Im 800-Seelen-Ort Hardert herrscht dicke Luft zwischen einigen Bürgern, die in der Nähe der Haltestelle „Linde“ wohnen, und dem Busunternehmen Bischoff-Touristik. Die Wendeanlage wird inzwischen von den Busfahrern teilweise nicht mehr angefahren, obwohl dort eigentlich die Bushaltestelle steht, berichten Anwohner. Stattdessen halten sie an der Mittelstraße an, um dort Fahrgäste rein- oder herauszulassen. Hupend würden die Busfahrer an der „neuen Haltestelle“ auf sich aufmerksam machen. Das sei am frühen Morgen, aber auch nachts, der Fall. Es habe aber auch schon die Situation gegeben, dass die Busse den an der richtigen Haltestelle wartenden Fahrgästen einfach vor der Nase weggefahren seien.
Neben der „Abgas- und Lärmbelästigung“ klagen die Anwohner über die „permanente Gefährdung“ im Straßenverkehr durch die Busse. Einer von ihnen ist Bernd Juhn. Mit einem Banner „Stoppt den Bus-Wahnsinn“ will er auf das Problem aufmerksam machen. „Es kommt immer wieder zu Beinahe-Unfällen“, berichtet Juhn.
„Mein Mann fährt nur noch mit Dashcam.“
Eine Anwohnerin aus Hardert
Nicht nur in Hardert selbst, sondern auch auf der K 104 nach Straßenhaus kann es schon mal sehr eng und gefährlich werden. Dort würden die Busfahrer durch aggressive Fahrweise negativ auffallen, berichten mehrere Anwohner. Zum Repertoire habe auch schon ein an beiden Händen gestreckter Mittelfinger gehört, berichtet einer der Anwohner. „Mein Mann fährt nur noch mit Dashcam“, sagt seine Frau. So will das Paar per Videoaufnahme Beweise sichern, falls es mal zu einer brenzligen Situation mit einem Bus kommen sollte. „Du hast richtig Panik, wenn du von hier nach Straßenhaus fährst“, sagt sie. Die Reiterin habe auch schon auf ihrem Pferd üble Bekanntschaft mit einem Busfahrer machen müssen, der viel zu nah aufgefahren sei.
Bernd Juhn will sich gegen das rücksichtslose Verhalten einiger Busfahrer wehren. „Es geht nur noch der Weg, dass man jede Kleinigkeit zur Anzeige bringt“, meint der Anwohner. Aus seiner Sicht sei der ÖPNV „völlig am Bedarf vorbei geplant“. Bislang hält die Linie 120 von Montag bis Freitag pro Tag 37-mal an der Haltestelle „Linde“. Er fordert von den Verkehrsplanern, dass bei der nächsten Vergabe deutlich weniger und kleinere Busse eingesetzt werden.
Die Ortslage Hardert ist kein besonderer Unfallschwerpunkt.“
Jonas Otto, Prokurist bei Bischoff-Touristik
Die RZ hat Bischoff-Touristik auf die Vorwürfe der Anwohner in Hardert angesprochen. „Unser Ziel ist es nicht jemanden zu verärgern, sondern einen qualitativ hochwertigen, zuverlässigen und pünktlichen ÖPNV anzubieten und durchzuführen. Zu konstruktiver Kritik haben wir – wie auch in der Vergangenheit üblich – immer Stellung genommen und das Fahrpersonal entsprechend sensibilisiert“, teilt Prokurist Jonas Otto in einer schriftlichen Stellungnahme mit.
Die Schilderungen von Verkehrssituationen mit Beinahe-Unfällen in Hardert könne das Unternehmen nicht bestätigen. „Die Ortslage Hardert ist kein besonderer Unfallschwerpunkt“, sagt Otto. Seit der Betriebsaufnahme durch Bischoff-Touristik im Jahr 2021 sei es zu einem Unfall innerorts gekommen. Ein entgegenkommender Pkw hatte einen Linienbus gestreift. „Die Polizei sprach hier dem Unfallgegner die Schuld zu, da dieser die Vorfahrt missachtet hatte“, berichtet Otto. Außerhalb von Hardert gab es im September 2023 auf der K 104 einen schwereren Unfall mit zwei Verletzten. Hier kam ein Linienbus von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. „Ursache des Unfalls war ein gesundheitlicher Ausnahmezustand eines Fahrers“, so Otto.
Hardert wird häufiger angefahren
Da vielerorts Kreisstraßen und Ortsdurchfahrten nicht viel breiter als 4,50 Meter seien, könne es bei der Breite eines Linienbusses von 2,55 Meter im Begegnungsverkehr eng werden, sodass alle Verkehrsteilnehmer gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen müssten. „Leider erleben unsere Fahrer täglich, dass ihnen die Vorfahrt genommen wird, an unübersichtlichen Stellen überholt wird oder dass es bei einzelnen Verkehrsteilnehmern wenig Verständnis für den ÖPNV im ländlichen Raum gibt“, beklagt Otto.
Die Verkehrsleistung des bisherigen Betreibers könne nicht mit der von Bischoff-Touristik verglichen werden. Hardert werde seit dem Jahr 2021 häufiger angefahren, um das Dorf an die umliegenden Orte anzuschließen. Seit drei Jahren werde Hardert auch nach 20 Uhr und am Wochenende im Zwei-Stunden-Takt bedient. Bei einzelnen Fahrten kämen Doppelstockfahrzeuge zum Einsatz, „um dem gestiegenen Fahrgastaufkommen gerecht zu werden“.
Es wurde uns von mehreren Fahrern berichtet, dass ein Anwohner, der unmittelbar in der Nähe der Haltestelle wohnt, diese verbal attackiert habe und sie dazu aufgefordert haben soll, nicht mehr an der Haltestelle zu halten.
Jonas Otto, Prokurist bei Bischoff-Touristik
Vonseiten des Unternehmens gebe es eine „klare dienstliche Anweisung“ an die Busfahrer die Haltestelle Linde in Hardert „immer zu befahren“. Bischoff-Touristik seien mehrere Vorfälle bekannt, in denen die Haltestelle durch dort abgestellte Fahrzeuge „nicht befahrbar“ gewesen sei. „Es wurde uns von mehreren Fahrern berichtet, dass ein Anwohner, der unmittelbar in der Nähe der Haltestelle wohnt, diese verbal attackiert habe und sie dazu aufgefordert haben soll, nicht mehr an der Haltestelle zu halten“, so Otto. In einzelnen Fällen könne es also dazu kommen, „dass Fahrer die Haltestelle Hardert Linde nicht ordnungsgemäß bedient haben, um eine Eskalation zu vermeiden. Dies ist jedoch in keinem Fall durch uns betrieblich angeordnet worden.“
Sobald das Unternehmen Hinweise mit Datum und Uhrzeit zu einer Pflichtverletzung des Fahrpersonals erhalte, gehe es diesen umgehend nach und spreche mit dem Fahrpersonal. Die Vorwürfe der Harderter Anwohner, zur mutmaßlich aggressiven Fahrweise und zu beleidigenden Gesten seiner Busfahrer, kommentiert Otto nicht.
Ende vergangenen Jahres haben die Ortsgemeinden Hardert, Rengsdorf und Bonefeld einen Beschwerdebrief formuliert, in dem das Busunternehmen Bischoff-Touristik unter anderem wegen der teilweise "rücksichtslosen Fahrweise" seiner Busfahrer und des Einsatzes von Doppelstockbussen kritisiert wird.Bischoff-Touristik in der Kritik: Vorwürfe wegen „rücksichtsloser Fahrweise“ – Busunternehmen kontert