RZ fragte Unionspolitiker zur Kanzlerkandidatur
Wer soll als Kanzler kandidieren? – Schwarz, Demuth und Christ legen sich auf Favoriten fest
Ausgerechnet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellt eine Biografie von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor. Nun stehen sich beide in der Entscheidung der Kanzlerfrage gegenüber. Foto: dpa
picture alliance/dpa/dpa-Zentral

Kreis Neuwied. Wen wollen heimische Christdemokraten als Kanzlerkandidaten der Union sehen, Armin Laschet (CDU) oder Markus Söder (CSU)? Die RZ fragte nach – und erhielt ein differenziertes Meinungsbild.

Lesezeit 4 Minuten

„Der Kanzlerkandidat steht für einen erfolgreichen Wahlausgang vor der Herausforderung, seinen Führungsanspruch zu erheben, ohne dabei die Gestaltungsmacht der Kanzlerin zu schmälern“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel, ohne sich auf einen Namen festzulegen. Dazu brauche es Gestaltungswillen für die Zukunft, keine Vergangenheitsbewältigung. „Anders als bei der SPD müssen bei uns Kandidat und Programm absolut übereinstimmen. Mehr Steuerbelastungen, Quoten und Verboten wird die Union ein Programm für wirtschaftliche Stabilität, persönliche Freiheiten und innere Sicherheit entgegensetzen. Wir werden in den nächsten Wochen den passenden Kandidaten nach einem innerparteilichen Prozess bestimmen.“

Ellen Demuth gibt zu bedenken: „Die Umfragewerte der Union sind im freien Fall. Wenn wir bei der Bundestagswahl noch eine Chance haben wollen, müssen wir mit dem stärksten Kandidaten antreten, den wir haben. Das ist ganz klar Markus Söder.“ Er zeige in Bayern, wie man ein Land für die Zukunft aufstellt. „Söder ist ein Macher und genießt zu Recht die höchsten Zustimmungswerte. Nur ihm traue ich in der aktuellen Lage zu, die Wahl für die Union zu gewinnen“, sagt Demuth. Sie erwarte, dass die beiden Parteivorsitzenden ihrer Verantwortung gerecht werden und diese offene Führungsfrage zügig und einvernehmlich klären. „Es muss so schnell wie möglich Klarheit geschaffen werden. Die Wählerinnen und Wähler und auch die Kandidierenden müssen wissen, mit wem die CDU als Kanzlerkandidat antritt.“

Für Heinz Schwarz, politisches CDU-Urgestein der ersten Stunde, Ex-Minister und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, ist die Antwort auf die Frage, wer Kanzlerkandidat der CDU werden soll, klar. „Der CDU-Vorsitzende“, sagt er kurz und knapp. Er geht davon aus, dass der Kandidat, wie angekündigt zeitnah nominiert wird. „Ich halte mich daran, was gesagt wurde“, so Schwarz.

Für eine schnelle Entscheidung in der Kanzlerfrage spricht sich Michael Christ, Bürgermeister der VG Asbach und Fraktionsvorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, aus. Bei der Entscheidung sei laut Christ wichtig, dass repräsentative Gruppen entscheiden, die ihr Ohr an der Basis und bei den Menschen haben. „Zurzeit ist es wichtiger denn je, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, weil viele von uns die Maßnahmen und das Hin und Her zwischen den Ländern und dem Bund, zu 100 Prozent berechtigt, nicht mehr nachvollziehen können.“ Hier habe sich Markus Söder über lange Zeit überlegt und konsequent gezeigt. „Er war nicht das Fähnchen im Wind, auch wenn Entscheidungen schon mal unpopulär waren. Das spiegelt sich jetzt auch in den mehr als eindeutigen Umfrageergebnissen für ihn wieder. Man muss den Menschen im September das zur Wahl stellen, was sie auch wollen. Deshalb ist meine Präferenz ganz klar für Markus Söder“, so der Christdemokrat.

Martin Hahn, Fraktionsvorsitzender der CDU im Neuwieder Stadtrat, sieht die Kanzlerkandidatenfrage während der aktuellen Pandemiesituation kritisch: „Die Kandidatenfrage bewegt doch nur uns selbst und die Medien. Für die Bürger ist doch das zentrale Thema, dem sich alle Verantwortlichen von Berlin bis Neuwied zu widmen haben, die Bewältigung der Corona-Pandemie.“ Entscheidend sei, dass alle politischen Kräfte gemeinsam handeln, „dass wir mehr testen, endlich mehr impfen und uns nicht um uns selbst drehen. Das ist nicht das, was die Menschen von uns erwarten.“ Könne man als die Regierungspartei die Probleme im Zusammenhang mit dem Coronavirus in den kommenden Monaten nicht lösen, ist es unerheblich, wer Kanzlerkandidat werde. „Denn dann sind wir in der Opposition – und das zu Recht“, prophezeit Hahn mit Blick auf die vergleichsweise schlechten Umfragewerte der Union und fügt hinzu: „Das Einzige, was die Menschen zurzeit bewegt, ist, wie wir und dass wir die Pandemie in den Griff kriegen und den Menschen ein größtmögliches Maß an Normalität und Sicherheit bieten. Dafür hätte der Kanzlerkandidat schon gestern feststehen müssen.“

Simon Solbach, Kreisvorsitzender der Jungen Union (JU), möchte sich nicht festlegen: „Ich habe aktuell keinen klaren Favoriten.“ Er verfolge aber aufmerksam, wie die beiden sich in den Medien präsentieren. „Ich traue es beiden zu.“ Solbach zufolge ist Laschet sehr ausgleichend, während Söder mehr Druck macht. „Die beiden müssen sich zusammensetzen und sich einigen.“ Es sei als Union wichtig, die Wahl zu gewinnen, und dass man nicht unter 30 Prozent falle, sagt der JU-Chef angesprochen auf die mäßigen Umfragewerte von CDU/CSU. „Bis zum Sommer sollte der Kanzlerkandidat feststehen. Je früher desto besser – derjenige muss sich ja noch als Kanzler und nicht nur als Ministerpräsident profilieren.“

Für Landrat Achim Hallerbach (CDU) ist das Kandidatenfeld offen. Mit seiner Aussage gibt er sich diplomatisch: „Geht man etwa von der Rangfolge der aktuellen Probleme der Deutschen aus, haben diese die mit weitem Abstand größten Sorgen hinsichtlich des Coronavirus und der Pandemiebekämpfung, gefolgt von Fragen der Energiewende/Umwelt, Wirtschaftslage, Bildung und sozialem Gefälle. Die Union ist gut beraten, den Kandidaten auszusuchen, der auf diese Fragen glaubhaft und über den Tag hinaus die besten Antworten und Perspektiven gibt. Wir brauchen ein glaubhaftes Programm, und dann den Kandidaten oder die Kandidatin, der oder die dazu steht und es glaubhaft vermitteln kann.“

tsy/rgr/tim/san/mki/fis

Top-News aus der Region