Es brodelt in Gierenderhöhe. Denn neben der seit Jahren zunehmenden Verkehrsbelastung auf der B256 gibt es seit Kurzem ein weiteres Problem, was den Anwohnern auf der Seele brennt. Satt werden im Ortsteil von Oberhonnefeld-Gierend nämlich nicht nur die dort lebenden Menschen, sondern auch ungebetene Gäste: Die Anwohner Sabrina und Sebastian Mooz zeigen Fotos von toten Ratten, die auf der B256 und auf einem Privatgrundstück liegen. Eine weitere Aufnahme ist von jungen Ratten gemacht worden, die eigentlich dämmerungs- und nachtaktiv sind, aber am hellichten Tag in einem Garten auftauchen. Andere Fotos sind von überlaufenden Mülltonnen eines Privathaushalts und eines Gewerbetreibenden. Der Betrieb hat säckeweise Restmüll neben der vollen schwarzen Tonne mutmaßlich illegal zwischengelagert. Der Deckel der Tonne steht auf.
Das Rattenproblem schwele seit eineinhalb Jahren in der Gemeinde, berichten Sabrina und Sebastian Mooz. Die Anwohner hätten dieses auch bereits in einer Ortsgemeinderatssitzung angesprochen. Obwohl die Verbandsgemeindewerke Rengsdorf-Waldbreitbach mit Rattenködern gegen die Schädlinge vorgegangen seien, habe sich das Problem noch nicht in Luft aufgelöst, denn es werde laut Familie Mooz nicht an der Wurzel allen Übels angepackt. „Die Müllproblematik wird immer schlimmer. Da hat man in meinen Augen nichts gemacht. Das Rattenproblem kann ja nur daher kommen“, sagt Sabrina Mooz. Das Müllproblem speise sich aus drei Quellen: Autofahrern, die auf der Durchreise ihren Müll in Oberhonnefeld-Gierend abladen, sowie Gewerbetreibenden und Anwohnern im Dorf, die ihre Mülltonnen überfüllen würden.
„Wir wollen ernst genommen werden. Ich möchte, dass das Problem gesehen wird. Ich habe keine Lust, dass meine Kinder irgendwann im Garten die vergifteten Ratten in der Hand halten.“
Anwohnerin Sabrina Mooz
Bei Ortsbürgermeister Harald Berndt, auf das Ratten- und Müllproblem angesprochen, beobachten die Anwohner eine gewisse Hilflosigkeit. Als Mutter von zwei kleinen Kindern erwartet Sabrina Mooz von der Ortsspitze ein entschiedenes Handeln: „Wir wollen ernst genommen werden. Ich möchte, dass das Problem gesehen wird. Ich habe keine Lust, dass meine Kinder irgendwann im Garten die vergifteten Ratten in der Hand halten.“
Gewerbegebiet als Klo bei Lkw-Fahrern beliebt – Hundehalter nutzen Seitenstraßen
Zur öffentlichen Freilufttoilette für Lkw-Fahrer habe sich mittlerweile die Straße „Über dem Stellweg“ im Gewerbegebiet entwickelt, wo nachts Brummifahrer Rast machen und dort ungestört ihre Fäkalien hinterlassen würden. Um den Lkw-Fahrern dort das Parken zu erschweren, seien zwar bereits Betonklötze an den Straßenrand gestellt worden, doch die Lkw-Fahrer würden ihr Fahrzeug nun mittig auf der Straße abstellen, weil es nachts im Industriegebiet keinen Durchgangsverkehr gebe. Familie Mooz befürchtet, dass der Ortsteil Gierenderhöhe zur „Kloake“ von Autobahnnutzern verkommt. Ein neues Phänomen sei, dass Hundehalter unter den Autofahrern auf der A3 in Gierenderhöhe einen Zwischenstopp einlegen, um in den ruhigen Seitenstraßen mit ihrem Vierbeiner Gassi zu gehen. Die Hinterlassenschaften ihres Tieres würden sie dann allerdings zurücklassen.
Ortsbürgermeister Harald Berndt spricht von „schwieriger Gemengelage“
Unsere Zeitung hat Ortschef Harald Berndt auf die Missstände angesprochen. Er spricht bezüglich der Gierenderhöhe von einer „sehr schwierigen Gemengelage“. Berndt weiß, dass die Verbandsgemeindewerke in der Kanalisation Giftköder für Ratten ausgelegt hätten. „Es ist nicht so, dass wir nichts versuchen“, so Berndt. Der Köder würde mittlerweile von den Schädlingen nicht mehr so stark angenommen werden, ein Zeichen, dass die Zahl der Ratten weniger würde. Von einer Rattenplage könne nach Einschätzung der Verbandsgemeindewerke nicht die Rede sein. Ortschef Berndt bestätigt den Eindruck der Anwohner, dass manche Haushalte und Gewerbebetriebe ihre Restmülltonne überfüllen und den restlichen Müll in Plastiksäcken daneben stellen. Regelmäßige Kontrollen durch das Ordnungsamt der VG seien angesichts nur eines zuständigen Außendienstmitarbeiters für die 20 Dörfer schwierig.

„Was meinen Sie, wie oft ich hier meinen Gemeindearbeiter losschicke, wenn mal wieder illegal Müll entsorgt wurde. Es ist Wahnsinn, was da weggeworfen wird“, sagt Berndt. In einem Waldgebiet hätten bereits zweimal Unbekannte vermutlich gestohlene Kupferkabel verbrannt, um die wertvollen Kupferdrähte durch die Hitze vom Kunststoff zu lösen. Der Kunststoffmüll wurde im Wald zurückgelassen. Die Ortsgemeinde habe jeweils Anzeige gegen Unbekannt erstattet. „Wir sind sehr nah an der Autobahn. Die Autofahrer kommen schnell herunter, laden ihren Müll ab, und dann geht es weiter“, so Berndt.
„Für mich als Ortsbürgermeister ist die große Frage, was ich dagegen machen kann. Im Moment bin ich ein wenig ratlos.“
Harald Berndt, Ortsbürgermeister von Oberhonnefeld-Gierend, zur Müllproblematik
Die Beobachtung, dass Autofahrer mit Vierbeinern den Stopp in Gierenderhöhe vermehrt zum Gassi gehen nutzen, dann aber nicht die Hinterlassenschaften ihrer Tiere wegmachen, sei für Berndt neu. „Schauen Sie, wie viele Ladestationen wir für E-Autos haben. Während des Ladevorgangs des Autos gehen sie dann mit dem Hund eine Runde“, vermutet Berndt. Hintergrund: Im Gewerbegebiet Westerwaldpark an der A3 befindet sich eine der größten E-Ladestationen des US-Autobauers Tesla in Europa.
Hinsichtlich des Problems mit Müll und Fäkalien von Lkw-Fahrern in der Straße „Über dem Stellweg“ verzeichnet Berndt einen kleinen Erfolg. „Nach dem Aufstellen der Betonklötze ist es deutlich weniger geworden.“ Angesichts der vielschichtigen Müllproblematik im Ortsteil Gierenderhöhe sagt er: „Für mich als Ortsbürgermeister ist die große Frage, was ich dagegen machen kann. Im Moment bin ich ein wenig ratlos.“

Gierenderhöhe klagt über zu viel Verkehr auf der B256
Verkommt der Ortsteil Gierenderhöhe zu einem Gewerbepark wie in Mülheim-Kärlich? Anwohner in Oberhonnefeld-Gierend schlagen Alarm: Die Belastung durch die B256 und die A3 sei schon vor der Eröffnung zweier weiterer Discounter im Dorf viel zu hoch.