Zehn Parteien und Wählergruppen bewerben sich bei der Kommunalwahl am 9. Juni um die Mandate im Neuwieder Stadtrat. Doch mit welchen Inhalten wollen sie die Wähler überzeugen? Das haben wir die jeweiligen Spitzenkandidaten gefragt. Heute verrät Tatiane Kühnapfel (Die Linke), wie sie die Zukunft für Neuwied buchstabiert.
Neue Attraktionen: Die Deichkrone steht leer, die Schiffsanleger am Rhein sind verwaist, das Prinz-Max-Museum gibt's bislang nur als Konzept: Wie wollen Sie Neuwied für Touristen attraktiver machen?
Wir, Die Linke Neuwied, möchten mehr kulturelle Veranstaltungen fördern. Ein großer Wunsch von mir persönlich ist es, mehr Veranstaltungen zu haben, die Kinder und Jugendliche ansprechen und einbeziehen. Auch möchten wir mehr Veranstaltungen fördern, die barrierefrei sind und Inklusion und Integration unterstützen.
Uns ist die Schaffung von grünen Freizeiträumen und Parks wichtig, die Renovierung historischer Gebäude und Denkmäler sowie die Unterstützung lokaler Geschäfte und Restaurants, um ein vielfältiges kulinarisches Erlebnis zu bieten. Wir möchten die Förderung des Fahrrad- und Fußgängerverkehrs vorantreiben, um die Umweltfreundlichkeit der Stadt zu betonen und die Attraktivität für umweltbewusste Touristen zu steigern.
Energiewende: Auf dem Weg zur Klimaneutralität denkt Neuwied über Windräder im Wald und Photovoltaik im Engerser Feld nach. Ist das aus Ihrer Sicht alternativlos oder haben Sie eine bessere Idee?
Dazu eine kurze Zusammenfassung: Es gibt keine Alternative! Fossile Rohstoffe sind endlich. Immerhin produzieren wir bereits 50 Prozent unseres Stroms aus ökologischen alternativen Energien in Deutschland. Diese positive Entwicklung muss weiter vorangetrieben werden, da es keine Alternative zur alternativen Energie gibt.
Windkraft und Photovoltaik sind effektive Optionen, die nicht nur erneuerbar sind, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten. Windkraftanlagen können so gestaltet werden, dass sie weniger Auswirkungen auf die Tierwelt haben, indem sie umweltfreundliche Materialien verwenden, Lärmemissionen minimieren und die Landschaftsgestaltung berücksichtigen, um Lebensräume für Tiere zu erhalten. Dies kann durch die Anpflanzung von Bäumen, die Schaffung von Grünflächen oder die Renaturierung von umliegenden Gebieten erfolgen.
Regelmäßige Überwachung und Forschung sind wichtig, um die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Tierwelt zu verstehen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, um negative Effekte zu minimieren. Jede Windkraftanlage bringt bis zu 80.000 Euro jährlich in die öffentliche Kasse.
Photovoltaikanlagen können durch bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten und Maßnahmen einen positiven Einfluss auf die Umwelt und die Tierwelt haben. Zum Beispiel können PV-Anlagen so konstruiert werden, dass sie Lebensräume für bestimmte Tierarten bieten oder natürliche Lebensräume schützen. Darüber hinaus können PV-Anlagen so positioniert werden, dass sie Schattenbereiche für Tiere bieten oder als Unterschlupf dienen. Auch die Wahl von halbtransparenten PV-Modulen kann die Umweltverträglichkeit erhöhen, indem sie das Licht durchlassen und die Umgebungstemperatur weniger stark erhöhen, was wiederum verschiedenen Tierarten zugutekommen kann.
Unterhaltung: An vielen öffentlichen Gebäuden herrscht Sanierungsstau, zudem müssen Schulen und Kitas erweitert und für die Zukunft fit gemacht werden. Welche Prioritäten setzen Sie?
Unsere Priorität liegt auf der Sanierung öffentlicher Gebäude und der Verbesserung der Bildungseinrichtungen. Durch Investitionen in Schulen und Kitas schaffen wir eine zukunftsorientierte Lernumgebung und fördern die soziale Teilhabe aller Kinder unabhängig von ihrer Herkunft.
Wirtschaft: Die Stadt plant mit Investitionen im mittleren zweistelligen Millionenbereich die Ausweisung großer neuer Gewerbegebiete. Braucht Neuwied das wirklich oder kann der Wirtschaftsstandort auch anders gestärkt werden?
Die Linke ist dagegen, Gewerbegebiete nur zu erschaffen, um Firmen anzulocken, nur um Arbeitsplätze zu schaffen. Investitionen in nachhaltige lokale Unternehmen und soziale Infrastruktur wie Bildung und Gesundheitswesen sind langfristig wichtig für eine gesunde Wirtschaftsentwicklung.
Integration: Auch Neuwied muss zahlreiche Flüchtlinge unterbringen. Wie wollen Sie die Integration dieser Menschen erreichen?
Wir setzen auf eine ganzheitliche Integrationspolitik. Durch gezielte Sprachförderung, kulturellen Austausch und soziale Unterstützungsangebote schaffen wir eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft gleichberechtigt teilhaben können. Wir benötigen Ausländer in Deutschland als Arbeitnehmer in einer überalterten Gesellschaft.
Einzelhandel: Zwischen Onlinehandel und grüner Wiese haben es die Geschäftsleute in der Innenstadt nicht leicht. Was ist Ihr Patentrezept zur Stärkung der City?
Bezüglich des Einzelhandels in der Innenstadt möchten wir Maßnahmen setzen, die den lokalen Handel unterstützen, wie zum Beispiel die Förderung von Genossenschaften wie Wohnungsbau-Genossenschaften oder die Schaffung von gemeinnützigen Geschäftsräumen, um die Vielfalt und Attraktivität der Innenstadt zu erhalten.
Der Rück- und Ausblick: Hat Neuwied in den vergangenen fünf Jahren alles richtig oder alles falsch gemacht? Und welche Lehre ziehen Sie daraus für die nächste Wahlperiode?
Die Stadt Neuwied ist seit Jahrzehnten pleite. Es ist wie überall nichts Nachhaltiges entstanden. Es fehlen der Ausbau des ÖPNV und weitere Alternativen zu Autos. Es besteht viel Handlungsbedarf. Wir setzen uns dafür ein, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Unsere Lehre für die nächste Wahlperiode ist eine konsequente Umsetzung sozialer und ökologischer Politik zum Wohle aller Neuwieder Bürger*innen.