Hottenbach
Anekdoten über "Heimat": Marie-Goot begeisterte Hottenbacher Senioren

Hottenbach – Wenn man sich in Hottenbach auf die Suche nach einem Beispiel für vorbildliches ehrenamtliches Engagement macht, kommt man an der Gruppe 60 plus und ihrer Leiterin Ursula Stützel nicht vorbei. 60 plus, ein lockerer Zusammenschluss von rund 40 Personen, 2007 von Pfarrerin Anja Zimmermann und Ursula Stützel ins Leben gerufen, trifft sich einmal im Monat. Spiele, Unterhaltung, Ausflüge und Referate stehen dabei auf dem Programm.

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Dieses Mal hatte Ursula Stützel, sie bereitet die Veranstaltungen vor und sorgt für eine reibungslose Durchführung, Eva-Maria Schneider aus Kirchberg als Referentin gewinnen können. Durch ihre Rollen in „Heimat I“ und der „Zweiten Heimat“ wurde Eva-Maria Schneider weit über die Grenzen des Hunsrücks hinaus bekannt. Eva-Maria Schneider, eine begnadete Erzählerin, gelang es sofort die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Über weite Passagen ihres Vortrages war es im Gemeindesaal so still, dass man den Flügelschlag eines Schmetterlings hätte hören können.

Durch einen Zeitungsaufruf aufmerksam geworden und von Wolfram Wagner, dem Gründer der Kirchberger Theatergruppe Dumnissus ermutigt, entschloss sie sich zu einem Casting bei Regisseur Edgar Reitz. Zunächst habe sie aber Nein gesagt, getreu der Hunsrücker Devise: Ja sagen kann man immer noch. Zunächst waren für die Figur der Marie-Goot lediglich zehn Drehtage vorgesehen. Dass daraus am Ende 38 Drehtage wurden, die sich über alle 11 Teile von „Heimat I“, und damit über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren erstreckten, war nicht geplant.

Es gibt kleine Rollen, die sich während der Dreharbeiten zu einer großen Rolle entwickeln, schilderte die Darstellerin ihre Erfahrung. Offensichtlich hatte Reitz Gefallen an seiner Filmfigur wie auch an der Darstellerin gefunden. So kam es, dass Eva-Maria Schneider auch bei 16 Drehtagen in der „Zweiten Heimat“, vorwiegend in München gedreht, mitgewirkt hat. Auch in der dritten Staffel der Heimat-Trilogie von Edgar Reitz wäre Eva-Maria Schneider gerne dabei gewesen. Dem stand jedoch ihr Filmtod im Jahr 1972 entgegen. „Heimat III“ beginnt bekanntlich mit dem Fall der Mauer 1989.

Wenn Eva-Maria Schneider Anekdoten von den Dreharbeiten zum Besten gibt, dies charmant und geschickt pointiert, geht häufig ein herzhaftes Lachen durch den Saal. Aber auch ernste und nachdenkliche Töne gehören zu ihrem Metier. So stellt Eva-Maria Schneider immer wieder Analogien zwischen der Filmfigur Marie-Goot und ihrem eigenen Leben her. Große Gefühle, zerplatzte Lebensträume, Kampf gegen hartnäckige Vorurteile, im Kopf des Zuhörers beginnt oft ein großes Kino zu laufen, so als wäre der Film auf einer großen Leinwand zu sehen.

Berichtet Eva-Maria Schneider, mittlerweile seit mehr als drei Jahrzehnten mit Edgar Reitz freundschaftlich verbunden, über ihre gemeinsame Wegstrecke, so mutet vieles an wie eine Hommage an den Erfolgsregisseur. Bei ihren Schilderungen hat man immer wieder den Eindruck, sie lebt noch immer ein wenig in ihrer Filmrolle. Problemlos kann sie ihre Texte aus dem Drehbuch rezitieren, so als wären die Dreharbeiten gestern zu Ende gegangen.

Beeindruckend ist auch, mit welcher Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit Eva-Maria Schneider auf Zuruf aus dem Publikum eigene wie auch von anderen Autoren verfasste Gedichte vorträgt. So beispielsweise das Gedicht von Elfriede Karsch: „Alles, nor kää Gutschein meh.“

Seit Mitte der 1990er-Jahre führt Eva-Maria Schneider Interessierte zu den Drehorten der „Heimat“-Trilogie und der „Anderen Heimat“ im Hunsrück. Mehr als 70 Führungen sind daraus im Laufe der Jahre geworden. Mit einem Dank und einem Blumenstrauß wurde Schneider, um einige Fans reicher, von Ursula Stützel verabschiedet.

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