Rommersdorf-Festspiele
Weber sorgt in Neuwied für einen etwas anderen Auftakt
Boris Weber konnte nicht die erhoffte Inszenierung darbieten, sondern bot eine bewegungsärmere Alternative an.
Jörg Niebergall

Die Eröffnung der Rommersdorfer-Festspiele lief anders als geplant – nicht nur inhaltlich. Die Alternative lockte nicht so viele Besucher an, wie erhofft worden war. Eine komplexe Inszenierung war nicht möglich. 

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Es soll Anlässe geben, bei denen sich manch einer zumindest heimlich über eine kurzfristige Absage freut. Für den Auftakt der diesjährigen Rommersdorf-Festspiele gilt das nicht – am Tag vor dem Auftakt teilte das Kulturamt der Stadt mit, dass die Aufführung des Stückes „Jedermann“ als Solo-Interpretation von der freien Bühne Neuwied nicht stattfinden kann. Der Schauspieler und Sänger Boris Weber, der sich diesen Kraftakt zugetraut hatte, war Anfang der Woche operiert worden. Die Folgen waren schlimmer als erhofft. „Die Ärzte haben mir dringend davon abgeraten, mich intensiv oder ruckartig zu bewegen. Ich habe dann auch selbst gemerkt, dass ich diese komplexe Inszenierung nicht hätte leisten können. So blieb mir nichts anderes übrig, als kurzfristig abzusagen“, erklärte der Künstler.

Pianistin Cynthia Grose sprang kurzfristig für Holger Kappus ein, der für den Abend nicht verfügbar war.
Jörg Niebergall

Allerdings wollte er Publikum und Veranstalter nicht im Regen stehen lassen – und bot deshalb als Alternative an, einige Lieder auf der Freilichtbühne zu singen. Auch das musste allerdings erst organisiert werden. Webers regelmäßiger Pianist Holger Kappus war für den Abend nicht verfügbar, sodass spontan Cynthia Grose einsprang. Hätte Weber das nicht erläutert, wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass die beiden nur wenige Tage Zeit zum Proben hatten. Sehr souverän meisterte die Pianistin auch spontane Programmeinfälle.

Weniger Zuschauer als erwartet

Viele Plätze im Englischen Garten der Abtei blieben allerdings leer, was für einen Eröffnungsabend der Festspiele äußerst ungewöhnlich ist. Offenbar hatten viele Besucher sich sehr auf den Klassiker gefreut und wollten sich nicht auf die Alternative einlassen. Durchaus verständlich, denn das gebotene Erlebnis war ein völlig anderes. Immerhin waren im Zusammenhang mit dem Empfang zum Auftakt des Festivals etwa zwei Dutzend Mitglieder des Stadtrats gekommen, sodass trotz einiger Absagen mehr als die Hälfte der Reihen gefüllt war.

Eine komplexe Iszenierung war für Boris Weber aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Jörg Niebergall

Weber präsentierte eine bunte Mischung aus Liedern von Georg Kreisler und Rainer Bielfeldt – garniert mit einigen Stücken aus Musicals und von Gesangsstars wie Zarah Leander. Da ging es mal romantisch, mal sarkastisch und auch mal bitterböse zu – und Weber, dem anzumerken war, dass er sich nicht so bewegen konnte, wie er gerne wollte, demonstrierte, dass er seine Gesangsstimme in den vergangenen Jahren sehr intensiv geschult hat – die ist inzwischen sehr beeindruckend.

Interaktionen mit dem Publikum

Außerdem nutzte er die Ankündigungen der Stücke für Interaktionen mit dem Publikum – und war dabei insbesondere gegenüber den anwesenden Politikern und Politikerinnen ähnlich direkt, wie man es von der von ihm erfundenen Kunstfigur „Sitzungspräsident Rainer“ gewohnt ist. Auch ohne dessen Maskerade bringt der charmante Entertainer seine Respektlosigkeiten aber so an, dass sich niemand davon wirklich beleidigt fühlt.

Der Abend endete ohne eine Zugabe – vermutlich reichte dafür so kurz nach dem Eingriff die Kraft des Künstlers nicht. Wann der „Jedermann“ als Solostück dann tatsächlich in Neuwied zu sehen sein wird, ist aktuell noch nicht entschieden.

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