Ehrenamtliches Engagement ist hoch - Bislang niemanden abgewiesen
Bedarf in Idar-Oberstein steigt: Mehr als 830 Tafel-Kunden
Thüringer Tafeln
Bislang musste kein Tafel-Kunde abgewiesen werden. Das Netzwerk funktioniert, auch das ehrenamtliche Engagement ist groß. Foto: Martin Schutt/dpa
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Idar-Oberstein. Die Tafel Idar-Oberstein, eine Einrichtung der Wohnungslosenhilfe der Stiftung Kreuznacher Diakonie, ist weiterhin auf Expansionskurs. Während Ende 2022 knapp 800 Personen bei der Tafel gemeldet waren, sind es Ende 2023 mehr als 830 Männer, Frauen und Kinder. Steigende Zahlen sind leider keine Erfolgsmeldungen, stehen doch hinter den Tafel-Kundinnen und -Kunden einkommensschwache Menschen, die ihre Bedürftigkeit bei der Anmeldung nachweisen müssen, wissen nicht nur die Tafel-Akteure.

Die Einkommensgrenze für eine Aufnahme in die Tafel-Kartei entspricht in etwa der Höhe der Grundsicherungsleistung. „Bislang mussten wir zum Glück noch niemanden komplett abweisen“, erklärt Tanja Schweizer, Leiterin der Tafel und des Tagesaufenthalts Horizont. „Wir sind gut organisiert, und wenn Leute die Tafel nicht nutzen, dann werden sie recht zügig aus dem System entfernt und wir können neue Interessenten aufnehmen.“ Insgesamt zeigt sich Tanja Schweizer momentan sehr zufrieden mit den Abläufen in der Tafel: „Der Umgang mit den Kunden und auch unter den Ehrenamtlern klappt einwandfrei – da gibt es kaum Konflikte.“ Bei den Kunden der Tafel seien sehr viele Nationalitäten vertreten. Die Gruppe der Flüchtlinge aus der Ukraine sei im Vergleich zu 2022 etwas kleiner geworden: „Wir haben den Eindruck, dass einige inzwischen Arbeit gefunden haben.“ In der Tafel arbeitet eine junge ukrainische Frau im Bundesfreiwilligendienst (Bufdi), die insbesondere bei der Kommunikation unterstützt.

Die Tafel erhält Hilfe bei den Lebensmittelspenden: „Alle Supermärkte in der Region, von Edeka über Rewe bis zu Globus, unterstützen uns. Auch viele Bäckereien und Metzgereien sind dabei und werden regelmäßigen von unserem Tafelauto angefahren.“ Rund 40 Prozent der benötigten Lebensmittel erhält die Tafel aus der Region. Der überwiegende Teil wird inzwischen durch Kooperation mit dem Landes- und dem Bundesverband der Tafel aufgebracht. Der Bundesverband kooperiert direkt mit großen Lebensmittelerzeugern, die sogenannte B-Ware – zum Beispiel falsch etikettierte Ware – palettenweise zur Verfügung stellen. „Hier besteht für uns die logistische Herausforderung, diese Produkte zu transportieren und zu lagern“, sagt Tanja Schweizer. Sie freut sich sehr über einen großen Transporter, der nun aus Spenden finanziert werden konnte. „Damit können wir künftig einfacher große Mengen im Umkreis von Rheinland-Pfalz und Saarland holen.“

Beträchtliche und unverzichtbare Lebensmittelmengen erhält die Tafel auch über die regelmäßigen „Tüten-Spenden“, die Kunden mit Unterstützung der Supermarktketten Globus, Rewe und Edeka übers Jahr verteilt spenden. Eine solche Aktion läuft bis Ende Dezember wieder im Globus Idar-Oberstein. „Aber auch Kleinspenden von Lebensmitteln sind hilfreich für uns“, betont die Tafel-Koordinatorin. „Regelmäßig kommen Leute hier vorbei und bringen uns Kisten mit haltbaren Lebensmitteln – dafür ein Dankeschön.“

Es fehlt an Fahrern

Auch das ehrenamtliche Engagement im Helfer-Team sei klasse, so Schweizer. Die Helferinnen und Helfer sind im Rahmen ihrer freiwilligen Dienste von Montag bis Freitag in unterschiedlichen Schichten jeweils stundenweise aktiv. Rund ein Viertel von ihnen sind Neubürger in Idar-Oberstein. „Das klappt alles sehr gut“, sagt die Tafel-Organisatorin, der einzige Wermutstropfen: „Es fehlt uns noch an Fahrern, die mit den Lieferwagen die Lebensmittel holen.“ Über ein ganz besonderes Engagement freut sich Schweizer in diesem Jahr: „Die Integrierte Gesamtschule Herrstein/Rhaunen wird 400 Plätzchen-Tüten backen für die Tafel.“

In Pausenverkäufen haben die Kinder und Jugendlichen Geld gesammelt, um die Zutaten zu kaufen. Nun backen sie in Arbeitsgemeinschaften die Plätzchen. Mit der Organisation der Tafel unterstützt die Wohnungslosenhilfe Idar-Oberstein unmittelbar Menschen mit geringem Einkommen. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in ambulanten Angeboten für Menschen in Not, wie die Straßensozialarbeit und der Tagesaufenthalt Horizont. Zudem sind die Kolleginnen der Fachberatungsstelle Wohnraumsicherung seit zwei Jahren Ansprechpartnerinnen für Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Erhalt ihrer Wohnungen haben.

Die Beraterinnen bieten auch Sprechstunden in der Verbandsgemeinde Herrstein/Rhaunen an. „Wir freuen uns, dass Straßensozialarbeit, Tagesaufenthalt und Fachberatung Zuschüsse von der Stadt und vom Kreis erhalten“, sagt Dieter Groh-Woike, Leiter der Wohnungslosenhilfe Idar-Oberstein. Allerdings sind diese Zuschüsse für die ambulanten Angebote längst nicht auskömmlich, die Fehlbeträge müssen fortlaufend über Spenden ausgeglichen werden. „Hier steht es an, dass die Zuschüsse den stark gestiegenen Kosten angepasst werden.“

Wohnraum ist Mangelware

Zudem steht die Wohnungslosenhilfe vor Herausforderungen, wie sie derzeit überall eine Rolle spielen: Aufgrund des Arbeitskräftemangels könne eine weitere halbe Stelle für die Fachberatung im Kreisgebiet sowie Sozialhelferstellen nicht besetzt werden.

„Die größten Sorgen macht uns allerdings der fehlende Wohnraum“, sagt Dieter Groh-Woike. Im Herbst hat die Wohnungslosenhilfe mit einem „Fachtag bezahlbarer Wohnraum“ ein Netzwerk relevanter Akteure in Idar-Oberstein zusammengerufen. Diese Kooperation soll fortgeführt und ausgebaut werden: „Jede Idee, an geeigneten Wohnraum zu kommen, ist hilfreich“, betont er.

Wer die Wohnungslosenhilfe unterstützen möchte, kann das aktuell im Dezember zum Beispiel über die Weihnachtsgeschenke-Einpackaktion machen. Ehrenamtliche packen an den letzten beiden Wochenenden vor Weihnachten – jeweils Donnerstag bis Samstag – im Globus dort erworbene Geschenke gegen eine Spende ein.

Spendenkonto: DE50.1006.1006  1006 1006 40, Stichwort: Horizont

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