Einmal im Jahr präsentiert sich der Kunstverein Obere Nahe mit einer Ausstellung all dessen, was man anschauen kann: Fotografien, Druckgrafiken, Gemälden und Skulpturen aus verschiedenen Materialien. Seit vier Jahren nutzen sie dafür das Kirchenschiff von Sankt Walburga.
Zum dritten Mal begrüßte bei der Vernissage Pfarrer Stephan Wolff in Vertretung des Hausherrn, Pfarrer Thomas Linnertz, die mehr als hundert fröhlich plaudernden Gäste, bedauernd, in die heiteren Gespräche einzubrechen. Er tue dies gern, versicherte er. Zufällig habe er unterwegs an einer Hauswand ein Zitat gefunden, das ihn tief beeindruckt habe: „Die Kunst … ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet. Sie garantiert unser Mensch-Sein.“ Das sagte Nikolaus Harnoncourt, bedeutender Dirigent und Musikwissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Ein gut gewähltes Wort, um die Wahl des Raumes zu unterstreichen.
Das Oktogon, knapp 60 Jahre alt, besticht durch seine besondere Architektur und bietet leicht sichtbare Wand- und Stellflächen für die 82 Exponate von 25 Künstlerinnen und Künstlern. Seinen Stolz auf die hohe Qualität des Gezeigten betonte Bürgermeister Friedrich Marx. Sie hebe den Kunstverein aus den mehr als 40 Kulturvereinen der Stadt heraus. Er hatte sich mit Landrat Miroslaw Kowalski kurzgeschlossen und begrüßte für ihn mit.

Bärbel Busch ist stellvertretende Vorsitzende. Ihre „Einführung“ geriet zu einer echten Performance. Nicht nur trat sie mit dem wolkig-goldenen Heiligenschein „außer Kontrolle“ auf (den verlieh sie den Bundestagswahlkämpfern dafür, dass Kultur da nicht vorkam, und die öffentlichen Mittel schrumpfen), sondern sie hat auch kurz entschlossen ihre bereits fertige Rede verworfen und sie aufgrund einer Schlagzeile umgeschrieben. Im Sportteil der Heimatpresse vom 8. Mai las sie: „Ein Spiel wie ein Gemälde von da Vinci.“ Der Schalk im Nacken diktierte ihr den neuen Titel: „Die Ausstellung des Kunstvereins: spannend wie ein Champions-League-Spiel.“ In Form eines Interviews fand sie im Fußball-Jargon treffende Worte für jeden und jede der „Mannschaft“, egal ob Routinier oder Neuzugang.
Zweifelsfrei war das nicht das Tor, wohl aber die Rede des Monats. Die Sektion Autorengruppe präsentierte sich mit einem Sketch von Ingrid Ragaard. „Wie rede ich zu meinen Gästen?“, fragten sich eine verschwurbelte Intellektuelle, ein Schmeichler, eine Schwärmerin, eine lobende Super-Mutter, eine Kulturpolitikerin und einige Figuren mehr. Das Publikum amüsierte sich bestens.
Den Sprachkünstlern gelang damit, gute Reklame für die an den kommenden Maiwochenenden stattfindende „Literatur im Glaskasten“ (im Kirchenraum), immer samstags und sonntags um 15 Uhr. Ob nun Werke von Altmeister Ernst Slavik , die bunten, verqueren Fabelwesen von Hans-Jörg Botzet oder das großformatige Gemälde „Erinnerungen“ des jungen Kai Steinbrech: Es gibt viel zu bestaunen und mehr zu entdecken, als bei der Vernissage möglich ist.
Öffnungszeiten der Ausstellung: freitags, samstags, sonntags 14 bis 17.30 Uhr (bis zum 25. Mai)