Buchvorstellung im Parkhotel
Blick auf das bewegte Leben eines Sprinters
Buchvorstellung "Der schnellste Schleffer der Welt" im Parkhotel: (von links) Brunhilde und Bernd Cullmann, Co-Autor Kurt Knaudt und Moderator Peter Simon.
Hosser

Wenn zwei ausgesprochene Fußballfans die Vorstellung ihres Buches auf den Samstagabendsportschautermin legen, dann muss es sich um ein besonderes Werk handeln. 

Die Nervosität war Bernd Cullmann anzumerken: Es sei jetzt 15 Jahre her, dass er zuletzt eine Rede hatte halten müssen - bei der Übergabe seiner Goldmedaille an die Stadt Idar-Oberstein. Seither hängt das gute Stück im Foyer der Stadtverwaltung, für jedermann einsehbar, ein Stück Stadtgeschichte - das wurde auch am Samstagabend bei der Buchvorstellung im Parkhotel deutlich: Cullmann ist nach wie vor der berühmteste Sportler der Schmuckstadt, der einzige, der bei Olympia Gold gewann (außer Wolfgang Koch, dem dies bei den Paralympics zweimal im Tischtennis mit der Mannschaft gelang).

64 Jahre ist das her. Und noch immer unvergessen. 39,5 Sekunden für die Ewigkeit: Viel ist über den damaligen Lauf im Olympiastadion der italienischen Hauptstadt geschrieben worden. Jetzt aber gewährt die Sportlegende mithilfe von Co-Autor Kurt Knaudt einen intensiven und persönlichen Einblick nicht nur auf jenes Ereignis, das einen Höhepunkt der deutschen Sportgeschichte markiert, sondern auch auf das bewegte Leben eines ungewöhnlichen Menschen, der gern zugibt, dass er sprunghaft ist und sich selten (außerhalb seines geliebten Berufs des Edelsteinschleifens) lange auf eine Sache konzentrieren konnte: „Ich bin halt ein Sprinter.“

Überwältigender Empfang in der Heimat

Oberbürgermeister Frank Frühauf sagte in seinem Grußwort: „Idar-Oberstein ist stolz auf Sie.“ Daran habe sich auch 64 Jahre nach dem historischen Wettkampf nichts geändert. Sein Erfolg habe vielen klar gemacht: „Man kann Großes erreichen - auch im kleinen Idar-Oberstein.“

Moderator Peter Simon unterstrich, dass der damalige Empfang für den Goldjungen wohl die größte Menschenmenge gewesen ist, die jemals in Idar-Oberstein zusammenkam. Davon war auch Bernd Cullmann schwer beeindruckt, er wollte gar nicht glauben, dass all die Menschen nur wegen ihm gekommen waren: Vom Heimatmuseum bis nach Tiefenstein standen die Menschen an den Straßen, ein riesiger Autokorso folgte „unserem Olympiasieger“ im Corvette-Cabrio.

Im November stellte Bernd Cullmann seine Memoiren vor. Jetzt ist er völlig unerwartet verstorben.
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Warum dieser triumphale Empfang fast noch geplatzt wäre, kann man im Buch nachlesen. Der stets impulsive junge Sportler hatte sich über ein Detail geärgert - so viel sei verraten. Bei der Lesung im Parkhotel übernahm Enkelin Johanna diese emotionale Stelle im Buch. Auch Enkel Felix las aus den Memoiren des Opas, über dessen erste Stelle als Fußballtrainer in Morbach in einer Zeit, aus der es zahlreiche amüsante Episoden im Buch gibt. Das machten die beiden sehr gut - auf seine Enkel ist Bernd Cullmann noch stolzer als auf seinen Olympiasieg.

Familie reiste aus halb Deutschland an

Überhaupt: die Familie. Die steht über allem - heute mehr denn je. Aus halb Deutschland sind sie angereist, um bei der Premiere dabei zu sein. Sohn Jens (er lebt in Trier) überraschte den Papa am Ende des Abends mit ehrlichen Worten über das Vater-Sohn-Verhältnis, das Bernd Cullmann ja zeitlebens in Bezug auf seinen sehr früh verstorbenen Vater geprägt hat, wie er in seinem Buch herausarbeitet. Dass der Tiefensteiner so ehrlich war, „sich nicht schonte“, das habe ihn bewogen, ihn bei seinem Buchprojekt zu unterstützen, sagte Co-Autor Kurt Knaudt auf Nachfrage von Moderator Peter Simon. Denn bei der ersten Anfrage sei er skeptisch gewesen: An einem reinen „Jubelbuch“ über den Olympiasieg von damals habe er kein Interesse gehabt.

In der Tat: Das Buch ist kein üblicher Sportrückblick. Es beleuchtet neben den Höhe- auch die Tiefpunkte im Leben Cullmanns - es ist ein ehrliches Buch. Und deshalb so lesenswert.

„Ich war fürs Ebouchieren zuständig. Kurt Knaudt hat dann poliert.“
So beschreibt Cullmann die Zusammenarbeit mit dem Co-Autor.

Umrahmt wurde die Buchvorstellung von den Bachwagge, jener „Old-Boy-Group“ aus Idar, der Bernd Cullmann seit einigen Jahren selbst angehört. Sie brachten zahlreiche Klassiker aus ihrem Repertoire zu Gehör - natürlich auch „Reimanns Karl“. Zum Schluss kam sogar ein leibhaftiger Schleffer singend in den Saal: Michael Thiel in seiner Paraderolle. Er und die Bachwagge sangen den Klassiker vom „Bachschlefferkind“, aber umgedichtet auf Tiefensteiner Platt: „Das hat uns alle ein wenig Überwindung gekostet“, gestand der Idarer. Cullmann zuliebe studierten sie aber den vom Olympiasieger selbst umgeschriebenen Text innerhalb kürzester Zeit ein.

Am Ende musste der Idar-Obersteiner Goldjunge noch lange Bücher signieren für die zahlreichen Freunde und Wegbegleiter, die an diesem Abend zum Teil von weither ins Parkhotel gekommen waren.

  • Die nächste Vorstellung des Buchs „Der schnellste Schleffer der Welt“ ist für Dienstag, 26. November, um 18.30 Uhr im Deutschen Edelsteinmuseum in Idar geplant. Dann soll auch der Film über den damaligen Empfang gezeigt werden. Das knapp 190 Seiten starke Buch mit zahlreichen Abbildungen gibt es für 16,80 Euro im Buchhandel und bei Bernd Cullmann, Tel. 06781/33255, E-Mail: cullmann-cut@t-online.de

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