Kunstverein auf Asas-Gelände
Wie Kunst und Industrie in Neuwied zusammenfinden
Auf dem ehemaligen Rasselsteingelände finden sich die Ausstellungsräume des Neuen Kunstvereins Mittelrhein. Für den ersten Vorsitzenden des Vereins, Elmar Hermann, ist das Industriegebäude aus den 30er-Jahren ideal.
Justin Buchinger

Der NKVM will internationale und aktuelle Künstler nach Neuwied bringen. Seine Ausstellungshalle hat der Verein auf dem Asas-Gelände. Vereinsvorsitzender Elmar Hermann erklärt, was die Halle und die Zusammenarbeit mit der Firma besonders macht.

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Fast versteckt liegt die Ausstellungshalle des Neuen Kunstvereins Mittelrhein (NKVM) auf dem Gelände der Firma Asas in Neuwied. In dem dreistöckigen Industriegebäude aus den 30er-Jahren hat der Verein vor einigen Jahren seine Heimat gefunden. „Es ist Wahnsinn. So etwas kennt man nur aus London“, sagt Elmar Hermann, erster Vorsitzender des NKVM.

Als der Künstler aus Düsseldorf zurück in seinen Heimatort Neuwied zog, war er auf der Suche nach einem Atelier. Auf dem ehemaligen Rasselstein-Gelände wurde er fündig. Die Geschichte des Orts und dass Asas derzeit dort Hallen abreist oder umbaut, um Lager und Fertigungsstätten zu errichten, ist für Hermann eine Besonderheit. „Das ist ein Produktionsort, kein Museum.“ Schon bei „Werk“, der ersten Ausstellung, die der Künstler auf dem Gelände initiierte, standen Produktionsprozesse im Fokus.

NKVM will internationale Kunst in Neuwied zeigen

Das sei eine rote Linie, die sich durch alle Ausstellungen ziehe, auch nachdem sich die Gruppe aus Künstlern und Kunstinteressierten um Hermann 2022 zum NKVM zusammenschloss. Der Verein will internationale Künstler nach Neuwied holen und arbeitet dafür mit wechselnden Kuratoren. Zwar gebe es in der Region auch viele kulturelle Angebote, jedoch reichten diese nur selten über die lokale Kunstszene hinaus, so Hermann.

Dabei geht es nicht nur darum zeitgenössische Künstler aus aller Welt und ihre Werke nach Neuwied zu bringen, sondern auch darum, dass diese dort ihre Kunst erschaffen können. Bisher geschieht das in einem Nebengebäude, der alten Werksfeuerwehr, wo eine Kunstwerkstatt eingerichtet ist. Eine größere Werkstatt soll in einem benachbarten Gebäude, eingerichtet werden.

In wenigen Monaten soll die nächste Ausstellung des NKVM auf den drei Stockwerken der Halle aufgebaut werden.
Justin Buchinger

Hermann ist immer noch begeistert von dem Gebäude. In Rheinland-Pfalz sei so eine Umnutzung noch selten. Von außen unscheinbar, sei das Innere hervorragend für die Ausstellungen geeignet. Der Verein kann die offenen Flächen und das umliegende Gelände flexibel nutzen, mit einem Lastenkran können auch schwere Kunstwerke auf die Ausstellungsflächen gebracht werden, und große Fenster lassen nicht nur genug Licht herein, sondern geben einen Blick auf die Wied, die direkt hinter dem Gebäude fließt, frei.

„Von Anfang an hat Asas die Nähe zu Kunst und Kultur gesucht“, erklärt Fred Häring, Director Business Development und Partnerships bei Asas. In der Türkei hat das Unternehmen eine eigene Kunsthalle auf seinem Gelände, fördert Kunstfakultäten an fünf Universitäten und veranstaltet Kunstwettbewerbe. Aber das Unternehmen arbeitet auch direkt mit Künstlern zusammen und produziert deren Werke aus Aluminium in seiner Fabrik in der Türkei. Etwa „Don Carlos“, ein 1,8 Meter hoher Pokal aus poliertem Aluminium, den Hermann für das Junge Schlosstheater Neuwied schuf.

Hightech für die Kunst

Das sei ein gegenseitiges Befruchten, so Häring. Die Ideen und Wünsche der Künstler würden das Unternehmen dazu bringen, über den technischen Tellerrand zu blicken. Das fördere Kreativität und schaffe Möglichkeiten, auch um Anwendungen in der echten Welt zu finden.

Für Hermanns neuestes Werk „U RU RU“ kam ein 3-D-Drucker zum Einsatz, der komplexe Gussformen aus Sand herstellen kann, ohne dass es ein physisches Original braucht. Doch dieselbe Technologie werde von BMW zur Herstellung von Motorenblöcken eingesetzt, erklärt Asas-Firmenchef Safa Bayar Yavuz. „Wir lernen jeden Tag viel und lassen uns inspirieren.“

Für Elmar Hermanns neuestes Werk "U RU RU" wurden bei Asas Gussformen im 3-D-Druckverfahren hergstellt. Die 3,6 Meter hohe Figur zeigt einen lebensechten Uhu auf einem Baumstamm.
Elmar Hermann

„Technologie steht für Asas an erster Stelle“, so Yavuz. Doch auch Technologie sei eine Kunst. Der Unterschied sei, ob man es an eine Wand hängt und ausstellt. Er selbst sei jedoch weder Künstler noch Kunstexperte, sondern vor allem neugierig. „Es macht mir Spaß, mit den Künstlern zu reden, aber ich suche nicht aus, mit wem wir zusammenarbeiten.“

Doch rein pragmatisch wirkt das Interesse des Firmenchefs nicht, wenn er von den Künstlern spricht, mit denen sein Unternehmen kooperiert und welche technologischen Herausforderungen das mit sich bringt. Etwa wenn für den britischen Bildhauer David William Ellis Aluminium geschaffen wird, das eine Patina wie Bronze entwickelt, oder wie die Arbeiten des südafrikanischen Kunstschmieds Conrad Hicks mit Aluminium anstatt Stahl umgesetzt werden können.

„Dass man eine Firma trifft, die Kunst so unterstützt und mitmacht, ist einzigartig.“
Elmar Hermann, erster Vorsitzender des NKVM

Genauso seine eigene Sammlung von „unabsichtlicher Kunst“, die durch Produktionsfehler entstanden ist. Oder auch Aufnahmen der mikroskopischen Struktur von Aluminium, auf deren Basis Aluminiumkacheln hergestellt werden, die selbst seine Ingenieure vor eine Herausforderung stellt.

„Dass man eine Firma trifft, die Kunst so unterstützt und mitmacht, ist einzigartig“, sagt der NKVM-Vorsitzende Elmar Hermann. Die Gebäude stellt Asas dem NKVM mietfrei zur Verfügung und fördert den Verein zusätzlich. Etwa wird die Geschäftsführerstelle des Vereins zur Hälfte aus Fördermitteln vom Land Rheinland-Pfalz und zur anderen Hälfte von dem Aluminiumunternehmen bezahlt. 

Darauf, welche Kunst der NKVM in seinen Ausstellungen zeige, habe das aber keinen Einfluss. Für eine Zeit habe man versucht, als Künstler Abstand von Unternehmen zu halten. Doch auch die Kunst der Renaissance sei nur durch Mäzene möglich gewesen. In vielen Fällen sei eine solche Zusammenarbeit nötig. „Wir Künstler haben nichts, nur Ideen“, sagt Hermann.

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