Segendorfer Wohnprojekt stellt sich im Rahmen der ersten Wohnprojektwoche in Rheinland-Pfalz vor
Wohnprojekt La Compostella in Segendorf: Gutes Beispiel für andere Initiativen?
La Compostella Wohnprojekt
Gemeinsam leben und sich gegenseitig unterstützen: Das ist das Motto der Bewohner von La Compostella in Segendorf. Foto: Regine Siedlaczek
Regine Siedlaczek

Segendorf. Das Segendorfer Wohnprojekt „La Compostella“ stellt sich im Rahmen der ersten rheinland-pfälzischen Wohnprojektwoche vor. Bereits im Vorfeld war das Interesse daran groß. 

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Ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden führen, das wünschen sich die meisten Menschen. Und dieser Wunsch betrifft schon längst nicht mehr nur die ältere Generation, auch bei jüngeren Menschen wächst der Wunsch nach alternativen, gemeinschaftlich organisierten und generationsübergreifenden Wohnformen, und eine solche findet sich auch in Neuwied. La Compostella gehört seit 2018 zu Segendorf wie der Pegelturm zur Deichstadt, und ebenso wie eine Vielzahl anderer Wohnprojekte in Rheinland-Pfalz, nutzt die Gemeinschaft die Gelegenheit, sich im Rahmen der ersten Wohnprojektwoche in Rheinland-Pfalz interessierten Bürgern vorzustellen.

Wir wollen im sozialen Miteinander langfristig verbunden sein und führen gemeinsame Aktionen durch.

Gisela Heimen, Bewohnerin von La Compostella

Initiiert von der Landesberatungsstelle Neues Wohnen finden zwischen dem 15. und 23. Juni zahlreiche Veranstaltungen statt, bei denen Wohnprojekte in Gründung oder bereits bestehende Projekte ihr Engagement sichtbar machen können. Und diesen Plan verfolgt auch La Compostella, wo am Freitag, 21. Juni, ab 19 Uhr alle Fragen rund um das Thema „Leben an der Wied – gemeinschaftlich und offen“ beantwortet werden.

Noch gut erinnert sich Bewohnerin Gisela Heimen an die Anfänge von La Compostella, die bis in das Jahr 2011 zurückreichen. Damals sprach man bei einer Doppelkopfrunde darüber, wie man in Zukunft leben wolle. „Wir träumten damals von Altersruhesitzen im schönen Burgund und bei einem Ausflug dorthin entdeckten wir den Neubau einer Seniorenresidenz namens „La Compostèle“, und daraus wurde La Compostella“, verrät Heimen.

Entscheidung fiel im Jahr 2013

Und die spontane Idee, ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu initiieren, nahm rasch Gestalt an, sodass bereits 2013 die Entscheidung fiel, ein rund 5500 Quadratmeter großes Grundstück in Segendorf zu erwerben, auf dem damals 14 interessierte Personen ihren Traum vom Leben in der Gemeinschaft verwirklichen wollten. Seither ist viel passiert, so zogen 2018 die ersten acht Bewohner ein. Und die Zahl wuchs kontinuierlich weiter: Heute leben 21 Menschen zwischen 14 und 90 Jahren in 15 Wohneinheiten auf dem Gelände. „Als 2019 entschieden wurde, dass auch der letzte Bauabschnitt mit unserem Architekten Stefan Schäfer umgesetzt werden sollte, zogen die letzten vier Parteien, darunter auch ein damals 14-jähriges Mädchen ein“, erinnert sich Heimen.

Doch was macht das Leben in La Compostella so besonders? Heimen weiß die Antwort: „Wir wollen im sozialen Miteinander langfristig verbunden sein und führen gemeinsame Aktionen durch.“ Hinzu kommt, dass das Wohnprojekt nicht von einem Bauträger oder einer Kommune initiiert wurde, sondern gänzlich aus einer privaten Initiative heraus entstanden ist, die sich selbst verwaltet.

Großer Gemeinschaftsraum

Und das Gelände lässt keine Wünsche offen: Für gemeinsame Aktionen steht ein großer Gemeinschaftsraum zu Verfügung, wo regelmäßig Treffen, Besprechungen oder kleine Workshops wie zum Beispiel Töpfern stattfinden. Getreu dem Motto gemeinsam statt einsam, steht dieses Gefühl der Verbundenheit bei allem an erster Stelle. Doch das Zusammenleben zahlreicher Menschen bringt auch Herausforderungen mit sich, denn dort, wo jede Entscheidung gemeinsam getroffen wird, ist ein hohes Maß an Geduld und Toleranz gefragt. „Entscheidungsprozesse dauern manchmal sehr lange, da wir alles gemeinsam besprechen“, erklärt Heimen, die ebenso wie ihre Mitbewohner weiß, dass zu einem gemeinschaftlichen Leben auch Kompromissbereitschaft gehört. Und dennoch: Missen möchte niemand das gemeinschaftliche Wohnen. „Wir helfen uns gegenseitig, unterstützen uns im Alltag und finden gemeinsam Lösungen, wenn es Probleme gibt“, so Heimen.

Derzeit liegt sie Altersstruktur der La-Compostella-Bewohner bei 60 plus, auch wenn aktuell auch zwei Teenager dort zu Hause sind. Ein Umstand, der die Gemeinschaft bereichert, aber nur selten vorkommt: „Ich denke, dass es für junge Familien immer eine Frage der Flexibilität und der Kosten ist, da neben den normalen Miet- beziehungsweise Baukosten auch andere Umlagen hinzukommen“, erklärt Heimen den Grund, warum derzeit eher ältere Menschen sich für ein Leben in Gemeinschaft entscheiden.

Vorbild für andere Initiativen

Und das Segendorfer Wohnprojekt geht mit gutem Beispiel voran, so kam es bereits mehrfach vor, dass andere Initiativen La Compostella besuchten, um sich einen Eindruck vom gemeinschaftlichen Wohnen zu verschaffen. Für die Zukunft steht fest, dass La Compostella in Segendorf nicht mehr wachsen kann. Das Grundstück ist vollständig bebaut. Jedoch stehe aktuell eine Wohnung zum Verkauf. Ansprechpartner sei in dieser Sache Ludger Kamp.

Und auch am 21. Juni sollen Interessierte erleben können, was es bedeutet, sich einem Wohnprojekt anzuschließen. So stehen an diesen Tag nicht nur ein gemütlicher Austausch auf dem Programm, auch das Gelände sowie eine Wohnung und die Gemeinschaftsräume können erkundet werden.

Wer Interesse hat, sich einem Wohnprojekt anzuschließen oder eines zu gründen, kann sich sowohl an den ehrenamtlichen Verein Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) gemeinschaftliches Wohnen in Rheinland-Pfalz oder direkt an die Landesberatungsstelle Neues Wohnen bei der LSJV in Mainz wenden.

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