Pilot Marvin Ramseyer nimmt die letzten Einstellungen vor, der Motor röhrt. Nun steuert er das kleine motorisierte Flugzeug mit vier Sitzplätzen auf die Startbahn des Flugplatzes in Dierdorf-Wienau. Mit dabei sind auch Puderbachs neue Revierforstleiterin Cornelia Fronk und ihr Sohn Samuel. Das Flugzeug ist ausgerichtet, nun beschleunigt Marvin Ramseyer. Der kleine Flieger hebt ab und erreicht langsam die gewünschte Höhe. Nach kurzer Zeit sind schon die Wälder rund um Puderbach zu sehen, Fronk deutet mit dem Finger darauf. Von oben sieht der Zustand des Waldes in der Gesamtheit noch prekärer aus: Es sind viele verwaiste Flächen und einige mit braunen Fichten zu erkennen.
Rund 150 Meter über den Wäldern bewegt sich der Flieger meist über das Reviergebiet der Försterin, neben Puderbach geht es auch über Ratzert, Niederwambach und Rodenbach. Zwischenzeitlich steigt der Flieger weiter in die Höhe, auch bis auf 1500 Meter Höhe, die verheerenden Waldschäden im Westerwald werden deutlich. Fortwährend gibt es somit für die neue Försterin, die seit Februar im Amt ist, sehr viel zu tun, feste Tagesstrukturen sind eine Seltenheit: „Mein Unwort des Jahres ist Planänderung.“
Alles in allem betreut Cornelia Fronk in ihrem Gebiet knapp 1000 Hektar Waldfläche, doch werden es nach und nach weniger. Aufgrund des Klimawandels und der damit verbundenen Dürreperioden sind die Bäume besonders anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Viele beschädigte Bäume müssen aus dem Wald abtransportiert werden. „Im Puderbacher Revier wurden in diesem Jahr schon 62.000 Festmeter Holz eingeschlagen – so viel wie normalerweise in zehn Jahren“, betont Fronk.
Gefahr durch beschädigte Bäume
Aber ein Stillstand ist nicht zu erwarten, sagt sie: „Noch ist kein Ende in Sicht.“ Gerade Fichten leiden unter den klimabedingten Folgen und „wir haben fast 50 Prozent Fichten“. Die Nacharbeiten dauern an. Fronk rechnet damit, dass diese bis Ende nächsten Jahres vorerst abgeschlossen sein könnten. Nur wird sich dann das Waldbild im Revier signifikant gewandelt haben: „Wenn wir fertig sind, werden noch um die 600 Hektar Wald stehen“, unterstreicht sie.
Aktuell strömen riesige Mengen Holz auf den Markt – in oft minderwertiger Qualität durch die verursachten Schäden, die Preise sind im Keller. Während viele Kommunen im Westerwald früher gutes Geld mit dem Holzvertrieb verdienen konnten, hat sich das Blatt gewendet. Nun ist es schon eine Herausforderung, allein die im Waldsektor entstehenden Kosten zu decken. Durch den vermehrten Abtransport werden die Wege oft in große Mitleidenschaft gezogen, müssen kostspielig wieder aufgebessert werden, sagt Fronk.
Ein weiteres ganz großes Thema ist die Verkehrssicherheit: „Wir können gar nicht so schnell aufräumen, wie neue Gefahrenquellen entstehen“, seufzt Fronk. In dem Kontext hebt sie hervor, dass Buchen gefährlicher, weil instabiler als Fichten sind und schneller entfernt werden müssen. Denn beschädigte Fichten können laut Fronk oft ruhig nach einem Jahr erst entfernt werden. Regelmäßig kontrolliert sie, ob die Verkehrssicherheit in und an den Wäldern gegeben ist. Neben möglichen Gefährdungen für den Straßenverkehr durch umfallende Bäume ist die Lage im Wald selbst sehr ernst: „Das Betreten des Waldes ist momentan so gefährlich wie nie“, sagt die Försterin. Menschen sollen sich dieser Gefahr bewusst sein und besondere Vorsicht walten lassen, wenn sie sich in Gebieten von vielen kaputten Bäumen aufhalten.
Die ungewisse Zukunft des Waldes
Doch neben den vielen aktuellen Problemen beschäftigt die Förster auch sehr die Zukunft des Waldes, das Bild dürfte sich sukzessive stark verändern. Dabei haben Forstwirte eine lange Zukunftsspanne im Blick: „In der Forstwirtschaft denken wir in Zeiträumen von 100 bis 130 Jahren“, sagt Fronk. Klimaprognosen sind nach aktuellem Stand für die Wissenschaft schwierig, viele Szenarien denkbar, deshalb sagt sie: „Wir müssen viel testen, können nicht nur auf Exoten setzen.“ Sie warnt davor, denn es würde das Ökosystem mit der bekannten Flora und Fauna zu sehr durcheinanderwirbeln. Sie kann sich unter anderem vorstellen, auf Nadelholzarten wie Schwarzkiefer oder Buchholz zu setzen, aber etwa auch auf die zähe und widerstandsfähige Elsbeere.
Nur werde die Wiederbewaldung sehr kostenintensiv. „Es wird eine riesige, aber auch wichtige Aufgabe“, unterstreicht Fronk. In dem Kontext betont sie die Bedeutung des Waldes, der viele wichtige Funktionen übernimmt. Zunächst einmal dient der Wald als Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten, stellt ein vielschichtiges Ökosystem dar. Darüber hinaus ist der Wald etwa ein Wasserspeicher, sorgt für die Luftreinhaltung und schützt vor Erosionen. Nur leidet der Wald in der Region sehr stark unter den schon eintretenden Folgen des Klimawandels wie längere Dürreperioden. Wie schlimm es schon um einzelne Areale bestellt ist, wurde nun Fronk mehr denn je durch den Flug deutlich: Von der verheerenden Dimension konnte sie sich aus der Höhe einen besseren Überblick verschaffen.
>>Info: Aktion Bäume Pflanzen: Sämlinge am Samstag ausbringen
Niederwambachs Ortsbürgermeister Joachim Ramseyer und die Revierförsterin Cornelia Fronk laden dazu ein, am 3. Oktober ab 10 Uhr Sämlinge aus der Niederwambacher Region an ausgesuchten Stellen im Wald gemeinsam auszubringen. Zugleich möchten sie mit den Helfern die selbst erstellten Hähertische aufbauen. Der Treffpunkt ist an den jeweiligen Dorfhütten, hier werden durch die Försterin eingewiesene Gemeindemitglieder die Gruppen übernehmen. Vor Eichenprozessionsspinnern wird gewarnt. Sollten Nester entdeckt werden, soll Abstand gehalten werden. Es wird empfohlen, festes Schuhwerk zu tragen und angespitzte Stöcke zum Stechen der Pflanzlöcher mitzubringen. Nach Abschluss der Pflanzaktion versammeln sich die Helfer in den jeweiligen Ortsteilen unter Einhaltung der Corona-Regeln zu einem gemütlichen Beisammensein.
Mehr zum Luftsportverein Neuwied: Der Luftsportverein Neuwied bietet vom Flugplatz in Dierdorf-Wienau Motor- und Segelflüge an. Regelmäßig gibt es auch Schnupperkurse. Laut Internetseite sind die Betriebszeiten an den Wochenenden, an Feiertagen oder bei schönem Wetter nach Feierabend. Nähere Informationen zum Mitflugangebot, zu den verschiedenen Lizenzen oder auch dem Luftsportverein stehen online unter lsv-neuwied.de, oder mehr gibt es auch per E-Mail an info@lsv-neuwied.de