Café International: Geflüchtete haben in der Krise ganz eigene Probleme
Aus Integration wird ganz schnell Isolation
Ein interkulturelles Kinderfest fand im September 2019 im Begegnungszentrum Gewerbehalle statt. Solche Angebote können vonseiten des Café-International-Teams aktuell nicht stattfinden. Besuche sind aber nach der Terminabsprache wieder möglich. Foto: Privat (Archiv)

Idar-Oberstein. „Geflüchtete Neubürger in Idar-Oberstein trifft die Corona-Krise ebenso wie die Alteingesessenen. Schulen und Kindergärten sind auch für ihre Kinder geschlossen, Arbeitnehmer sind von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit bedroht, und sie leben isoliert in einem Land, in dem sie noch nicht wirklich angekommen sind, in dem sie sich noch nicht völlig auskennen, die Sprache nicht sprechen und in dem sie auch ohne Corona einige Hürden zu nehmen haben“, berichtet Silvia Fickus vom Idar-Obersteiner Café International. Für Geflüchtete bedeutet der allgemeine Shutdown, dass auf einmal wichtige Behörden wie Ausländeramt, Jobcenter, Stadtverwaltung und andere von heute auf morgen geschlossen wurden, und bis heute sind diese nur mit Terminvereinbarung zu erreichen. Dies bringe eine hohe Hürde für Flüchtlinge mit, „denn das Telefonieren in einer fremden Sprache ist weitaus schwieriger als ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht“, erläutert sie.

Auch wenn die Behörden geschlossen waren, so wurden Bescheide und Antragsbogen verschickt. Viele der Briefe hätten die Empfänger verunsichert. Wen können wir fragen? Was sagt der Brief aus? Wer hilft uns? Was muss ich tun? Viele Fragen seien aufgetaucht, weiß Fickus aus ihrer Erfahrung im Umgang mit Geflüchteten, zu denen übers Café Kontakte bestehen. Denn ebenso wie der Kontakt zu den Behörden unterbrochen war, brach vorerst der persönliche Kontakt zu Migrationsberatungsstellen und in großen Teilen auch zum Café International ab. Sprachkurse wurden von heute auf morgen gestoppt: „Wir bemerken, wie schnell man das neu erlernte Deutsch vergisst, wenn man keine Möglichkeit der Praxis hat. Der Sprachstand ist fast nicht zu halten, auch wenn von allen Seiten jetzt Onlineangebote gestartet und gefördert werden. Unsere Erfahrung ist, dass unsere Café-Besucher es lieben, zu uns zukommen, an unseren Sprachkursen aktiv teilzunehmen, denn da können sie sich mit Deutschen unterhalten, lernen neben Deutsch auch die deutsche Kultur kennen.“

Der schulische Präsenzunterricht sei für geflüchtete Kinder enorm wichtig. Hier zeichne sich eine deutliche Schere der schulischen Entwicklung ab – mit Blick auf Kinder, deren Eltern bildungsnah sind, und Kinder, deren Eltern noch nie eine Schule besucht haben.

Letztere könnten von ihren Eltern keine schulische Hilfe erwarten, und oft fehle es in Zeiten von Onlinebetreuung und Homeschooling auch an den technischen Voraussetzungen wie an Kenntnissen mit Blick auf die deutsche Sprache.

„In den vergangenen Wochen war die Arbeit recht eingeschränkt und lief nur sehr mühsam über E-Mail, Facebook, WhatsApp und Telefonate ab. Für uns als Team des Cafés International steht fest, dass die intensive Integrationsarbeit unbedingt weitergehen muss und wir Systeme finden müssen, geflüchtete Neubürger aus ihrer Isolation zu holen. Trotz Corona und all den Folgen, die die Regelungen für persönliche Begegnungen haben. Wir bieten seit Neustem Besuchszeiten an, bei denen natürlich bestehende Regelungen beachtet werden. Die mediale Hausaufgabenhilfe wird auch wieder in eine Präsenshilfe umgewandelt, und in naher Zukunft werden wir wieder mit unseren Sprachkursen anfangen. Wir halten uns hier an die Hygienevorschriften der Landesregierung und des Kreises und versuchen, so viel wie möglich in den Außenbereich zu verlagern, sofern es das Wetter zulässt.“

Die Geflüchteten kämen aus einem Kulturkreis, in dem Zeit füreinander zu haben, Besuche, persönlicher Austausch und gemeinsame Essen einen hohen Stellenwert haben: „Wie schwer muss ihnen diese Corona-Zeit vorkommen, wenn wir Altbürger uns schon nach persönlichen Treffen und normalen Besprechungen sehnen?“

Weitere Infos unter www.cafe-international-io.de

Von unserer Redakteurin Vera Müller

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