Stimmen zum Intergem-Aus
Absage ein herber Schlag für den Wirtschaftsstandort
So sah es die vergangenen Jahre oft aus auf der Intergem: Trotz des guten Angebots waren die Flure meist leer. Jetzt haben die Veranstalter die Reißleine gezogen.
Vincent Dommer

Den Anspruch, das Schaufenster der Edelsteinregion Idar-Oberstein zu sein, konnte die Intergem schon seit vielen Jahren nicht mehr einlösen, nachdem sich immer mehr große Firmen zurückziehen. Jetzt haben die Verantwortlichen die Reißlinie gezogen.

Die Absage der Intergem ausgerechnet im Jubiläumsjahr hat für ein Beben in der Branche, aber auch in der Kommunalpolitik gesorgt. Die Fachmesse für Schmuck und Edelsteine war über 40 Jahre das Aushängeschild der Edelsteinregion Idar-Oberstein. Doch spätestens seit Corona klemmt es: immer weniger Aussteller, weiterhin viel zu wenige Fachbesucher – und das bei steigenden Kosten. Die geplante Neuausrichtung hat offenbar nichts gebracht: Die Veranstalter haben Anfang der Woche in Absprache mit dem Messeverein und den Gesellschaftern die Reißleine gezogen und die für 11. bis 13. April geplante Jubiläums-Intergem abgesagt. Dazu haben wir Stimmen aus der Branche gesammelt. Neben Bedauern wird da auch Kritik geäußert.

Jörg Lindemann, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Edelstein- und Diamantindustrie mit Sitz in Idar-Oberstein: „Ich bedauere es sehr, dass die Intergem als einstiges Flaggschiff unserer Industrie keine Zukunft mehr hat. Allerdings lügen die Zahlen nicht, belegen sie doch, dass sowohl auf Aussteller- als auch auf Besucherseite die Intergem mit ihrem jetzigen Konzept nicht mehr die nötige Akzeptanz genießt. Von dem Anspruch, ,die kleinste und feinste Edelsteinmesse der Welt' und das Schaufenster unserer hiesigen Industrie zu sein, hat sich die Intergem über die Jahre hinweg insbesondere durch das Fernbleiben namhafter Firmen immer weiter entfernt. Natürlich ist die Absage kein gutes Zeichen nach außen, jedoch halte ich diese Entscheidung für alternativlos. Mit einer Intergem 2025, die nur noch ein Schatten ihrer selbst ist, tut sich niemand einen Gefallen, man würde den Imageschaden sogar noch vergrößern. Ob in wirtschaftlich schwierigen Zeiten und der erkennbaren Tendenz vieler Firmen nach der Corona-Zeit, an eher weniger Messen teilzunehmen, in Zukunft eine ähnliche Veranstaltung mit dann neuem Konzept möglich sein wird, ist fraglich. Mit der Intergem bricht eine wesentliche Säule der Messe Idar-Oberstein weg, und so sollte es nun zunächst die vordringliche Aufgabe aller Beteiligten sein, den Messestandort Idar-Oberstein als wichtigen Impulsgeber für die Region zu erhalten, was ebenfalls nicht einfach sein wird.“

Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte e.V. (BVJ ) mit Sitz in Köln, hat das neue Konzept offensiv unterstützt. Er sagt: „Gerade die Jubiläumsausgabe wäre eine gute Chance zur Revitalisierung der Intergem gewesen. Das Konzept erschien uns schlüssig, zielführend und zweifelsfrei mit sehr viel Arbeit und Engagement verbunden.“

Mit der Einladung von Social Media-Influencern wie Katerina Perez (rechts) hat die Messe in den vergangenen Jahren versucht, mehr Aufmerksamkeit auf die Intergem zu lenken - mit überschaubarem Erfolg.
Vincent Dommer

Dieter Hahn, Seniorchef der Firma Ph. Hahn Söhne: „Mir tut es in der Seele weh, aber ich sehe keine Chance, die Intergem noch einmal wiederzubeleben. Die Hauptursache für das Aus sind für mich die extrem schwierigen Rahmenbedingungen in der Branche. Im Diamantgeschäft läuft es so schlecht wie noch nie. Bei diesen Herausforderungen beneide ich Geschäftsführer Mirko Arend nicht um seine Aufgabe.“

