Wolfgang Grupp war Gastredner zum Auftakt einer Vortragsreihe dreier lokaler Wirtschaftsverbände
Waren- und Versandhäuser unter Beschuss: Trigema-Chef Wolfgang Grupp teilt in Oberhonnefeld aus
Daniel Dresen

Trigema-Geschäftsführer Wolfgang Grupp zog am Mittwochabend die Gäste im Kultur- und Jugendzentrum (Kuju) in Oberhonnefeld-Gierend in seinen Bann. Der 81-jährige Textilunternehmer versprühte während seinem Vortrag mit dem etwas sperrigen Titel „Unternehmertum und unternehmerische Verantwortung am Standort Deutschland. Deutschland – noch ein Standort mit Zukunft!?“ eine wahnsinnige Energie, von der sich so mancher Start-up-Gründer eine Scheibe abschneiden könnte.

Trigema-Chef Wolfgang Grupp (rechts) als Speaker bei einer Veranstaltung dreier lokaler Wirtschaftsverbände im Kuju in Oberhonne
Trigema-Chef Wolfgang Grupp (rechts) gastierte als Speaker bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Wirtschaftsforums der VG Rengsdorf-Waldbreitbach (Wifo), des Gewerbevereins der VG Dierdorf „Dierdorf aktiv“ und des Gewerbevereins der Region Puderbach. Im Kuju in Oberhonnefeld-Gierend führte Wifo-Vorsitzende Peggy Stüber (links) durch den Talk. Foto: Daniel Dresen
Daniel Dresen

Seit 54 Jahren ist Trigema-Chef Wolfgang Grupp als Unternehmer tätig. In dieser Zeit hat er aus einer Firma mit 10 Millionen D-Mark Bankschulden ein deutschlandweit bekanntes Unternehmen geformt, das auf Fremdkapital verzichtet, pro Jahr rund 100 Millionen Euro Umsatz macht, über rund 1200 Mitarbeiter verfügt, noch nie in Kurzarbeit gegangen ist und keine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hat. Dabei betonte Grupp in Oberhonnefeld stets: „Erfolg haben ist keine Kunst, Erfolg durchstehen ist eine Kunst.“

Unternehmer müssen Verantwortung für ihr Handeln bei Misserfolg tragen

Sein Textilunternehmen im schwäbischen Burladingen gehöre in Deutschland zu einer „ausgestorbenen Branche“. „Ich möchte zeigen, dass eine Produktion in Deutschland möglich ist, wenn vor allem wir Unternehmer unsere Pflicht erfüllen“, wollte Grupp den Unternehmern im Publikum aus der Raiffeisenregion Mut machen. Dass viele Unternehmer und Bürger das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft und damit in den Standort Deutschland verloren hätten, liege nicht an dem angeblich schlechten Standort, sondern am Verhalten vieler Unternehmer, „die in guten Zeiten meinen, kassieren zu müssen, und in schlechten Zeiten den Bettel hinschmeißen.“

Wir brauchen wieder die Verantwortung und Haftung zurück. Wir haben schon lange keinen Rechtsstaat mehr. Denn der Anständige ist der Dumme und der Unanständige wird gehypt.

Wolfgang Grupp über den Wirtschaftsstandort Deutschland

Schon seit langer Zeit werfe Grupp der Politik vor, dass im Notfall der Steuerzahler für die Fehler von Unternehmensbossen zahlen müsse. Konkret kritisierte Grupp das Verhalten der Chefetagen des Versandhauses Klingel, das im Mai Insolvenz anmelden musste, des Modehändlers Peek & Cloppenburg, dessen Insolvenzverfahren Anfang Juni eröffnet wurde, und des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof, dessen Insolvenzverfahren kürzlich beendet wurde. Von den heute stark kriselnden Unternehmen hatte Grupp vor Jahrzehnten noch Millionenaufträge bekommen. „Wir haben rote Teppiche für sie ausgelegt, wenn ein Zentraleinkäufer kam“, berichtete Grupp. „Wir brauchen wieder die Verantwortung und Haftung zurück. Wir haben schon lange keinen Rechtsstaat mehr. Denn der Anständige ist der Dumme und der Unanständige wird gehypt“, so Grupp.

Mitarbeitern auch in schlechten Zeiten die Treue halten

Es könne nicht sein, dass sich Unternehmen in guten Zeiten vergrößern und in schwierigen Zeiten sofort Mitarbeiter entlassen, „die einem jahrlang die Treue gehalten haben“. Unternehmer, die wie Grupp selbst für ihr wirtschaftliches Handeln persönlich haften, sollten einen halben Steuersatz bekommen, um aus Steuergründen in die Haftung zu gehen, forderte Grupp.

Jeden Tag würden sich bei Trigema Unternehmensberater melden, um noch mehr aus dem Textilunternehmen herauszuholen. Grupp würde keinen von ihnen „ins Haus lassen“, das wäre nämlich ein Zeichen, dass der Unternehmer „eine große Flasche“ sei. „Wenn ich keine Ahnung habe und das nicht sehe, was der auf Anhieb sieht, das wäre fatal“, erklärte Grupp seine Abneigung für Unternehmensberater.

Ende des Jahres will Grupp das Zepter an seine Kinder Wolfgang junior und Bonita Grupp abgeben. Grupp senior ärgert sich indes über das Thema Erbschaftssteuer. „Ich würde als Politiker sagen: Die Kinder, die mit Begeisterung die Firma übernehmen und sie weiterführen und die Arbeitsplätze mindestens zehn Jahre garantieren, die kann man nicht mit Erbschaftssteuer belasten. Da muss man doch froh sein, dass das Ding weiterläuft“, so Grupp.

Solange die Menschheit nicht nackt rumläuft, habe ich etwas zu produzieren.

Trigema-Chef Wolfgang Grupp

Auch im Fall eines Misserfolgs sei eine Rückkehr auf den Chefsessel für Grupp senior ausgeschlossen – allein schon aus Altersgründen. „Sie kriegen das Unternehmen und dann haben sie auch die Verantwortung. Entweder machen sie ihre eigene Sache kaputt oder sie machen sie gut. Ich kann nur einen Rat geben“, so Grupp über die Zeit nach der Übergabe. „Ich habe Vertrauen in meine Kinder, weil sie mich seit Geburt erleben und sehen, wie ich entscheide“, betonte er. Hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit von Trigema hat Grupp keine Bedenken: „Solange die Menschheit nicht nackt rumläuft, habe ich etwas zu produzieren.“

Gelungener Auftakt der Vortragsreihe dreier lokaler Wirtschaftsverbände

Mit Wolfgang Grupp war den drei lokalen Wirtschaftsverbänden, dem Wirtschaftsforum der VG Rengsdorf-Waldbreitbach, dem Gewerbeverein der VG Dierdorf „Dierdorf aktiv“ und dem Gewerbeverein der Region Puderbach, zum Auftakt ihrer Vortragsreihe ein besonderer Coup gelungen, der vom Publikum mit viel Applaus und Lachern honoriert wurde. Ob nach dem unterhaltsamen Abend für die Unternehmer der Raiffeisenregion im Publikum auch ein Mehrwert herausgesprungen ist, wie sie ihr Unternehmen künftig nach Grupps Vorbild führen, bleibt allerdings fraglich.

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