Beim Spaziergang durch das Birkenfelder Neubaugebiet Haesgeswiesen sind sie an verschiedenen Ecken vor den privaten Wohnhäusern zu sehen: Schottergärten in Grau oder Weiß. Dabei schreiben alle 16 Landesbauordnungen in Deutschland vor, dass nicht überbaute Flächen „wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen“ und „zu begrünen oder zu bepflanzen“ sind. Eine deutliche Absage an die steinigen Klimasünder. Schottergärten sind somit eigentlich in ganz Deutschland nicht erlaubt. Einige Bundesländer, wie Baden-Württemberg oder Niedersachsen, haben zusätzlich noch zum Beispiel über ihr Landesnaturschutzgesetz oder per Gerichtsurteil ein explizites Verbot ausgesprochen.
In Rheinland-Pfalz gibt es kein zusätzliches Verbot, doch auch hier untersagt die Landesbauordnung eigentlich die durch den Naturschutzbund (NABU) „Gärten des Grauens“ getauften Schotterbeete. Außerdem haben viele Gemeinden wie Mainz, Kaiserslautern oder Pirmasens in ihren Bebauungsplänen für Neubaugebiete Schottergärten-Verbote ausgesprochen.
Warum werden in Haesgeswiesen trotzdem Schottergärten angelegt?
Auch in dem Bebauungsplan Haesgeswiesen der Stadt Birkenfeld ist allerdings erst in der neusten Version das Anlegen von Schottergärten den Grundstückeigentümern untersagt. Bei den erst vor Kurzem vermarkteten Abschnitten des Neubaugebiets seien wieder Schottergärten angelegt worden, wie Stadtratsmitglied Bernd Wenzel senior (CDU) in der vergangenen Stadtratssitzung mitteilte. „Wir müssen als Stadt Maßnahmen ergreifen, um dem vorzubeugen“, forderte Wenzel senior. Damit traf er durch alle Fraktionen hinweg auf Zustimmung.
In der fünften Änderung des Bebauungsplans, die für einen Teil des Neubaugebietes gilt, steht allerdings: Die nicht überbaubaren Grundstücksflächen bebauter Grundstücke – soweit sie nicht für eine sonstige zulässige Nutzung benötigt werden – seien landschaftsgärtnerisch oder als Zier- beziehungsweise Nutzgarten anzulegen. Ein Schottergarten sei somit nicht ausgeschlossen, wie die Kreisverwaltung gegenüber der Stadt mitteilt. Erstmals sei ein Ausschluss in der sechsten Bebauungsplanänderung festgehalten, die jedoch nur für einen Teilbereich des Neubaugebietes Haesgeswiesen gelte, wie die Kreisverwaltung hinzufügt. Erst in der siebten Änderung, die aktuell in der Aufstellung sei, wäre ein Verbot von Schottergärten vorgesehen. Das heißt: Erst dann kann die für die Bauaufsicht zuständige Kreisverwaltung gegen die Neuanlegung von Schottergärten im Birkenfelder Neubaugebiet vorgehen.
Warum sind Schottergärten in allen Bundesländern verboten?
Trotzdem wünscht sich die Stadt von ihren Bürgern, auf Schottergärten zu verzichten. Denn: „Schottergärten sind mit negativen ökologischen Folgen verbunden“, wie auch das Bundesumweltministerium auf seiner Internetseite warnt. Für diese Einschätzung gibt es viele Gründe. So stellen Schottergärten für Insekten eine lebensfeindliche Umgebung dar. Sie finden dort keine Nahrung und keine Möglichkeit für Unterschlüpfe. Viele Insektenarten legen ihre Eier in der Erde ab. Dies verhindern die Folien oder Abdeckungen aus Vlies, die meistens unter dem Schotter angebracht werden. Außerdem kann durch die Folien kein Wasser in den Boden sickern, was nicht nur dem Grundwasser, sondern auch in der Erde lebenden Regenwürmern schadet. Dass Insekten fehlen, bedeutet auch, dass Vögel hier kein Futter finden.

Durch die Steine leidet auch das lokale Klima – Wohngebiete heizen sich auf. Weil die Steine, wenn die Sonne in den immer heißer werdenden Sommern auf sie prallt, die Hitze aufnehmen. Die Steine geben die Hitze dann, auch noch in der Nacht an die Umgebung ab. Da Schottergärten meist auch spärlich bepflanzt sind, fehlt der kühlende Effekt, den Pflanzen normalerweise leisten. Das ist nicht nur schädlich für die Tierwelt, sondern auch ungemütlich für den Menschen. Schottergärten produzieren auch kaum Sauerstoff und es wird kein Feinstaub gebunden – die Luftqualität sinkt ebenfalls. Bei immer häufiger auftretenden Starkregenereignissen sorgt die Folie oder das Vlies zudem dafür, dass das Wasser in den Gärten stehen bleibt, was die städtische Kanalisation belastet.
Welche pflegeleichten Alternativen gibt es zu Schottergärten?
Dabei seien die Vorteile, die ein Schottergarten bietet, gering, sagt Karl-Heinz Wenz, Inhaber der Gärtnerei Wenz in Schauren und Kreisgärtnermeister. „Die Menschen denken, Schottergärten seien besonders pflegeleicht, aber das stimmt nur bedingt.“ Auch hier müsse regelmäßig Unkraut gejätet werden, nach gewisser Zeit müsse die Unterlage gewechselt werden und auch die Steine müssten gereinigt werden.
Es gebe pflegeleichte Alternativen, die umweltfreundlicher seien und gleichzeitig ein schöneres Erscheinungsbild böten, sagt Wenz. Der Gartenexperte empfiehlt zum Beispiel eine Bepflanzung mit Gehölzen und Stauden, die einen flachen, niedrigen Wuchs haben. „Wer nur einen flachen Wuchs bis rund 20 bis 30 Zentimeter Höhe haben will, sollte zum Beispiel immergrüne Pflanzen wie das blau, weiß oder rot blühende Vinca (Immergrün), die gelbblühenden Waldsteinia oder Pachysandra (Schattengrün) oder Thymian-Arten auswählen“, sagt Wentz. Blaukissen, Polsterphlox, Steinkraut und andere flach wachsende Stauden seien ebenfalls sehr gut möglich und würden durch ihre bunten Blüten für einen schönen Garten sorgen.

Besonders die bodendeckenden Pflanzen seien sehr pflegeleicht. „In den ersten ein bis zwei Jahren muss der Eigentümer vielleicht etwas Unkraut jäten, aber sobald der Boden zugewachsen ist, hat man seine Ruhe“, sagt Wenz. Ein weiterer Vorteil der immergrünen Bodendecker sei, dass sie auch den Winter in voller Pracht überstehen würden. „Es ist natürlich nicht so, dass man gar keine Arbeit hat, aber das trifft beim Schottergarten auch nicht zu“, erklärt der Kreisgärtnermeister. Er empfiehlt sich auf jeden Fall, in einer Gärtnerei oder Baumschule Beratung einzuholen. „Da rät fast niemand zum Schottergarten“, sagt der Gartenexperte mit einem Lachen.