Kritik aus dem Kreis Neuwied
Werden Bestattungen zum Luxusgut? 
Bestattungsformen ändern sich. Friedhöfe sind auch Spiegel der Kultur.
Sabine Nitsch

Die Finanzierung von Friedhöfen ist eine immer größer werdende Herausforderung für Kommunen. Der Städtetag Rheinland-Pfalz sowie der Gemeinde- und Städtebund im Land sehen ein strukturelles Problem und fordern eine neue Finanzierungspraxis.

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Kreis Neuwied/Rheinland-Pfalz. Das Bestattungsgesetz soll in Rheinland-Pfalz (RLP) geändert werden. Schon jetzt geht der Trend weg von Erdbestattungen hin zu Urnen- oder Waldbestattungen. Kommunen gehen davon aus, dass die Zahl der Bestattungen auf Friedhöfen sinken wird. Das heißt auch, dass sie weniger Einnahmen generieren, um Friedhöfe unterhalten zu können. Auch Rückstellungen der Friedhöfe oder, wie es richtig heißt, Sonderposten mussten in die kommunalen Haushalte verschoben werden.

Wir haben nicht nur den Landesrechnungshof, sondern auch den Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz (GStB) und den Städtetag RLP gefragt, wie es vor diesem Hintergrund um die Zukunft der Friedhöfe bestellt ist. Wie der drohenden Kostenexplosion, die Bürgermeister aus dem Kreis Neuwied schildern, begegnet werden kann, oder ob Gebühren noch schneller steigen müssen und Bestattungsgebühren bald so teuer sind, dass sie sich kaum noch jemand leisten kann.

„Die derzeitige Finanzierungspraxis führt zu einem strukturellen Problem.“
Moritz Petry, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz (GStB)

„Friedhöfe sind nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern haben auch eine wichtige kulturelle und soziale Bedeutung für eine Gemeinde“, betont Moritz Petry, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des GStB. Kommunen müssen sie unabhängig der Kosten vorhalten. „Die derzeitige Finanzierungspraxis führt jedoch zu einem strukturellen Problem. Das System ist dringend reformbedürftig“, sagt er und verweist auf ein Dilemma: Sinkende Bestattungszahlen führen zu sinkenden Einnahmen bei gleichbleibenden Fixkosten. Die Rücklagen für Friedhofsunterhaltung seien weg beziehungsweise im Haushalt der Kommunen.

„Die Finanzierung darf nicht ausschließlich von der Zahl der durchgeführten Bestattungen abhängen, sondern muss eine verlässliche, langfristige Basis haben. Eine moderne Bestattungsregelung muss auch eine neue Finanzierungsgrundlage schaffen. Bestattungen dürfen kein Luxusgut werden“, fordert er. Es brauche eine solidarische Lösung, wie etwa eine Friedhofsumlage, die alle Bürger einbezieht, egal wie sie sich einmal beerdigen lassen.

„Es braucht Lösungen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch für die Bürger akzeptabel sind.“
Lisa Diener, Geschäftsführende Direktorin des Städtetags Rheinland-Pfalz

Die Probleme sieht auch der Städtetag Rheinland-Pfalz. Er fordert eine Systemänderung, nicht zuletzt, weil der Bedarf an Friedhofsflächen langfristig sinken wird. Die mögliche Abschaffung des Friedhofszwangs stelle Kommunen vor weitere Herausforderungen. „Friedhöfe sind eine kommunale Pflichtaufgabe, ohne dass dafür ausreichend Einnahmen zur Verfügung stehen. Kommunen müssen ihre Friedhöfe unter Umständen verkleinern oder teilweise umnutzen. Der Prozess ist langwierig, da Ruhezeiten eingehalten werden müssen. Es braucht Lösungen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch für die Bürger akzeptabel sind“, meint Lisa Diener, Geschäftsführende Direktorin, des Städtetags. Bei Friedhöfen gelte zwar das Kostendeckungsprinzip, das aber nicht dazu führen dürfe, dass Gebühren unbegrenzt steigen.

„Gleichzeitig geraten viele Städte und Gemeinden durch Haushaltsauflagen und die Forderung nach Kostendeckung unter Druck. Wir haben schon auf die Problemlage hingewiesen, dass Bestattungen zukünftig teurer werden müssen und sich dadurch voraussichtlich immer weniger Einwohner diese Bestattungsart leisten können“, so Diener.

Eindruck von einem Friedhof.
Hannes P Albert. picture alliance/dpa

Durch die Gesetzesänderung des Landes werden den Kommunen Einnahmen entgehen. „Deshalb erwarten wir vom Land, dass es eine finanzielle Lösung für die Kommunen schafft. Es darf nicht allein an den Städten und Gemeinden hängen bleiben, eine Pflichtaufgabe zu finanzieren, für die die bisherigen Einnahmequellen wegfallen. Welche Auswirkungen dies langfristig auf die Friedhofsfinanzierung haben wird, bleibt abzuwarten.“

Im Hinblick auf die Sorgen, dass Bestattungen zum Luxusgut werden könnten, beruhigt der Landesrechnungshof. Man habe bisher nicht feststellen können, dass sich in Rheinland-Pfalz Grabnutzungsgebühren „der Vertretbarkeitsgrenze so annähern, dass eine Bestattung zu einem für die breite Masse der Bürger nicht mehr finanzierbaren Luxusgut zu werden droht.“ Sollte dieser Fall jemals eintreten, wären die Gebühren durch Steuersubventionierung in vertretbarer Höhe zu halten.

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