Der 28-Jährige hat zwei Barber-Shops: Der Hauptsitz ist in Kirn, die Zweigstelle in Oberstein. Im Mai 2020 hatte Z. im Friseurladen des Angeklagten zu arbeiten begonnen, sieben Monate später machte er sich mit einem eigenen Laden nicht weit vom Geschäft seines bisherigen Arbeitgebers entfernt selbstständig. Vielleicht war Z. aber auch schon in der Zeit, in der er den Laden des Angeklagten in Oberstein führte, selbstständig? Im Gerichtssaal wurden gut zwei Stunden lang Chatverläufe auf einem Handy abgehört und abgelesen, um eine Antwort zu finden. Hatte der Angeklagte dem 33-Jährigen das Geschäft verpachtet? Oder war der sein Angestellter? Man kann manche Aussagen deuten, aber es gibt keine Fakten. Im Chat war auch eine Reihe von Mahnungen von Telekom und OIE zu sehen, es war davon die Rede, dass der Angeklagte dem Besitzer des Hauses in der Obersteiner Fußgängerzone noch Mieten schuldete und auch dann nicht reagierte, als der Hausbesitzer ständig ins Obersteiner Geschäft kam, um nach seinem Geld zu fragen und auch mit einem Anwalt zu drohen. Im Obersteiner Geschäft aber arbeitete Z., der Angeklagte war in seinem Laden in Kirn beschäftigt. „Bruder, warum zahlst du nicht?“, fragte Z. in einer Voicemail den Angeklagten. „Bruder“ war eine freundschaftliche Bezeichnung unter guten Bekannten, die beiden verstanden sich damals offenbar.
Seit dem Vorfall am 3. Dezember 2020 ist davon wohl kaum noch die Rede. An jenem Tag soll der Angeklagte von Z. nicht nur Geld gefordert, sondern auch ein Messer gezückt haben. In der Anklage war deshalb der Vorwurf einer versuchten gefährlichen Körperverletzung aufgeführt: Weil Z. nicht zahlen und den Angeklagten aus seinem Laden drängen wollte, soll der ein Messer aus seiner Hosentasche gezogen und mit der Hand eine Bewegung in Richtung von Z. gemacht haben. Dass der Angeklagte etwas aus seiner Hosentasche zog, steht fest, nur was, das ist nicht klar. Vielleicht war es nur etwas Harmloses wie ein Schlüsselbund – im Verfahren wurde auch diese Möglichkeit angesprochen.
Jedenfalls muss der Angeklagte nicht zurück ins Gefängnis, weil Gericht und Staatsanwalt Günter Horn nicht mehr von einer räuberischen Erpressung ausgehen. Fünf Tage nach dem Vorfall vom 3. Dezember 2020 war er festgenommen worden und saß seitdem in U-Haft in Rohrbach. Weil das Verfahren um den Vorfall im Barber-Shop ausgesetzt wurde, wurde es abgetrennt von einem zweiten Verhandlungspunkt: Der Angeklagte hatte seine damalige Freundin zu einer gerichtlichen Falschaussage gezwungen. So schilderte es die junge Frau im Juli 2020 einem heute pensionierten Amtsanwalt in Bad Sobernheim, der Angeklagte legte jetzt ein Geständnis ab. Er war wegen Fahren ohne Führerschein in eine Polizeikontrolle geraten, die Freundin gab 2019 vor Gericht jedoch an, sie sei gefahren. Er wurde schuldig gesprochen (Polizisten hatten ihn am Steuer erkannt) und sie wegen uneidlicher Falschaussage verurteilt, gab später jedoch an, von ihm dazu gezwungen worden zu sein. Im Verfahren vor dem Landgericht Bad Kreuznach vor wenigen Tagen wurde der Angeklagte wegen Anstiftung zu uneidlicher Falschaussage verurteilt.
Die Strafe wurde zu weiteren Delikten addiert, die noch nicht rechtskräftig sind. Der Angeklagte wurde bei diesen früheren Prozessen zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, die jetzt, mit der Anstiftung zur Falschaussage in zwei Fällen (vorm Amtsgericht Bad Sobernheim und später in der Berufungsverhandlung im Landgericht Bad Kreuznach) obendrauf, zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren ausgeweitet wurde.