Die deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise – und mit ihr die Zuliefererbetriebe. Von denen hat der Landkreis Birkenfeld einige. Nach der Ankündigung von Voestalpine, das Werk in Birkenfeld zu schließen, hat es nun die Boryszew Kunststofftechnik Deutschland GmbH (BKD) mit Sitz in Gardelegen bei Stendal erwischt, die auch ein Werk im Idar-Obersteiner Industriegebiet „Am Kreuz“ betreibt. Im ehemaligen Ymos-Werk ist man leidgeprüft – es ist nicht die erste Insolvenz, die die Belegschaft durchlebt. 111 Mitarbeiter sind nach Angaben des Insolvenzverwalters betroffen. Die gute Nachricht: Der Betrieb geht erst mal weiter, über das Insolvenzgeld sind die Löhne und Gehälter erst einmal bis April gesichert. Insolvenzverwalter Silvio Höfer arbeitet an einer Lösung. Er war am Donnerstag selbst in Georg-Weierbach, um die Belegschaft über den Stand der Dinge zu informieren.
Die Gehälter sind bis Ende April gesichert
Nach Angaben der Kanzlei Anchor mit Sitz in Stendal kämpft die BKD seit längerer Zeit mit den Auswirkungen der Krise in der Automobilindustrie und ist in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. „Aus diesem Grund musste das Unternehmen aus Gardelegen einen Insolvenzantrag stellen“, heißt es in der Pressemitteilung von Anchor. „Das Amtsgericht Hansestadt Stendal hat dem Antrag stattgegeben und Rechtsanwalt Silvio Höfer von Anchor Rechtsanwälte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zusammen mit seinem Team führte Silvio Höfer unmittelbar nach dem Antrag bereits Gespräche mit wichtigen Geschäftspartnern des Unternehmens. Auch die Beschäftigten und die Betriebsräte wurden über die aktuelle Situation und die nun anstehenden Schritte informiert. Durch diese Gespräche konnte erreicht werden, dass die Produktion an beiden Standorten unverändert fortgesetzt wird. Die Gehälter der 495 Beschäftigten sind durch das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit gesichert.“
Die Boryszew Kunststofftechnik Deutschland GmbH fertigt Kunststoff- und Zinkdruckguss-Komponenten für die Automobilindustrie. Die Produkte werden vor allem im Autoinnenraum verbaut. Auftraggeber sind deutsche Automobilhersteller und große Zulieferbetriebe. Hauptkunde ist der Volkswagen-Konzern. Boryszew Kunststofftechnik Deutschland verfügt über zwei Standorte. Das Unternehmen hat knapp 500 Mitarbeiter beschäftigt, davon 384 in Gardelegen (Sachsen-Anhalt, 50 Kilometer östlich von Wolfsburg) und 111 in Idar-Oberstein.
Umsatz sank in drei Jahren um rund 16 Millionen Euro
In den vergangenen drei Jahren sank der Umsatz der Firma laut Insolvenzverwalter von knapp 69 Millionen Euro auf rund 53 Millionen Euro, und es wurden in der Vergangenheit kontinuierlich Verluste verzeichnet. Eine der Ursachen für den Insolvenzantrag sei die allgemeine Krise der Automobilindustrie. In der Vergangenheit wurden bereits Stellen abgebaut und Sachkosten reduziert. „Trotz dieser Maßnahmen gelang es nicht, die aktuelle Situation nachhaltig zu stabilisieren“, so der Insolvenzverwalter.
Die Mitarbeiter seien von der drohenden Insolvenz vollkommen unvorbereitet getroffen worden, berichtet die „Mitteldeutsche Zeitung“. Noch Anfang des Jahres habe es bei BKD eine Lohnerhöhung gegeben. Auch die Zulagen für Schichtarbeit seien erhöht worden. Der polnische Konzern beschäftigt mehr als 9000 Mitarbeiter auf vier Kontinenten.