind. So macht der Wald- und Urnenfriedhof seinem Namen alle Ehre. „Ein guter Ort für die letzte Ruhe der Angehörigen“, findet Emil Morsch, der als Vorsitzender des Naturschutzvereins, der nun über die Ruhehain Unternehmensgesellschaft (UG) Betreiber des Waldfriedhofs ist, Ideengeber für die Einrichtung des Ruhehains war, der 2011 eröffnete.

Nachfrage nach Grabstätten auf dem Birkenfelder Ruhehain ist hoch

„Das war damals eine knappe Sache“, erinnert sich Morsch. Mit einer Mehrheit von nur einer Stimme gab der Birkenfelder Stadtrat seine Zustimmung zum Ruhehain. „Die hohe Nachfrage nach Grabstellen im Ruhehain zeigt, dass das damals eine richtige Entscheidung war“, meint Morsch. Offizielle Trägerin und Eigentümerin des Waldfriedhofs ist zwar die Stadt, den Betrieb regelt aber die Ruhehain UG, in der Morsch neben Geschäftsführerin Bettina Kleinemeier nach wie vor eine tragende Rolle spielt.

„Die Nachfrage ist groß, weil der Ruhehain viele Vorteile zu herkömmlichen Friedhöfen bietet“, sagt Kleinemeier. So falle zum einen für Angehörige, die weit weg wohnen, die Grabpflege weg. „Wir haben einen Vertrag mit einer Birkenfelder Firma, die anfallende Pflegearbeiten wie das Mähen des Grases, die Beseitigung heruntergefallener Äste und die grundsätzliche Pflege der Bäume übernimmt“, erklärt die Geschäftsführerin. So müssten sich auch die Menschen, die im Ruhehain beerdigt werden, keine Sorgen machen, dass ihr Grab verfällt. Auch die Preisgestaltung, 540 Euro kostet eine Einzelgrabstätte auf dem Waldfriedhof aktuell, sei ein Anreiz. Zudem sei der Ruhehain nicht konfessionell gestaltet, jeder könne hier seine letzte Ruhe finden, sagt Kleinemeier. Das Konzept sei so unabhängig von Nationalität oder Religionszugehörigkeit und auch frei von sozialen Zwängen.

Ruhehain musste bereits Absagen erteilen

Am Eingang zum rund 20.000 Quadratmeter großen Areal des Ruhehains steht eine Tafel mit den Namen der dort beerdigten Menschen. Ihnen sind, entweder in Doppel- oder Einzelgräbern, Nummern zugewiesen, die sich dann an den Bäumen, unter denen bis zu vier Menschen beerdigt sind, wiederfinden. Dabei werden für die Aufbewahrung der Asche der Verstorbenen ausschließlich Urnen genutzt, die natürlich abbaubar sind. Die gleiche Regelung gilt für etwaigen Grabschmuck wie Blumen, die ohne Plastik auskommen müssen. „Die Naturbelassenheit sei ein wichtiges Merkmal des Ruhehains“, sagt Kleinemeier.

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An dieser Tafel ist zu erkennen, welche Plätze im Ruhehain bereits belegt sind und welche noch nicht. Klar ist: Die noch verfügbaren Bäume werden rar.
Reiner Drumm

Doch aktuell muss die Ruhehain UG Menschen, die gerne im Ruhehain beerdigt werden würden, eine Absage erteilen. „Rund 900 Gräber sind aktuell belegt, Platz gibt es nach der aktuellen Satzung für 1000“, sagt Kleinemeier. „Das reicht noch ungefähr für ein Jahr“, meint Morsch. Die letzten 20 Personen, die im Rahmen ihrer Bestattungsvorsorge einen Platz im Ruhehain reservieren wollten, hätten nicht angenommen werden können. Für die Reservierung von Grabplätzen gebe es aktuell keinerlei Satzungsgrundlage, heißt es dazu von der Stadt Birkenfeld. Die Bestattungsvorsorge sei allerdings für die betreffenden Personen eine große Erleichterung, wenn der mögliche Tod geregelt sei, meint Morsch. Auch deswegen brauche es eine Satzungsänderung.

Vor allem müsse aber über eine Satzungsänderung das Platzproblem angegangen werden, sagt Morsch. Es sei wünschenswert, dass pro Baum mehr Personen beerdigt werden könnten. Aktuell seien laut Satzung bis zu vier Doppelgräber gestattet. Es sei jedoch durchaus sinnvoll, zum Beispiel bei Familien auch eine gemeinsame Grabstätte für bis zu vier Personen zu erlauben. Auch in Sachen Liegezeit, die aktuell 20 Jahre beträgt, sieht die Ruhehain UG Änderungsbedarf.

Übernahme durch die Stadt nicht unwahrscheinlich

Im September 2023 zog ein Sturm über den Ruhehain, mehrere Bäume wurden entwurzelt. „Wir waren in Sorge, haben aber durch die offengelegten Grabstätten herausgefunden, dass bereits nach zehn Jahren die Urnen vollständig abgebaut sind“, sagt Kleinemeier. So könne die Liegezeit ohne Probleme auf 15 Jahre verringert werden, meint Morsch. Auch aktuell würden nach 20 Jahren einige Plätze bald frei werden. Es seien jedoch zu wenige, um den Ruhehain so weiterzubetreiben.

Doch wann über eine mögliche Satzungsänderung im Stadtrat beraten werden kann, ist unsicher. Denn aktuell steht eine ganz andere Frage im Vordergrund. Denn in seinem Ende 2023 verfassten Bericht über die Haushaltsführung der Stadt Birkenfeld merkte der Landesrechnungshof an, dass die Kommune prüfen solle, ob sie den Ruhehain künftig auch in Eigenregie betreiben kann.

Der Vertrag der Stadt mit der Ruhehain UG läuft am 31. Dezember 2025 aus, dann könnte die Stadt übernehmen. „Wir planen zeitnah Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten, über eine mögliche Übernahme des Ruhehains durch die Stadt zu beraten“, sagt Birkenfelds Bürgermeister Hans-Peter Lampel. „Über kurz oder lang wird es dabei nach der Rüge durch den Rechnungshof wohl zu einer Übernahme durch die Stadt kommen müssen“, schätzt Lampel die Lage ein.

Die blauen Nummernschilder zeigen an, wer unter welchem Baum begraben liegt. So gut wie alle Bäume im Ruhehain sind aktuell mit einem solchen Schild versehen.
Niels Heudtlaß

Morsch sieht eine Übernahme aber durchaus kritisch: „Ich würde der Stadt nicht raten, den Ruhehain zu übernehmen, da vieles gerade auch über ehrenamtlichen Einsatz funktioniert.“ Doch vor allem sei es wichtig, wenn die Stadt sich zur Übernahme entschließe, schnell klare Fakten zu schaffen. „Aktuell sind wir ansonsten mehr oder weniger handlungsunfähig“, sagt Morsch. Denn solange die mögliche Übernahme nicht geregelt sei, könne weder die Satzung geändert, das Platzproblem gelöst, noch Investitionen getätigt werden.

So sei zum Beispiel ein weiterer Parkplatz gegenüber des Ruhehains geplant. Kritik des Landesrechnungshofes gab es auch zur Preisgestaltung des Ruhehains. „Wir werden wohl eine Erhöhung der Preise in Angriff nehmen müssen“, kündigt Lampel an. Auch wenn er die Preise mit umliegenden Ruhehainen wie dem im Niederhambach vergleichen würde, sei der Ruhehain fast um die Hälfte günstiger.

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