Nacht der Wirtschaft am UCB
David gegen Goliath im Putzmittelregal
Die frisch wiedergewählte Präsidentin der Hochschule Trier, Prof. Dr. Dorit Schumann, und Prof. Klaus Helling, Dekan des Fachbereichs Umweltwirtschaft/Umweltrecht, begrüßten Reinhard Schneider (links). Geschäftsführer des Mainzer Familienunternehmens Werner & Mertz, zum Wirtschaftstag am Umwelt-Campus.
Reiner Drumm. RDa

Nach fünf Jahren Pause meldet sich die Nacht der Wirtschaft am Umwelt-Campus Birkenfeld zurück – mit einem Vortrag des Geschäftsführers des Mainzer Familienunternehmens Werner & Mertz, das sich konsequent der Nachhaltigkeit verschrieben hat.

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Es war die mittlerweile achte Nacht der Wirtschaft, aber – viel wichtiger – die erste nach der Zwangspause durch die Corona-Pandemie seit 2019. Der Förderverein „Freunde der Hochschule Umwelt-Campus Birkenfeld“ begrüßte in Kooperation mit dem UCB zahlreiche Wirtschafts- und Politikvertreter, Studierende, Lehrende sowie Interessierte zu einem hoch interessanten Vortragsabend mit Reinhard Schneider im Kommunikationsgebäude. Der Geschäftsführer des Mainzer Familienunternehmens Werner & Mertz, bekannt durch sein umweltfreundliches und nachhaltig produziertes Sortiment an Haushaltsreinigungsmitteln der Marke „Frosch“, sprach zum Thema „Können wir uns Werte heute noch leisten?“

„Mit etwas weniger Gier geht es auch.“
Reinhard Schneider zur Geschäftsstrategie von Werner & Mertz

Doch zunächst begrüßte – nach einem Klavierstück der Jugendkreismusikschule am neuen Flügel des UCB – die frisch wiedergewählte Präsidentin der Hochschule Trier, Prof. Dr. Dorit Schumann, die Gäste. Für sie war es die erste Nacht der Wirtschaft überhaupt, die letzte fand wenige Wochen vor ihrer ersten Wahl als Präsidentin 2019 statt. Sie unterstrich, dass Wirtschaft und Wissenschaft am UCB stets eng verzahnt seien: „Wir sind eine Hochschule für angewandte Wissenschaft. Und das leben wir täglich.“ Den Kontakt zu Schneider habe man beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 in Düsseldorf geknüpft, den das Mainzer Unternehmen – nicht zum ersten Mal – gewann, der Umwelt-Campus war nominiert.

David Jaenicke spielte gemeinsam mit seinem Klavierlehrer Johann Berend für die Gäste des Wirtschaftstags am Umwelt-Campus.
Reiner Drumm. RD

Klaus Helling kennt Schneider schon länger, sitzt mit ihm gemeinsam im Zukunftsrat für nachhaltige Entwicklung, der die Landesregierung berät. Der Dekan beleuchtete für die Besucher noch einmal den Nachhaltigkeitsansatz der Hochschule und die großen Erfolge etwa beim weltweiten Green-Ranking, wo der UCB seit 2016 alljährlich unter den Top 6 von zuletzt weltweit fast 1500 Hochschulen aus 85 Ländern zu finden ist. Der Umwelt-Campus ist damit weiter unangefochten „Deutschlands grünste Hochschule“.

Helling nannte auch ein paar Beispiele für das Wirken des Fördervereins, für deren Mitgliedschaft er warb: So wurde der viel gelobte Konzertflügel von den Freunden der Hochschule beschafft wie aktuell Lounge-Möbel für einen neuen Aufenthaltsraum. Die vor Jahren abgebrannte Grillhütte wurde unlängst wieder aufgebaut. Und dann begleitet der Verein die Studenten von den Flying Days bis hin zur Absolventenfeier.

