Wer in Bad Hönningen unterwegs ist, dem wird seit vielen Jahren das brachliegende und von einem Bauzaun umgebene ehemalige Gelände der Artus Mineralbrunnen GmbH auffallen. Nachdem die Gewerbefläche nach der Insolvenz von Artus mehrmals den Besitzer gewechselt hat, gibt es nun gleich mehrere Lichter am Horizont für eine Wiederbelebung, wie die RZ von der Wirtschaftsförderung der Verbandsgemeinde (VG) Bad Hönningen erfährt.
Firma 2008 geschlossen
Rückblick: Die Artus Mineralbrunnen GmbH war ein Unternehmen, das aus den 1896/97 gegründeten Firmen Hubertus Sprudel und Arienheller Kohlensäurewerk entstand. Seit 2002 befand sich Artus im Insolvenzverfahren, es wurde am 31. Mai 2008 geschlossen. Nachdem Bad Hönninger Institutionen und Vereine die Hallen auf dem Gelände zwischenzeitlich genutzt hatten, erwarb die Rheinbreitbacher Biotechnologiefirma Jennewein 2018 das Areal am Stadtrand von Bad Hönningen. Die Rheinbreitbacher planten auf dem Gelände einen Produktionsstandort und wollten bis zu 200 Arbeitsplätze in die Badestadt bringen.
Doch bevor dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt werden konnte, wurden alle Anteile von Jennewein 2020 vom dänischen Konzern Chr. Hansen für insgesamt 310 Millionen Euro übernommen. Die Dänen kündigten nach der Übernahme an, erst einmal eine bestehende Fabrik für die Produktion zu nutzen – für das Artus-Gelände in Bad Hönningen war eine neue Nutzung damit vorerst vom Tisch. Mittlerweile ist Chr. Hansen mit dem dänischen Biotechnologieunternehmen Novozymes zur Firma Novonesis fusioniert. Den Dänen gehört nach wie vor das Artus-Gelände, auf eine Presseanfrage der RZ lag bis Redaktionsschluss keine Antwort über die Zukunft des Areals in Bad Hönningen vor.
Wirtschafsförderer zeigt sich zuversichtlich
Dafür kann aber die Wirtschaftsförderung der VG Bad Hönningen weiterhelfen. Wie unsere Zeitung von Wirtschaftsförderer Detlef Odenkirchen erfährt, befinde man sich „in enger Abstimmung mit dem heutigen Eigentümer des Artus-Geländes“. Als kommunale Wirtschaftsförderung sei man sehr daran interessiert, die Gewerbefläche wieder adäquat zu nutzen, so Odenkirchen. Man habe immer wieder versucht, geeignete Investoren zu finden, die das Areal erwerben und wieder einer Nutzung zuzuführen, so der Wirtschaftsförderer. Und: „Aktuell gibt es auch Interessenten, die sich um eine Nachnutzung bemühen“, kann Odenkirchen berichten, dass es sehr wohl vorangehen könnte.
Doch derzeit liefen die Verhandlungen noch, so Odenkirchen. „Entscheidungsindikatoren seitens der Investoren sind beispielsweise der Kaufpreis oder auch die Nutzbarkeit des Geländes. Also alles das, was man mit dem Gewerbegrundstück tun kann, das investorenfreundlich als auch kommunal verträglich ist. Hier müssen, je nach Anfrage und Gewerk, gegebenenfalls Abstimmungen mit der Kommune und der Politik, hier mit dem Gremium des Stadtrates, entsprechend Beratungen erfolgen. Sicherlich müssen auch Parameter wie baugesetzliche Bestimmungen sowie die daraus resultierende Nutzbarkeit im Einklang der Beteiligten stehen. Derzeit, soviel kann man schon verraten, gibt es keine uns bekannten Bauvoranfragen oder Planungen, welche dem Stadtrat präsentiert und zur Beratung vorgelegt werden können“, erklärt Odenkirchen, dass es noch nichts Konkretes zu vermelden gebe.
