Konditorei in Großmaischeid 
Zwillingsschwestern schaffen Süßes für besondere Tage
Konditormeisterin Keana-Victoria Türk (links) und ihre Zwillingsschwester Sharon-Teresa Heinen erfüllen in der Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid Tortenwünsche.
Daniel Dresen

Keana-Victoria Türk betreibt seit zwei Jahren in Großmaischeid die Konditorei „Doppelt süß“. Der Name ist Programm, denn unterstützt wird die Konditormeisterin von ihrer Zwillingsschwester Sharon-Teresa Heinen. Zusammen erfüllen sie Tortenwünsche. 

Lesezeit 5 Minuten

Der Name der Konditorei „Doppelt süß“ sorgt nach mehr als zwei Jahren bei so manchem im 2400-Seelen-Dorf Großmaischeid noch immer für Verwirrung. Wird in den dort produzierten Backwaren doppelt so viel Zucker verwendet wie normalerweise üblich? „Natürlich nicht!“, kann Konditormeisterin Keana-Victoria Türk beruhigen. Vielmehr ist der Name der Backstube eine Anspielung auf die Zusammenarbeit mit ihrer Zwillingsschwester Sharon-Teresa Heinen. Von klein auf haben die beiden Schwestern einen tiefen Einblick in die Welt der Torten und Feingebäcke bekommen, schließlich ist ihre Mutter Anja Heinen selbst Konditorin gewesen. Dennoch entschied sich Keana-Victoria Türk nach dem Abitur am Martin-Butzer-Gymnasium in Dierdorf zunächst für eine Ausbildung als Industriekauffrau. „Doch das Büroleben hat mir nicht viel gegeben. Ich war schon immer jemand, der mit den Händen arbeiten wollte“, sagt Türk. Den Schritt, im Jahr 2019 ins Konditorenhandwerk zu wechseln, hatte ihr ihre Mutter aufgrund der dort herrschenden Arbeitsbedingungen abgeraten. „Ich habe allerdings einen ganz tollen Betrieb gefunden. Mir wurde viel zugetraut“, berichtet die 28-Jährige, die ihre Ausbildung als Konditorin in Andernach im Café „ Anna & Eva“ gemacht hat.

Zum Dahinschmelzen: eine Geburtstagstorte von der Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid
Keana-Victoria Türk

Nach der verkürzten 18-monatigen Lehre entschloss sie sich, im Anschluss ohne Gesellenjahre die Meisterschule zur Konditormeisterin an der Handwerkskammer Koblenz zu besuchen. Denn sie verfolgte das klare Ziel: eine eigene Konditorei. Im Jahr 2022 bekam sie den Meisterbrief überreicht. „Mir war es wichtig, hier in der Region zu bleiben. Nicht nur, damit ich kurze Arbeitswege habe. Denn ich finde es schade, dass die Dörfer immer mehr veröden“, erklärt Türk. Auf der Suche nach einer Backstube wurde sie in den leer stehenden Räumen der ehemaligen Bäckerei des Edeka Kern in Großmaischeid fündig. Im Jahr 2023 eröffnete sie schließlich ihre Konditorei „Doppelt süß“.

Die beiden Schwestern berichten von lustigen Verwechslungsgeschichten, die man von Zwillingen häufig zu hören bekommt. Mittlerweile greift Sharon-Teresa Heinen ihrer Schwester nur noch beim Marketing unter die Arme. In der Backstube wird Türk von der Konditormeisterin Johanna Sehner unterstützt, die sie aus ihrer Lehre kennt. Zudem hilft noch eine Minijobberin aus. 

Geburtstagstorte für ein "Pferdemädchen" von der Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid
Keana-Victoria Türk

Der Betrieb in Großmaischeid ist keine klassische Konditorei mit Café, sondern erfüllt vor allem Hochzeits- und Motivtortenwünsche auf Bestellung. Ihre aufwendig gestalteten Torten preisen die Schwestern auf ihren Social-Media-Kanälen auf Instagram und Facebook an. Viele ihrer Aufträge gingen per WhatsApp ein. Freitag- und samstagmittags bieten die Zwillingsschwestern zusätzlich Macarons, Törtchen, Brownies, Windbeutel, Tartelettes, Käsekuchen und Nussecken zum Mitnehmen an. „Wir wollten zunächst einmal klein anfangen“, erklärt Türk, die auch Mutter einer Tochter ist. An den beiden Tagen steht die Konditormeisterin auch für die persönliche Beratung bei der Planung von Torten für besondere Anlässe wie Hochzeiten, Taufen, Geburtstage, Kommunion oder Konfirmation zur Verfügung. Auch im Vorfeld von Feiertagen brummt es in der Backstube: Zu Weihnachten, Valentinstag und Ostern sei „landunter“. „Es gibt immer etwas zu feiern. Wir haben zuletzt eine Torte für einen halben Geburtstag, sprich sechs Monate, gemacht. Das war ganz witzig“, berichtet die Konditormeisterin.

