Zehn Parteien und Wählergruppen bewerben sich bei der Kommunalwahl am 9. Juni um die Mandate im Neuwieder Stadtrat. Doch mit welchen Inhalten wollen sie die Wähler überzeugen? Das haben wir die jeweiligen Spitzenkandidaten gefragt. Heute verrät Regine Wilke (Grüne), wie sie die Zukunft für Neuwied buchstabiert.
Neue Attraktionen: Die Deichkrone steht leer, die Schiffsanleger am Rhein sind verwaist, das Prinz-Max-Museum gibt’s bislang nur als Konzept: Wie wollen Sie Neuwied für Touristen attraktiver machen?
Wir Grüne setzen uns für ein attraktives Neuwied ein. Dazu gehören die Deichkrone, das Rheinufer und viele weitere Attraktionen. Mit der Deichkrone möchten wir ein bundesweit einzigartiges Klimawandelmuseum ZAK etablieren und den Bund dafür ins Boot holen. So schaffen wir ein Alleinstellungsmerkmal, das weit über Neuwied hinaus bekannt wird. Zudem setzen wir auf Vernetzung, damit Highlights wie das Flippermuseum nicht in Vergessenheit geraten.
Energiewende: Auf dem Weg zur Klimaneutralität denkt Neuwied über Windräder im Wald und Photovoltaik im Engerser Feld nach. Ist das aus Ihrer Sicht alternativlos oder haben Sie eine bessere Idee?
Neuwied hat große Schritte Richtung Klimaneutralität gemacht, und der Ausbau erneuerbarer Energien ist DER entscheidende Faktor. Windräder und Photovoltaik sind zentrale Bausteine hierfür, wenn diese im Einklang mit Umwelt- und Artenschutz stehen.
Die Stadtwerke Neuwied (SWN) und die Servicebetriebe Neuwied (SBN) haben mit der Solaranlage über der Kläranlage ein Leuchtturmprojekt realisiert, das bundesweit Beachtung findet. Der Klimaschutzplan für Neuwied ist ein großer Meilenstein, den wir dem Engagement unserer Bürger:innen verdanken. Jetzt gilt es, die Ziele aus diesem Plan konsequent mit der kompetenten Klimaschutzmanagerin umzusetzen.
Mit dem aktuellen Haushalt investieren wir gezielt in Projekte, die CO₂ reduzieren, Energieeffizienz steigern und Neuwied lebenswerter machen. Unsere oberste Priorität ist der Schutz der natürlichen Ressourcen im Einklang mit den ökologischen Interessen unserer Gemeinschaft.
Unterhaltung: An vielen öffentlichen Gebäuden herrscht Sanierungsstau, zudem müssen Schulen und Kitas erweitert und für die Zukunft fit gemacht werden. Welche Prioritäten setzen Sie?
Ja, der Sanierungsstau ist unverkennbar. Nicht nur äußerlich, auch energetisch sind viele Gebäude eine Katastrophe. Wir setzen auf eine vernünftige Politik und geben das Geld aus, das wir haben. Kluge Investitionen in Wärmedämmung und Photovoltaik können uns auch zukünftig Geld sparen.
Gespart wird mit uns aber nicht bei den Kitas und Schulen. Hier haben wir klare Zeichen gesetzt und die letzten Haushalte darauf ausgerichtet. Wir bauen auf eine wachsende Stadt.
Wirtschaft: Die Stadt plant mit Investitionen im mittleren zweistelligen Millionenbereich die Ausweisung großer neuer Gewerbegebiete. Braucht Neuwied das wirklich oder kann der Wirtschaftsstandort auch anders gestärkt werden?
Die Ausweisung neuer Gewerbegebiete sollte sorgfältig abgewogen werden. Wir Grüne setzen uns dafür ein, bestehende Gebiete nachhaltig zu modernisieren und bedarfsgerecht zu nutzen. Gewerbegebiete dürfen nur entstehen, wenn sie mit Umwelt- und Artenschutz vereinbar sind. Gleichzeitig müssen erfolgreiche Unternehmen in Neuwied bleiben können, indem wir ihnen passende Flächen zur Verfügung stellen.
Zudem stärken wir den Wirtschaftsstandort durch Digitalisierung, Innovation und gezielte Wirtschaftsförderung. Wir setzen uns für ein Gründerzentrum für nachhaltige Start-ups in Neuwied ein, um so uns zum Magneten für zukunftsorientierte Unternehmen zu machen.
Integration: Auch Neuwied muss zahlreiche Flüchtlinge unterbringen. Wie wollen Sie die Integration dieser Menschen erreichen?
In der DNA von Neuwied ist Integration fest verankert, ebenso wie bei uns Grünen. Mit dem Integrationskonzept haben wir eine wichtige Grundlage gelegt. In vielen Arbeitsgruppen engagieren wir uns, Themen wie Arbeit, Sprache, Bildung und Kultur voranzubringen.
Wir betrachten Flüchtlinge ressourcenorientiert, nicht defizitorientiert. Es geht darum, was sie mitbringen, und nicht nur um das, was ihnen fehlt. Gerade in Pflege- und Gesundheitsberufen brauchen wir diese Menschen dringend.
Wir setzen uns dafür ein, dass ihre Integration durch gezielte Sprach- und Bildungsprogramme sowie durch Zugang zu Arbeit und Kultur bestmöglich gelingt. Unser Ziel ist eine offene und tolerante Stadtgesellschaft, in der jeder Mensch unabhängig von Herkunft und Status eine Perspektive findet.
Einzelhandel: Zwischen Onlinehandel und grüner Wiese haben es die Geschäftsleute in der Innenstadt nicht leicht. Was ist ihr Patentrezept zur Stärkung der City?
Ein Patentrezept gibt es nicht, aber die Innenstadt kann durch gemeinschaftliche Anstrengungen gestärkt werden. Das Netzwerk Innenstadt und die Deichstadtfreunde Neuwied leisten großartige Arbeit. Gemeinsam setzen wir uns für eine attraktive Aufenthaltsqualität ein.
Mehr Grünflächen, Veranstaltungen und eine bessere Vernetzung von stationärem und Onlinehandel sind wichtige Bausteine. Der gesellschaftliche Wandel verlangt, dass die City nicht nur ein Ort zum Einkaufen, sondern auch ein Ort zum Verweilen und Erleben wird.
Der Rück- und Ausblick: Hat Neuwied in den vergangenen fünf Jahren alles richtig oder alles falsch gemacht? Und welche Lehre ziehen Sie daraus für die nächste Wahlperiode?
Wir haben mit CDU und FWG wichtige Projekte angepackt. Ohne uns hätte Klimaschutz nicht den aktuellen Stellenwert. Unser grüner Beigeordneter hat die Finanzen in geordnete Bahnen gelenkt und den Haushaltsausgleich erreicht. Wir freuen uns über die großartigen Anstrengungen der SWN beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Vielleicht haben wir nicht immer klar kommuniziert, was wir Grünen beigetragen haben, aber uns war wichtig, dass die Punkte sachgerecht umgesetzt werden.