Medizinische Versorgung
Was wäre, wenn das Linzer Krankenhaus schließen müsste?
Das Verbundkrankenhaus Linz-Remagen ist insolvent.
Heinz-Werner Lamberz

Die Menschen in der Region sind, wie unsere Zeitung in vielen Gesprächen erfahren hat, äußerst besorgt, dass mit dem Linzer Krankenhaus ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung und auch viele Arbeitsplätze wegfallen könnten. 

Linz. Das Verbundkrankenhaus Linz Remagen ist in finanzielle Schieflage geraten. Was würde es für die Menschen in der Region bedeuten, wenn das Krankenhaus schließen müsste? Unsere Zeitung hat sich umgehört.

„Das erreichbare Krankenhaus in der Region ist alternativlos. Es ist ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge“, so der Tenor unter den Befragten. Linz ist Notfall-Krankenhaus, das heißt, es ist Anlaufstelle für Hilfesuchende. Es ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung, filtert Fälle, nimmt selber auf und verlegt die Fälle, die dort nicht behandelt werden, wie zum Beispiel Schlaganfälle oder neurologische Fälle. Aber Blinddarmentzündungen, den gebrochenen Arm, Infektionen, Magengeschwüre oder Ähnliches werden direkt in Linz behandelt.

„Die Schließung des Verbundkrankenhauses wäre eine Katastrophe für die Menschen in der Region.“
Michael Möhlenhof, Windhagen

„Die Schließung des Verbundkrankenhauses wäre eine Katastrophe für die Menschen in der Region. Das merkt man auf jeden Fall, wenn man selber Hilfe braucht,“ meint Michael Möhlenhof aus Windhagen. „Ich selber hatte zwei Unfälle in jüngster Zeit. Knochen- und Rippenbrüche. Ich kam damit ins Linzer Krankenhaus. Das war Gott sei Dank relativ schnell zu erreichen. Einmal per Rettungswagen und einmal hat meine Frau mich hingebracht. Wenn das Krankenhaus für solche Fälle nicht mehr zur Verfügung stehen würde, wäre das ein absolutes Desaster“, berichtet er von eigenen Erfahrungen.

Oder Maximilian N. (36), der mit einem Norovirus zu Hause in Unkel im Flur zusammengebrochen und kaum mehr ansprechbar war. Der Rettungswagen brauchte fast eine Stunde, bis er endlich kam, und ein Bett in einem Krankenhaus zu bekommen, war schwierig. Der Rettungssanitäter fragte mehrere Krankenhäuser an. Schließlich konnte er doch noch nach Linz transportiert werden. „Wir hätten mit unserem Kleinkind gar nicht gewusst, wie wir das hätten meistern sollen, wenn mein Mann bis nach Koblenz oder Siegburg gebracht worden wäre“, meint Ehefrau Anna.

„Es ist so wichtig, dass man dort nicht einfach nur eine Nummer ist.“ 
Martina Nothnagel aus Bad Hönningen

Auch Martina Nothnagel (68) aus Bad Hönningen hat erfahren müssen, wie wichtig das erreichbare Krankenhaus in der Nähe ist. „Es ging um einen Blinddarmdurchbruch. Es war Sonntag. Wir sind noch selber hingefahren und mein Mann Reinhard wurde sofort operiert“, berichtet sie. Ihre Mutter wurde in Linz auch am Knie operiert. „Das Krankenhaus ist gerade für solche Sachen die erste Wahl. Man wird gut behandelt, und es ist so wichtig, dass man dort nicht einfach nur eine Nummer ist. Und man keine seine Angehörigen durch Besuche unterstützen oder einfach nur Wäsche bringen. Es ist von größter Wichtigkeit, dass das Krankenhaus erhalten bleibt“, sagt sie.