Vordenker einer konsequent nachhaltigen Unternehmensstrategie

Reinhard Schneider fand den Titel seines Vortrags („Können wir uns Werte heute noch leisten?“) längst nicht mehr so provokativ, wie er es noch vor einigen Jahren gewesen wäre – heute sei diese Frage in den Chefetagen großer Konzerne greifbar. Schneider gilt als Vordenker einer konsequent ökologischen und nachhaltigen Unternehmensstrategie und wurde neben dem Deutschen Umweltpreis auch mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2025 ausgezeichnet. Das kommt nicht von ungefähr: „Frosch“ ist die Marke, der seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten, die meisten Verbraucher vertrauen – und das mit riesigem Vorsprung, wie Umfragen immer wieder unterstreichen. Bei der Nacht der Wirtschaft erläuterte Schneider, warum sein gar nicht mal so kleines Unternehmen (immerhin mehr als 1000 Beschäftigte weltweit) so erfolgreich ist und nach Untersuchungen der Zeitschrift „Capital“ in Mainz und in ganz Süddeutschland zudem zu den attraktivsten Arbeitgebern zählt.

Nacht der Wirtschaft
Reiner Drumm. RD

Im Mittelpunkt der Unternehmensstrategie steht bei Werner & Mertz die Kreislaufwirtschaft: „Das ist nix Neues – das macht die Natur seit Jahrmillionen...“ Die nachhaltig produzierten Produkte, die reine Naturprodukte sind, werden auch in komplett recycelten Verpackungen (das gilt auch für Nachfüllpacks) vertrieben. Dazu kooperiert das Unternehmen eng mit dem Dualen System Deutschland – die Rohstoffe für die Verpackung kommen zu mittlerweile 100 Prozent aus dem Gelben Sack.

Kleiner Betrieb setzt sich in umkämpfter Sparte durch

Das sei natürlich teurer als die Herstellung von Kunststoffverpackungen aus Rohöl-Derivaten – dennoch gelingt es Werner & Mertz, nur geringfügig teurer zu sein als die übermächtige Konkurrenz. Das schaffe man durch effiziente Arbeitsorganisation. Und: „Die Margen bei uns sind natürlich viel geringer als bei den Großkonzernen.“ Dort müsse man den Aktienbesitzern stets Gewinne von mehr als 10 Prozent aufzeigen, um günstig an frisches Geld zu kommen. Schneider sagt dazu: „Mit etwas weniger Gier geht es auch.“

Auf der anderen Seite sei die Reinigungsmittelsparte jene mit der geringsten Zeitspanne bei der Entscheidung der Verbraucher am Supermarktregal. Oft gehe es da nur noch um den Preis. Oder wie bei „Frosch“ um Bekanntheit der Marke, Zufriedenheit und Vertrauen. Und das Gefühl, etwas für die Umwelt zu tun. Mittlerweile ist Werner & Mertz nicht nur in Deutschland und Europa etabliert, mit das stärkste Wachstum verzeichne man in Südkorea und Japan, berichtete der 57-Jährige. Sein Fazit: „Sich Werte zu leisten, lohnt sich heute immer mehr.“

Warum nicht andere Hersteller auf das mittlerweile riesige Know-how der Mainzer bei Recycling-Kunststoff zurückgreifen, dafür gebe es nur eine Erklärung: Sogenannter Virgin-Kunststoff aus Erdöl ist nach wie vor deutlich billiger als Recycling. Das unterstütze die Politik, indem sie weiterhin keine Mineralölsteuer auf diese Produkte erhebe. Insgesamt erhalte der Mittelstand aus Berlin und Brüssel deutlich wenig Unterstützung als die Großindustrie mit ihren starken Lobbyisten, konstatierte Schneider am Ende seiner Ausführungen bitter.

Nach einem weiteren Klavierstück von Johann Berend kündigte Klaus Helling schließlich an, dass im Oktober eine Betriebsbesichtigung bei Werner & Mertz in Mainz geplant sei. Wer mitfahren möchte, konnte sich auf einer Liste eintragen.  

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