Umrahmt vom Fockenbachtal und der B256 blicken Jutta und Karl-Heinz Vetterlein südlich vom Ortsteil Niederhonnefeld auf Wiesen, Felder und kleine Wälder. In den Augen der beiden Landesdelegierten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellt dieser ländliche Bereich der Ortsgemeinde Straßenhaus ein „stark frequentiertes Naherholungsgebiet“, insbesondere für Wanderer und Hundehalter, dar. Geht es jedoch nach den Plänen des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz soll dieses landschaftliche Idyll gestört werden: Von hier aus soll rechts der Stromtrasse eines Tages die Ortsumgehung Straßenhaus in Richtung Oberhonnefeld-Gierend führen. „Das Landschaftsbild wird sich komplett verändern“, sagt Jutta Vetterlein.

Die rund 2,8 Kilometer lange Strecke soll an den beiden Ortsteilen Niederhonnefeld und Ellingen sowie an der Birkenstraße in Straßenhaus vorbeiziehen – in Nähe zu Wasserschutzgebieten. Für die teilweise dreispurig geplante Umgehungsstraße ist nach Auskunft des BUND der Bau von fünf Brücken vorgesehen. 43.000 Quadratmeter Fläche sollen dauerhaft versiegelt werden, weitere 200.000 Quadratmeter sollen hochgradig verdichtet werden.
Zwei kleine Waldgebiete sollen dem Bau zum Opfer fallen, zudem würden Wildwechsel gestört werden. Außerdem müssten zwei Masten der Stromtrasse für die Umgehungsstraße versetzt und eine Gashochdruckleitung verlegt werden. „Das ist ein wahnsinniger Kostenaufwand“, sagt Karl-Heinz Vetterlein. Er rechnet nicht damit, dass der LBM mit den bisher kalkulierten 22,7 Millionen Euro für das Großprojekt auskommt.
BUND sieht Gewässerschutz gefährdet
Der Neubau von zwei Regenrückhaltebecken und die Erweiterung eines bestehenden Beckens seien zudem geplant, deren Überlauf in den Häßbach und den Höllsbach fließen soll. Die Vetterleins befürchten, dass nicht nur der Höllsbach unter der Umgehungsstraße leiden wird, sondern auch das Naturschwimmbad Niederhonnefeld, was in den Sommermonaten durch sein Wasser gespeist wird.
Der Reifenabrieb, der auf der neuen Straße entsteht, könnte durch Regenwasser zunächst in den Höllsbach und dann trotz Filteranlage auch in das Schwimmbecken gelangen. Der Gewässerschutz sei bei der bisherigen Planung des LBM kaum berücksichtigt worden.
„Ich erkenne nicht den Sinn, den Verkehr von einem Mischgebiet zwischen zwei reine Wohngebiete zu verlagern.“
Karl-Heinz Vetterlein, Anwohner aus Ellingen und BUND-Mitglied
Kritisch sehen die Vetterleins auch den geplanten Trassenverlauf unterhalb der Kita „Schöne Aussicht“ aufgrund des Lärms und der Abgase, die eine Bundesstraße produziert. Allgemein halten sie die geplanten Lärmschutzmaßnahmen für unzureichend. Vetterleins wohnen seit 30 Jahren im Ortsteil Ellingen und unterstützen daher nicht nur als Umweltschützer, sondern auch als betroffene Anwohner die angekündigte Klage des BUND gegen die Umgehungspläne des LBM, wenn diese im kommenden Frühjahr offengelegt werden. Durch die Ortsumgehung würden deutlich mehr Anwohner belastet werden, als an der bisherigen Ortsdurchfahrt entlastet werden.
„Ich erkenne nicht den Sinn, den Verkehr von einem Mischgebiet zwischen zwei reine Wohngebiete zu verlagern“, kritisiert Karl-Heinz Vetterlein. Vetterleins sprechen sich stattdessen für eine intelligente Ampellösung auf der B256/Raiffeisenstraße als Alternative aus. Hier müsse die Ortsgemeinde selbst aktiv werden. Gegen den zunehmenden Verkehr gebe es keine wirksamen Mittel, die Anwohner der Raiffeisenstraße müssten sich letztlich damit arrangieren.
„Die Zerstörung der Waldgebiete, der Grün- und Agrarflächen durch die Ortsumgehung stehen in keinem Verhältnis zur schnelleren Anbindung an die A3.“
Wolfgang Kühn, Sprecher der BUND-Kreisgruppe Neuwied

„Die Zerstörung der Waldgebiete, der Grün- und Agrarflächen durch die Ortsumgehung stehen in keinem Verhältnis zur schnelleren Anbindung an die A3“, sagt Wolfgang Kühn, Sprecher der BUND-Kreisgruppe Neuwied. Der Bau der Ortsumgehung widerspreche auch dem Pariser Klimaabkommen. Für die Ortsdurchfahrt Straßenhaus brauche es „natur- und menschenverträgliche Alternativen“.
Kühn schlägt vor, auf der Hauptverkehrsstraße neben einer neuen Ampelschaltung eine Tempo-30-Zone mit Blitzeranlagen einzurichten. Die BUND-Mitglieder sind überzeugt, dass selbst ein Tunnelbau unter dem Dorf, wie ihn die Bürgerinitiative „Zukunft für Straßenhaus“ vorschlägt, schonender für die Umwelt wäre als der Bau der Umgehungsstraße.

Tot seit Umgehung? Oberbieber und Rengsdorf wehren sich
Wenn im Kreis Neuwied über die negativen Folgen von Umgehungsstraßen auf Ortschaften gesprochen wird, werden Oberbieber und Rengsdorf als abschreckende Beispiele genannt. Doch das wollen die Verantwortlichen dort nicht unkommentiert stehenlassen.