Interesse von zwei Seiten
Aber: Auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet er, dass es zwei am Artus-Gelände interessierte Investoren gebe. Er selbst sei guter Dinge, dass auf dem Artus-Gelände in naher Zukunft etwas passieren könnte. Auf jeden Fall geschehe aktuell hinter den Kulissen mehr als in den vergangenen Jahren, seit das Gelände brachliegt. „Investoren und Projektentwickler versuchen, immer die besten Konditionen herauszuholen.
Von daher kann der Prozess einer Kaufentscheidung hier und da sicherlich zu zeitlichen Verzögerungen kommen. In Einzelfällen kommt es natürlich auch vor, dass sich die Parteien nicht handelseinig werden. Daher kann es durchaus sein, dass eine spruchreife Vertragseinigung noch einige Zeit in Anspruch nehmen kann“, betont Odenkirchen abschließend.
Kreis Neuwied äußert sich: Intelligentere Bauweise als Lösung für Gewerbeflächen
Die RZ hat bei der Wirtschaftsförderung der Kreisverwaltung nachgefragt, ob es andere Beispiele im Kreis gibt, das Gewerbeflächen ungenutzt brachliegen. „Grundsätzlich ist es zutreffend, dass es selbstverständlich auch im Landkreis Neuwied Flächen gibt, die produktiv genutzt wurden, aber derzeit ungenutzt erscheinen, weil sie nicht mehr der ehemaligen und bekannten Nutzung unterliegen“, antwortet die Kreiswirtschaftsförderung. Ursachen seien etwa Wegzug oder eine Verkleinerung des Standortes.
„Wenn wir Brachflächen so definieren, dann gibt es Brachflächen im Landkreis Neuwied. Diese genaue Beschreibung stellen wir deshalb voran, weil es keine Brachfläche gibt, die tatsächlich ungenutzt ihr Dasein fristet und bei der ganz kurzfristig etwas geschehen könnte“, stellt die Kreisverwaltung klar. Die Flächen befänden sich meist in privatem Eigentum. Es gebe vielschichtige Themen zu beachten, wie zum Beispiel den Zeitraum der vermeintlichen Nichtnutzung und der sich daraus ergebenen Veränderung der Fläche im Sinne etwa einer Rückeroberung durch die Natur. Dann habe man den Artenschutz zu beachten.
„Wenn wir in diesem Sinne an Brachflächen denken, gerät etwa das ehemalige Rasselstein-Gelände in den Blick, das aktuell noch über viel Brachfläche verfügt. In der Tat passiert etwas, aber das ist bei Artus auch so. In die Liste kann das ehemalige Kann-Gelände in Linz aufgenommen werden“, nennt die Kreiswirtschaftsförderung Beispiele. Es könnten auch freiliegende Flächen großer Unternehmerfamilien insbesondere im Raum Asbach, Vettelschoß oder auch im weiteren Umfeld von Dierdorf aufgeführt werden. Es gebe in diesem Sinne kleinere Brachflächen in Puderbach, Kleinmaischeid, sogar im Wiedtal und auch in Rheinbreitbach. Jede Fläche habe laut Kreisverwaltung jedoch ihre eigene Geschichte und Herausforderung.
„Wenn es diesbezüglich jeweils einfache Lösungen gäbe, wäre mit Sicherheit entsprechend gehandelt worden“, heißt es weiter. Da die einzelnen Sachverhalte schwierig und individuell seien und sich zugleich als außerordentlich zeitraubend erwiesen, seien die Bürgermeister ebenso wie Landrat Achim Hallerbach und die Wirtschaftsförderung stets nah an der Entwicklung. „Generell gestaltet sich die Neuausweisung von Flächen immer schwieriger. Lösungen sind allerdings nicht in den wenigen und noch dazu in Privateigentum befindlichen Brachflächen mit mitunter Altlasten und hohen Revitalisierungskosten zu suchen, sondern in einer deutlich intelligenteren Bauweise als der bisher praktizierten“, betont die Kreiswirtschaftsförderung. Dabei müsse es Spielraum für unternehmerisches Handeln geben – und zwar im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit. „Dafür ist ein Umdenken erforderlich, das Abweichungen von der strikten Null-Versiegelungs-Politik erlaubt“, teilt die Kreisverwaltung abschließend mit. drü