Entscheidenden Anteil hat daran ein ganz bestimmter Baum: die Salweide. Die Salweide ist der erste Baum im Jahr, der blüht. Auch ist sie die einzige Weidenart, die nicht nur in Gewässernähe wächst. Als zweihäusige Blütenpflanze gibt es, ähnlich wie bei anderen Frühblühern wie Haselnuss oder Birke, männliche und weibliche Pflanzen. Während die weibliche Pflanze kaum Nektar produziert und damit auch wenig Nahrung liefert, ist der männliche Pollen überaus nahrhaft. „Die Salweide ist für die Entwicklung der Bienen ungeheuer wichtig“, erklärt etwa der Imker Klemens Ostertag aus Börfink. „Nach Weihnachten geht bei den Bienen das Brutgeschäft los, und die Brut wird zunächst mit dem körpereigenen Eiweiß der Tiere aus dem Vorjahr ernährt. Daher sind die Bienen im Frühjahr völlig ausgezehrt. Die Salweide bietet die erste nennenswerte Eiweißversorgung des Jahres, sie bildet sozusagen den Start für die Entwicklung eines Bienenvolkes. Wenn es im März zumindest eine gute Woche mit Temperaturen von 15 bis 20 Grad und genug blühende Salweiden gibt, dann sind das gute Voraussetzungen.“
Die Salweide nimmt aber auch für zahlreiche andere Insekten, vor allem Schmetterlinge, eine Schlüsselstellung ein wie sonst, abgesehen von der Eiche, kein anderer heimischer Baum. Beinahe 100 Arten ernähren sich von der Salweide, entweder als Futterstrauch für die Raupen oder als Nährpflanze für die erwachsene Imago. Besonders im zeitigen Frühjahr bietet sie den überwinterten Faltern eine wichtige Nahrungsquelle. Von besonderer Bedeutung sind die noch nicht zu hoch gewachsenen Jungsträucher entlang von Waldrändern und Wegen, da die Schmetterlinge bevorzugt ihre Eier darauf ablegen. Allerdings findet die Salweide bei Neuanlagen kaum eine Berücksichtigung.
Im krassen Gegensatz zum ökologischen steht der forstwirtschaftliche Nutzen der Salweide, der zumindest was die unmittelbare Verwertung betrifft, gegen null tendiert. Das weiche Holz der Salweide ist nicht einmal als Feuerholz geeignet, entsprechend gering ist das Interesse an ihr. „Wo sie nicht stört, dort bleibt sie stehen, vor allem an den Waldrändern wird sie geduldet“, meint etwa Georg Graf von Plettenberg, der Leiter des Forstamtes Birkenfeld.
Freundlichere Worte für den Baum findet Gerd Womelsdorf, der Leiter des Forstamtes Idarwald. „Für den direkten forstwirtschaftlichen Ertrag spielt die Salweide zwar keine Rolle, aber sie hat im Rahmen eines naturnahen Waldbaus durchaus ihre Funktionen“, erläutert er. So diene sie etwa als willkommene Äsablenkung für das Wild, für das die Blätter eine beliebte Nahrung sind. Bis vor einigen Jahrzehnten haben sich größere Bestände von Salweiden häufig auf Kahlschlägen gebildet, wo sie als sogenannte Pionierpflanze anderen Baumarten buchstäblich den Boden bereitet hat, sowohl als Humus liefernder Bodenverbesserer als auch als Halbschatten spendender Ammenbaum. In der modernen, nachhaltigen Forstwirtschaft sind Kahlschläge allerdings nicht mehr üblich, größere Freiflächen entstehen in der Regel nur noch durch Windwurf, sodass damit auch die wenigen Plätze fast völlig weggefallen sind, an denen sich größere, zusammenhängende Bestände bilden konnten.
Vielleicht ein Anlass, noch einmal über einen Vorschlag von Otto Lueg von vor rund 60 Jahren nachzudenken. Im Februar 1956 empörte er sich in einem Brief an Hans Zander, den Kassierer des Rheinischen Imkerverbandes, „dass weite Flächen mit Salweiden unter den Augen der Forstverwaltung abgeholzt wurden. Vor Jahren habe ich mich schon für die Salweide eingesetzt – ich wollte sogar den Handel mit Salweiden verbieten lassen (Buketts und Kränze), aber dies stieß auf den Widerstand der Gärtnereien, und ich war froh, dass wenigstens das Pflücken der Salweidenkätzchen verboten wurde. Wir Imker müssen jedes Jahr einen entsprechenden Aufklärungsfeldzug in der Presse durchführen, denn die Polizei handhabt dieses Verbot sehr lax. Dagegen will ich versuchen, von höchster Stelle aus eine Verordnung in Gang zu setzen, dass das Fällen von Salweiden auf Staatsland und Gemeindeland verboten ist. Damit wäre schon viel erreicht.“