Zehn Parteien und Wählergruppen bewerben sich bei der Kommunalwahl am 9. Juni um die Mandate im Neuwieder Stadtrat. Doch mit welchen Inhalten wollen sie die Wähler überzeugen? Das haben wir die jeweiligen Spitzenkandidaten gefragt. Heute verrät Sven Lefkowitz (SPD), wie er die Zukunft für Neuwied buchstabiert.
Neue Attraktionen:Die Deichkrone steht leer, die Schiffsanleger am Rhein sind verwaist, das Prinz-Max-Museum gibt’s bislang nur als Konzept: Wie wollen Sie Neuwied für Touristen attraktiver machen?
Neuwied hat einiges zu bieten, aber die genannten Punkte sind anzugehen. Gerade ein Schiffsanleger fehlt. Das gilt übrigens nicht nur für Touristen. Auch viele Neuwieder, viele Vereine warten nun schon sehr lange auf einen neuen Anleger. Wir haben den Punkt in unserem Wahlprogramm und werden das mit Nachdruck weiter auf die Tagesordnung setzen.
Die Sanierung der Deichkrone kann nur gelingen, wenn wir in ein Förderprogramm aufgenommen werden. Ganz aktuell läuft ein Antrag. Wir hoffen, im dritten Anlauf nun erfolgreich. Daneben möchten wir die Netzwerkarbeit von Gastronomie, Kultur, Institutionen und Stadt verbessern, damit die Anstrengungen besser gebündelt werden.
Energiewende: Auf dem Weg zur Klimaneutralität denkt Neuwied über Windräder im Wald und Photovoltaik im Engerser Feld nach. Ist das aus Ihrer Sicht alternativlos oder haben Sie eine bessere Idee?
Es muss in verschiedenen Richtungen gearbeitet werden. Windkraft und große Photovoltaikanlagen gehören dazu. Die Standorte müssen einzeln sorgsam geprüft werden. Das Engerser Feld sehen wir durchaus problematisch und sind gespannt auf das Prüfungsergebnis.
Gleichzeitig wünschen wir uns Anstrengungen in Richtung Wasserkraft und grünen Wasserstoff sowie mehr Zusammenarbeit mit der heimischen Wirtschaft und der Bürgerschaft in diesem Bereich. Nur gemeinsam mit allen kann die Energiewende gelingen. Die Stadtwerke müssen Motor dieser Entwicklung sein.
Unterhaltung: An vielen öffentlichen Gebäuden herrscht Sanierungsstau, zudem müssen Schulen und Kitas erweitert und für die Zukunft fit gemacht werden. Welche Prioritäten setzen Sie?
Wir haben schon mehrfach ausgeführt, dass für uns der Bereich Kita und Schule bei den Investitionen an Nummer 1 steht. Wir wollen die Anstrengungen verstärken und das Tempo erhöhen. Es dauert zu lange, bis wir Kitas gebaut und Schulen auf Vordermann gebracht haben. Ebenfalls sind die städtischen Hallen von zentraler Bedeutung. Zudem brauchen wir eine kommunale Fachkräftestrategie. Ohne die Mitarbeitenden nützt auch die schönste Kita niemandem.
Wirtschaft: Die Stadt plant mit Investitionen im mittleren zweistelligen Millionenbereich die Ausweisung großer neuer Gewerbegebiete. Braucht Neuwied das wirklich oder kann der Wirtschaftsstandort auch anders gestärkt werden?
Wirtschaftsförderung bedeutet mehr, als zig Millionen für mögliche Gewerbeflächen auszugeben. Das hätte man zugunsten von Kita und Schulen auch in kleiner angehen können. Aus der Wirtschaft hören wir, dass es mehr positive Begleitung geben und dass es mit den Verfahren schneller gehen sollte, damit Investitionen in Neuwied auch getätigt werden. Nicht nur neue Ansiedlung, sondern auch gerade die Bestandsunternehmen zu fördern, ist unser Fokus. Wir haben eine Lotsenfunktion für Unternehmen angeregt, und auch eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist denkbar.
Integration: Auch Neuwied muss zahlreiche Flüchtlinge unterbringen. Wie wollen Sie die Integration dieser Menschen erreichen?
Zunächst braucht es die Voraussetzungen, dass die Menschen, die zu uns kommen, vernünftig untergebracht werden können. Leider gibt es in Neuwied kaum genug bezahlbaren Wohnraum. Hier wären wir gerne weitergekommen, aber die Mehrheit hat alles abgeblockt. Ohne mehr Wohnraum steht der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel. Turnhallen sind keine Lösung. Sie werden auch für die Schulen dringend gebraucht.
Dann brauchen wir aus unserer Sicht Möglichkeiten, die Menschen im Erwachsenen schnell in eine sinnvolle Tätigkeit zu bekommen. Ich weiß auch aus dem beruflichen Hintergrund, dass Arbeit Sprachkompetenz und Integration beschleunigt. Das ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich ist in Neuwied ohnehin hervorragend.
Einzelhandel: Zwischen Onlinehandel und grüner Wiese haben es die Geschäftsleute in der Innenstadt nicht leicht. Was ist Ihr Patentrezept zur Stärkung der City?
Ein Patentrezept gibt es nicht. Es gibt einen massiven Strukturwandel im Handel. Den müssen wir gestalten und nicht dabei zuschauen.
Für uns heißt das Zauberwort: Frequenz schaffen. Mehr Menschen in die Stadt zu bekommen. Daher ist es notwendig, neben der Aufenthaltsqualität auch Veranstaltungen immer in Anbindung an die Innenstadt zu entwickeln. Wenn was los ist, geht's dem Einzelhandel und der Gastronomie auch gut.
Aus unserer Sicht war es nicht gut, dass die Baumaßnahmen der letzten Zeit gleichzeitig aufgenommen wurden und nicht frühzeitig eine strukturierte positive Informations- und Imagekampagne dazu aufgelegt wurde. Uns ist es wichtig, die Akteure aus dem Einzelhandel und der Gastronomie eng einzubinden. Die müssen gehört werden, denn nur so sind sie motiviert mitzumachen.
Der Rück- und Ausblick: Hat Neuwied in den vergangenen fünf Jahren alles richtig oder alles falsch gemacht? Und welche Lehre ziehen Sie daraus für die nächste Wahlperiode?
Weder noch. Wir meinen aber: Neuwied kann mehr. Es gibt Probleme, die nicht oder nicht richtig angegangen wurden. Zum Beispiel das Thema bezahlbarer Wohnraum. Hier müssen wir dringend mehr tun. Wir hoffen, dass wir in der nächsten Wahlperiode wieder mehr durchsetzen können. Dafür sind andere Mehrheiten notwendig. Wir werden auf jeden Fall bei unseren Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Kita und Schule und so weiter auch in der kommenden Wahlperiode nicht nachlassen.