Ein Rettungswagen ist mit eingeschaltetem Blauchlicht im Einsatz. Diese Fahrzeuge steuern auch das Linzer Krankenhaus an.
Boris Roessler. dpa

Das unterstreicht auch Diana Göttes aus Bad Hönningen, deren Vater mit Atemnot als Notfall ins Linzer Krankenhaus gebracht wurde. „Er lag auf der Intensivstation. Für uns als Angehörige, die alle Vollzeit berufstätig sind, war die Nähe unglaublich wichtig. Man wird dort noch als Mensch gesehen und nicht nur als Fallzahl“, berichtet Göttes.

Und sie weist als Pflegedienstleiterin auf ein weiteres Problem hin. „In Deutschland ist vollumfängliche Pflege der Normalfall. Ausländische Pflegekräfte sind häufig gut ausgebildet, haben aber eine andere Auffassung von Pflege, wie wir sie brauchen und kennen. Dazu kommt noch die Sprachbarriere. Sie werden unter falscher Voraussetzung angeworben. Sie übernehmen keine ,niederen’ Pflegetätigkeiten, wie Kranken zu waschen, zu füttern oder dafür zu sorgen, dass sie genug trinken“, hat Göttes, wie auch andere Betroffene, beobachtet.

Angehörige müssen häufig bei der Pflege unterstützen

Es sei auch längst bekannt, dass in Kliniken Menschen häufig nicht mehr richtig versorgt werden. „Wenn ein schwerkranker Patient, der sich nicht allein versorgen kann, dann keine Angehörigen hat, die vorbeikommen und sich kümmern, ist das ein Riesenproblem. Viele alte Menschen können auch nicht Auto fahren. Mit dem ÖPNV nach Koblenz oder Neuwied ist für sie oder Familien ohne Auto oder für jemanden, der berufstätig ist, nicht machbar. Das erreichbare Krankenhaus ist unerlässlich,“ sagt sie und fügt an: „Wir steuern im Gesundheitswesen auf böse Zeiten zu. Mainz und Berlin müssen sich sofort etwas einfallen lassen.“

Hans Werner Kaiser aus Bad Hönningen, der Vorsitzender des VdK Bad Hönningen-Rheinbrohl ist, sagt: „Viele Leute haben keine Angehörigen oder welche, die kein Auto haben und selber krank sind. Mit dem ÖPNV zu anderen Kliniken zu fahren, ist sehr umständlich, dauert lange und ist für Betagte nicht zu bewältigen.“ Kaiser selbst war bereits mit gravierenden Problemen an einem Wochenende im Linzer Krankenhaus. Er habe zunächst eine Bereitschaftspraxis konsultiert, wo man nichts für ihn tun konnte. „Im Linzer Krankenhaus bin ich kompetent untersucht worden, und man hat mich sofort in die richtige Klinik gebracht, die auf meinen Fall spezialisiert war. Ich weiß gar nicht, wie das ohne das Linzer Krankenhaus zu bewältigen gewesen wäre“, so seine eigenen Erfahrungen.

„Gerade für alte Menschen ist die Nähe eines Krankenhauses, wo Angehörige sie besuchen können, unerlässlich.“
Carsten Tappel, Regionalleiter bei den Franziskanerinnen

Carsten Tappel, der viele Jahren Heimleiter Seniorenheim Christinenstift in Unkel war und jetzt Regionalleiter bei den Franziskanerinnen vom heiligen Josef Seniorenhilfe ist, die Träger von fünf Einrichtungen der Altenhilfe sind, sieht in einer möglichen Schließung eine Katastrophe auch für die Seniorenheime der Region. „Das Haus ist wichtig für die Erstversorgung, und man hat, schon, allein weil man sich kennt, einen guten Draht“, sagt er. Etwa im Bereich der Kurzzeitpflege, das heißt, wenn Patienten vorübergehend Pflege in einer Einrichtung benötigen. „Gerade für alte Menschen ist die Nähe eines Krankenhauses, wo Angehörige sie besuchen können, unerlässlich. Das gilt auch für demenziell Erkrankte. Dazu kommt, dass Hochbetagte meist Angehörige haben, die selber im Seniorenalter sind. Wir brauchen ein erreichbares Krankenhaus“, weiß Tappel.

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