Ein Orangentraum: eine Hochzeitstorte der Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid
Keana-Victoria Türk

Sie beobachtet bei Hochzeitsplanungen den Trend, dass die Torten kleiner ausfallen, aber zusätzlich Tartelettes und Törtchen in Auftrag gegeben werden. „Viele wollen etwas Tolles auf dem Tisch stehen haben, aber auch der Geschmack muss stimmen. Viele verbinden mit aufwendigen Torten, dass sie zu süß und zu mächtig sind“, so Türk. Die Konditormeisterin verwendet daher statt fettiger Buttercreme in ihren Torten oft Mus. Ihre härteste Kritikerin ist ihre Zwillingsschwester Sharon-Teresa. „Ich finde es toll, dass ihre Sachen nicht so pappsüß sind“, meint sie. Sie zollt ihrer Schwester großen Respekt, für ihre modellierten Figuren und ihr genaues Arbeiten. Selbst Frankreich-Touristen würden von den Macarons ihrer Schwester schwärmen. Ideen für ihre Kreationen sammelt Türk im Internet oder ist selbst kreativ: Abends sitzt sie mit einem Klemmbrett auf dem Sofa und zeichnet grobe Skizzen möglicher neuer Gebäcke.

Mini-Nussecken aus Großmaischeid sind der Renner

Ein Dauerbrenner im „Doppelt süß“ sind die Mini-Nussecken, die nur ihre Mutter Anja Heinen nach ihrem Geheimrezept machen darf. Heiß begehrt waren in diesem Jahr auch sogenannte Muttertagsboxen mit einer kleinen Auswahl an süßen Köstlichkeiten in einer Geschenkverpackung. Die Nachfrage war so groß, dass Türk Verpackungsmaterial nachbestellen musste. Bei der Abholung am Samstag vor Muttertag bildete sich vor der Backstube eine Schlange. „Ganz Großmaischeid hat sich wohl gefragt, warum hier so viele Autos langfahren“, berichtet die Konditormeisterin. 

Hüftgold für Hochzeitsgäste: eine Hochzeitstorte der Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid
Keana-Victoria Türk

Angesagt seien bei jungen Familien im Westerwald auch inzwischen „Gender Reveal Partys“, bei denen werdende Eltern auf einer Feier das Geschlecht ihres noch ungeborenen Kindes verraten. Als weiteren Trend hat Türk vegane, gluten- oder laktosefreie Torten ausgemacht. „Eine dreistöckige vegane Hochzeitstorte hat uns alle Nerven gekostet“, berichtet Türk mit einem Lächeln im Gesicht. In seltenen Fällen bekommt die Großmaischeider Konditorei auch schon mal ungewöhnliche Anfragen: Ein fragwürdiger Trend, der von den USA nach Deutschland schwappt, ist der „Cake Smash“, ein zuckerfreier Kuchen, der Kleinkindern an ihrem ersten Geburtstag gereicht wird. Von dieser Matscherei werden dann Erinnerungsfotos geschossen. „Da weiß ich nicht, ob ich das moralisch vertreten kann. Wir setzen hier schließlich gute Zutaten ein“, sagt Türk.

Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung

Der Großmaischeider Betrieb will ein deutliches Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung setzen und ist daher auf der Onlineplattform „To Good To Go“ registriert. Hier bieten sie gelegentlich Nutzern der App Backwaren zu einem vergünstigten Preis an, die bisher keinen Abnehmer gefunden haben und ansonsten in der Mülltonne gelandet wären. „Ich möchte nichts wegschmeißen, dafür ist es zu schade“, sagt Türk. Die Teilnahme habe sich bislang für die Konditorei ausgezahlt, da über die App neue Kunden gewonnen würden, die neben den günstig angebotenen Waren bei der Abholung auch häufig noch Leckereien zum Normalpreis kaufen würden. 

Die Konditorei "Doppelt süß" in Großmaischeid kann nicht nur aufwendige Motivtorten sondern auch andere Leckereien wie kleine Kuchen, Tartelettes und Macarons herstellen.
Daniel Dresen

Mit ihrem Verkaufswagen zeigen die Schwestern zudem Präsenz auf Märkten in Neuwied, Hachenburg oder Montabaur. In Großmaischeid profitiert die Konditorei vom Hotel Naturresort Tannenhof, wo häufig Hochzeiten veranstaltet werden und die entsprechende Torte praktischerweise beim Handwerksbetrieb um die Ecke in Auftrag gegeben werden kann. 

Top-News aus der Region