Stichwahl zum VG-Bürgermeisteramt in Birkenfeld: Matthias König und Immanuel Hoffmann blicken auf anstehende Aufgaben
Beim Nationalpark besteht Handlungsbedarf: Interview mit den Kandidaten vor der Stichwahl in Birkenfeld
RZ

Kreis Birkenfeld. In der Verbandsgemeinde Birkenfeld steht an diesem Sonntag, 23. Juni, die Stichwahl für die Nachfolge von VG-Bürgermeister Bernhard Alscher an. Die NZ hat beiden Stichwahl-Kandidaten Fragen zur künftigen Entwicklung der VG Birkenfeld und ihren persönlichen Schwerpunkten gestellt.

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Der Brand- und Katastropheninspekteur (BKI) Matthias König verfehlte vor 14 Tagen den Sieg für die Freien Wähler und die absolute Mehrheit mit 45,2 Prozent knapp. Immanuel Hoffmann, Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbands Birkenfeld und Fraktionssprecher im Kreistag, kam auf 29,0 Prozent. SPD-Kandidat Holger Noß schied mit 25,8 Prozent aus. Nun sind die Wähler erneut gefordert, abzustimmen und einen Nachfolger für den bald in den Landtag wechselnden Bernhard Alscher zu finden.

Im Klimaschutz hat Bürgermeister Bernhard Alscher viele Projekte verwirklicht, die teils bundesweit Beachtung fanden. Insbesondere die Ausweisung von Photovoltaik nimmt Fahrt auf. Wie stehen Sie zum Ausbau erneuerbarer Energien in der Verbandsgemeinde?

Hoffmann: Der Ausbau erneuerbarer Energien steigert im ländlichen Raum die Wertschöpfung. Bei lokaler Nutzung von Photovoltaik, Wind und Biomasse (Holz) vermeidet man den teuren Einkauf von Energie. Der weitere Ausbau von Windkraft muss aber begrenzt werden. Verantwortlich hierfür sind die Bürgerschaft und die Unternehmen. Diese müssen im Einzelfall frei entscheiden. Einen Anschluss- und Benutzungszwang an Nahwärmenetze lehne ich entschieden ab.

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Immanuel Hoffmann                         Foto: Reiner Drumm
Reiner Drumm

Es ist meine persönliche Erfahrung: Photovoltaikanlagen lohnen sich, sobald man einen hohen Anteil des Stroms selbst nutzen kann. Mit Zustimmung der Mehrheit der CDU hat die VG den Bau von PV-Anlagen auf eigenen Gebäuden veranlasst. Doch unsere Verwaltung sperrt sich ohne vernünftige Begründung, diesen selbst erzeugten Strom auch zu nutzen. Hier werde ich im Fall meiner Wahl Änderungen herbeiführen. Dadurch ergeben sich weniger Mittelabflüsse und mehr Handlungsspielraum.

König: Den Ausbau der erneuerbaren Energien möchte ich im Sinne der Bürger begleiten. Grundsätzlich sollten freie Dachflächen vorrangig für die Gewinnung von PV-Strom herangezogen werden. Der Steuerungsrahmen der VG mit 300 Hektar für Freiflächen-Photovoltaik ist für viele Firmen attraktiv. Hier gilt es, gemeinsam mit den Gemeinden und den Bürgern die Möglichkeiten einer Beteiligung an Projekten zu beschließen. Strom, der hier produziert wird, muss unseren Bürgern zur Verfügung stehen.

Bernhard Alscher trat mit dem Ziel an, die Verwaltung zu verschlanken. Doch der Rechnungshof bescheinigte ihm, sie eher aufgebläht zu haben. Wie bewerten Sie die Personalsituation in der VG-Verwaltung?

König: Der Rechnungshof richtet den Personalbedarf nur an den sogenannten Pflichtaufgaben aus, also zum Beispiel Pässe ausstellen und Steuern verwalten. Wenn wir aber weiter im Durchschnitt 140 Zuschussprojekte im Jahr abarbeiten, unser Schwimmbad und unsere Wanderwege erhalten möchten, im Tourismus und im Klimaschutz weiterhin eine Rolle spielen wollen, dann brauchen wir hierfür qualifiziertes Personal in ausreichender Stärke! Dafür werde ich mich einsetzen.

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Matthias König                                   Foto: Sandra Wenz
Sandra Wenz

Letztlich lässt sich diese Frage aber erst beantworten, wenn ich mit den neuen Ortsbürgermeistern und dem neu besetzten VG-Rat die Ziele besprochen habe. Mehr Personal bringt uns aber auch mehr Zuschüsse und mehr finanzielle Möglichkeiten für unsere Gemeinden. Sollten die Gremien zu dem Entschluss kommen, Projekte zu schieben oder gar nicht erst anzupacken, müssen wir außerhalb der Pflichtaufgaben über die Personalbesetzung beraten.

Hoffmann: Der Bericht des Rechnungshofes kann uns gute Hinweise geben, wie der Personalschlüssel aussehen sollte. Zusätzlich gilt es auch zu vergleichen, was in anderen Verbandsgemeinden besser läuft. Klar ist: Für gute Arbeit braucht die Verwaltung gute und motivierte Beschäftigte in ausreichender Zahl, aber auch die notwendige Technik und an die Lage angepasste Prozesse.

Bei der Höhe der VG-Umlage sind wir am oberen Ende. Hohe Umlagen schränken die Ortsgemeinden ein. Daher sehe ich den Neubau eines Feuerwehrgerätehauses in Brücken, in 3,5 Kilometer Entfernung zum Gerätehaus mit hauptamtlichen Gerätewarten in Birkenfeld bei Baukosten von rund 5 Millionen Euro noch nicht als das letzte Wort an. Gegebenenfalls kann ein Vergleich mit dem Neubau in Rückweiler zu weiteren Erkenntnissen führen.