Joachim Roth, Mitbegründer der Intergem: „ Das ist sehr schade, auch für die Stadt Idar-Oberstein, denn die Intergem war ein weltweiter Werbeträger. Aber die Absage kommt nach der Entwicklung der vergangenen Jahre nicht überraschend. Meiner Meinung nach sind die Probleme hausgemacht. Es gibt immer noch genug gute Firmen in der Region. Das Potenzial für eine solche Messe wäre also nach wie vor da. Aber es hat am Marketing gehapert. Man muss immer wieder auf die Unternehmen zugehen und Vertrauen aufbauen. Was da über viele Jahre kam, war zu wenig. Auch der richtige Spirit hat gefehlt. Mit mehr Gemeinschaftsgeist wäre mehr möglich gewesen.“

Auch Landrat Miroslaw Kowalski bedauert es „sehr, dass die Jubiläums-Intergem ausfällt, weil diese Messe immer ein Markenzeichen und Aushängeschild für die Stadt Idar-Oberstein und den Nationalparklandkreis Birkenfeld gewesen ist. Aber ich hoffe, dass es gelingt, für die Zukunft wieder eine Fachmesse der für unseren Kreis weiterhin prägenden Schmuck- und Edelsteinindustrie mit einem modernen Konzept auf die Beine zu stellen.“ Kowalski weiter: „Insgesamt ist das Messegeschäft seit der Corona-Pandemie schwieriger geworden und bedarf neuer Impulse. Zumal die Intergem für die Messegesellschaft ein unverzichtbares Standbein darstellt, werden wir als Landkreis und Gesellschafter auch in Zukunft große Anstrengungen unternehmen, um eine tragfähige Basis für die GmbH und die Auslastung der Messehallen zu entwickeln.“

Kai-Uwe Hille, der frühere Geschäftsführer der Intergem und der Messe Idar-Oberstein: „Die Intergem ist für das Land, den Kreis und insbesondere die Stadt Idar-Oberstein ein wichtiges Marketing-Tool. Die Messe hat immer für viele Artikel und Beiträge in Fachzeitschriften und den digitalen Medien gesorgt. Dadurch wurde international verbreitet, welch hohe Kompetenz es in der Edelsteinregion gibt.“

Die Schmuckmodenschauen waren stets ein Höhepunkt der Intergem.
Vincent Dommer

„Die Absage ist sehr bedauerlich“, sagt Hille. „Schon das Verlegen vom September/Oktober 2024 in den April 2025 war aus meiner Sicht sehr unglücklich und nicht reiflich überlegt, ebenso die Umplatzierung von wichtigen Ausstellern sowie die Hallenaufteilung. Das hat viele Aussteller verärgert. Natürlich ist die allgemeine wirtschaftliche Lage zurzeit sehr schwierig, aber es ist meiner Meinung nach nicht unmöglich, die Intergem durchzuführen und auch die Messe Idar-Oberstein annähernd kostendeckend zu betreiben. In meiner Zeit als Geschäftsführer der Intergem (18 Jahre) und der Messe Idar-Oberstein (12 Jahre) ist mir dies überwiegend gelungen. Die Intergem und auch die Messe Idar-Oberstein sind sehr herausfordernde und arbeitsintensive Aufgaben, die ein Höchstmaß an Engagement und Kommunikation erfordern.“

Auch bei der Messe Idar-Oberstein haben sich über die Woche bereits mehrere Aussteller gemeldet und die Absage bedauert. Geschäftsführerin Scarlett Clauss vom Osmium Insitute etwa schrieb: „Ich fand die Intergem eine tolle Messe mit einem schönen Flair, netten Veranstaltern und einfach generell einer großartigen Atmosphäre. Ich hoffe, es wird mit einem neuen Konzept wieder attraktiver für mehr Aussteller!“

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