Kreis Neuwied
Zinswende: Der klassische Sparer wird profitieren – auch an Rhein und Wied
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Kreis Neuwied. Die EZB kündigt eine Änderung ihrer Geldpolitik an. Wie sich das im Kreis Neuwied auswirken könnte - darüber haben wir mit Vertretern der heimischen Banken gesprochen. Dabei kam durchaus Positives heraus.

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Früher war es einfach: Wer fleißig spart, bekommt Zinsen und kann sein Geld vermehren. Das ist allerdings schon lange nicht mehr so. Sparer mussten zuletzt im schlimmsten Fall sogar noch Geld an die Bank zahlen. Doch nun ist ein Ende dieser Situation in Sicht, denn die Europäische Zentralbank (EZB) hat jüngst angedeutet, ihre Geldpolitik zu ändern, um der Inflation entgegenzuwirken. So stellte EZB-Chefin Christine Lagarde für den Sommer dieses Jahres eine Wende in Aussicht. Konkret würde dies auch für Neuwieder Sparer bedeuten, dass der Leitzins im Juli steigen könnte.

Doch was genau versteht man unter dem Begriff Zinswende? Was kommt auf Sparer zu, und was müssen Kunden beachten, die zum Beispiel den Kauf einer Immobilie planen? Darauf wissen Dr. Hermann-Josef Richard, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Neuwied, Konrad Breul vom Vorstand der Raiffeisenbank Neustadt und Andreas Harner, Vorstandssprecher der VR Bank Rhein-Mosel, Antworten. Denn fest steht: Zumindest für Sparer bedeuten steigende Zinsen grundlegend gute Nachrichten.

„Weiterhin sollten Käufer und Bauherren auch die hohe Inflation im Auge behalten.“

VR-Bank-Chef Andreas Harner warnt.

„Rein fachlich gesehen, bezieht sich der Begriff Zinswende auf die Richtungsänderung des Leitzinses der Zentralnotenbanken“, erklärt Richard. Doch habe dieser Begriff in der aktuellen Situation vor allem auch Symbolcharakter, denn nach einer sehr langen Niedrigst- beziehungsweise Nullzinsphase seien wieder steigende Zinsen zu verzeichnen, die eine Wende einläuten könnten. Und diese hat lange auf sich warten lassen.

So erinnert sich Breul: „Anfang der 90er-Jahre lag das Zinsniveau bei 8 Prozent. Da liegen wir heute mit 0,85 Prozent circa 90 Prozent niedriger.“ Kurzfristige Trendwechsel habe es in den vergangenen 30 Jahren immer wieder gegeben, daher sei es mehr als fraglich, ob man jetzt den Punkt erreiche, ab dem die Zinsen immer weiter steigen, gibt Breul zu bedenken.

Rat der EZB tagt von heute an

Dennoch scheint Bewegung ins Spiel zu kommen, denn wenn der Rat der EZB am heutigen Donnerstag in Amsterdam über die künftige Geldpolitik berät, dürfte es spannend werden. „Banken könnten, sofern die EZB die derzeit noch bestehende Praxis der Negativzinsberechnung für geparktes Geld aufhebt, auf die Berechnung von Verwahrentgelten verzichten“, erklärt Harner.

Doch nicht jede Bank erhebt Gebühren für die Verwahrung von Geld. So zahle der klassische Sparer bei der Sparkasse Neuwied kein Verwahrentgelt. Dieses werde lediglich auf Girokonten erhoben, auf denen höhere Geldbeträge geparkt werden. „Wir geben 1:1 die Negativzinsen weiter, die wir auch an die EZB zahlen müssen”, betont Richard. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Wenn die Negativzinsen der EZB wegfallen, werden diese auch sofort an die Sparkassenkunden weitergegeben.

Ebenso verfahren auch die VR-Bank sowie die Raiffeisenbank Neustadt. So betont Breul, dass langjährige Sparer bei der Raiffeisenbank zu keinem Zeitpunkt mit Verwahrentgelten konfrontiert waren: „Lediglich für Neukunden haben wir vor einem Jahr eine Freibetragsregelung eingeführt, um nicht mit Geldern geflutet zu werden, weil andere Banken restriktiver mit dem Thema Verwahrentgelt gearbeitet haben.“

Folgen für Immobilienfinanzierung

Doch nicht nur auf Sparer könnte sich die Zinswende auswirken, auch diejenigen, die zum Beispiel den Kauf einer Immobilie planen, sollten einiges beachten. So sei es grundsätzlich sinnvoll, eine möglichst lange Zinsbindung zu wählen. „Es gibt diverse Finanzierungsbausteine, die unter anderem auch Zinsbindungen bis zu 30 Jahren sicherstellen können, sodass man je nach individueller Situation vollständige Planbarkeit darstellen kann und somit unabhängig von weiteren Zinssteigerungen ist“, erklärt Harner. Auch Bausparen sei ein guter Weg. So könne man sowohl Eigenkapital aufbauen als sich auch einen niedrigen Darlehenszins sichern. „Weiterhin sollten Käufer und Bauherren auch die hohe Inflation im Auge behalten“, betont Harner.

Zur Vorsicht und überlegtem Handeln rät auch Breul. So sei bereits seit Jahresbeginn ein spürbarer Anstieg der Hypothekenzinsen zu verzeichnen, und dies bedeutet in Kombination mit der ebenfalls deutlichen Erhöhung der Baukosten und Immobilienpreise eine erhebliche Mehrbelastung. „Da leider niemand sagen kann, wie sich sowohl die Zinsen als auch die Baupreise entwickeln, sollte man auf möglichst feste Baupreise achten und sich nur so hoch verschulden, wie man es gut verkraften kann“, rät Breul.

Mit Blick auf die Zukunft sind mehrere Szenarien denkbar. So könnten kurzfristig durchaus weitere Zinssteigerungen möglich sein. Mittel- bis langfristig könne man allerdings keine Prognosen stellen, so Richard. Ähnlich sieht es auch Breul. So spreche die hohe Inflation einerseits eindeutig für steigende Zinsen, andererseits haben sich zahlreiche Staaten aufgrund der Corona-Pandemie oder auch aufgrund der Kosten des Ukraine-Krieges hoch verschuldet.

Bei der VR-Bank rechnet man dagegen mit einem moderat ansteigenden Zinsniveau in den kommenden Monaten. Obgleich auch Harner betont, dass eine Prognose aufgrund der aktuell herausfordernden Umfeldbedingungen schwierig sei.

Von Regine Siedlaczek

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