Was bringt der Nationalpark Hunsrück-Hochwald der Verbandsgemeinde Birkenfeld?

Hoffmann: Der Nationalpark ruft immer wieder Kritik hervor. Ob es um die Ausbreitung des Borkenkäfers geht, die Jagd, und auch die Holznutzung bewegen die Menschen in der Region. Aber auch die Regionalentwicklung und der Sitz des Nationalparkamtes müssen eng begleitet werden. Hier besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf.

Es ist aber auch Verhandlungsgeschick gefragt. Ich traue mir zu, diese Problemfelder zu entschärfen. Dabei will ich mich in der kommunalen Familie und auch mit dem Landrat abstimmen. Einseitige Schuldzuweisungen wie in der Vergangenheit will ich überflüssig machen. Vorteile hat der Nationalpark grundsätzlich für den Tourismus gebracht. Diese Vorteile konnten jedoch kaum genutzt werden. Dass durch den Nationalpark eine ansehnliche Fläche in der VG frei von Windrädern bleibt, ist vorteilhaft. Zudem hat der Nationalpark über einzelne Ortsgemeinden hinaus identitätssteigernd gewirkt.

König: Derzeit zu wenig. Es hakt bei der überörtlichen touristischen Vermarktung. Der Neubau der Nationalparkverwaltung am Umwelt-Campus Birkenfeld wurde abgelehnt. Für die Feuerwehren und Rettungsdienste gibt es zwar gute Pläne, allerdings keine finanzielle Unterstützung des Landes zur Anschaffung der Materialien und Fahrzeuge, die benötigt werden.

Als zertifizierter Nationalparkführer habe ich mich intensiv mit dem Schutzgebiet beschäftigt und kenne seine Vorteile. Allerdings bin ich enttäuscht über die Versprechen, die nicht eingehalten wurden. Weiterhin sind die Anrainerkommunen teils finanziell von den Folgen der Holzschädlinge betroffen. Zusammengefasst: Es besteht Handlungsbedarf.

Der Ökompark Heide-Westrich und der Heinrich-Hertz-Campus in Birkenfeld sind zwei Vorhaben, bei denen die VG Birkenfeld zunächst dabei war und dann ausstieg. Wie bewerten Sie die wirtschaftliche Entwicklung der VG, und beabsichtigen Sie möglicherweise eine Kurskorrektur?

König: Der Heinrich-Hertz-Campus ist eines der wichtigsten Projekte für die Stadt, aber auch für die VG Birkenfeld. Kein Verständnis haben die Bürger für den langsamen Fortschritt dieser Entwicklungsfläche. Das Amt eines VG-Bürgermeisters interpretiere ich so, dass ich gemeinsam mit Stadtbürgermeister Lampel und dem Stadtrat versuchen werde, die Fläche bestmöglich zu vermarkten. Es geht um das gemeinsame Ziel und nicht, wer Anteile hat und wer nicht.

Die Verbandsgemeinde spielt bereits heute eine wichtige Rolle im Entwicklungsprozess. Sie begleitet die Stadt bei der Bauleitplanung und Erschließung des Areals. Daneben zeichnet sich ab, dass innerhalb des Campus-Areals durch die VG eine neue Kita errichtet wird.

Der Ökompark Heide-Westrich wird für unsere VG positive Strahlkraft entwickeln. Um eine Vernetzung zum Umwelt-Campus Birkenfeld zu erreichen, benötigt es Firmen und Betriebe, von denen zum einen der Umwelt-Campus profitiert, aber auch dass die Firmen Fachkräfte vor Ort an sich binden können. Um diesen Prozess in unsere VG hinein zu begleiten, sollten die Gremien über eine Beteiligung am Zweckverband Ökompark zeitnah beraten. Zudem geht es auch um eine Unterstützung für Gimbweiler und Hoppstädten-Weiersbach bei Fragen der zukünftigen Verkehrsführung und Anbindung an die neuen Gewerbeflächen.

Hoffmann: Die wirtschaftliche Entwicklung in unserer VG ist nicht schlecht. Allerdings absolut gesehen auf niedrigem Level. Wir stehen bei Einkommen und Wirtschaftskraft weit unter dem Durchschnitt in Deutschland. Andererseits sind die Wohnkosten noch relativ niedrig. Es fehlen weitere Arbeitsplätze. Unternehmen brauchen stabile Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Nachwuchsgewinnung. Dabei unterstütze ich gern die Zusammenarbeit mit dem Umwelt-Campus, der Elisabeth-Stiftung, weiterführenden Schulen und will auch aktiv mit anderen Verbandsgemeinden zusammenarbeiten. Das gilt auch für den Tourismus.

Die Strukturierung von Mitgliedschaften und Beteiligungen muss immer wieder an geänderte Rahmenbedingungen angepasst werden. Daher stehe ich einer erneuten Beteiligung flexibel gegenüber. Dies gilt genauso für die Beteiligungen an der Stiftung Sonne für Birkenfeld, NVB, Wasserzweckverband und Zweckverband Umwelt-Campus. Von Zeit zu Zeit muss überprüft werden, ob Änderungen vorzunehmen sind. Diese Entscheidungen bedürfen einer sorgfältigen Beratung in den Gremien. Da wurde in der Vergangenheit allzu oft unter Zeitdruck und ohne ausreichende Daten agiert. Das will ich ändern.

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