„Gerade in einer Zeit, in der der europäische Frieden zunehmend bedroht scheint, finde ich es wichtiger denn je, dass junge Menschen sich aktiv für Frieden, soziale Gerechtigkeit und globale Solidarität engagieren können“, sagt Nils Dornseifer und lehnt sich in seinem Stuhl nach vorne. Im vergangenen Jahr hat der 22-Jährige über den Neuwieder Friedensdienst Eirene ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, in einem Jugendcamp im US-amerikanischen Bundesstaat Arkansas.
Das erste Mal im Kontakt mit Ausländern
Dort war er Verwalter von Sachspenden, Hausmeister, Kinder- und Jugendwart und Counselor – unter anderem. „Eigentlich habe ich so ziemlich alles gemacht“, so Dornseifer. Doch mit am meisten beeindruckt hat ihn der intensive Kulturaustausch. „Viele Kinder haben noch nie jemanden aus einem anderen Land getroffen, die hatten am Anfang erst einmal Berührungsängste.“ Doch nach einer kleinen Aufwärmphase sei die Wertschätzung umso größer gewesen. Dornseifer erinnert sich an einen Brief, den ein zwölfjähriges Kind nach dem Sommercampbesuch an ihn und die anderen Betreuer geschrieben hat: „Für uns ist es nur eine Woche, aber ihr habt diese Woche zu einer ganz Einzigartigen gemacht.“
Gewaltfreie Konfliktarbeit
Die Verein Eirene – Christlicher Friedensdienst setzt sich seit seiner Gründung 1957 für gewaltfreie Friedensarbeit ein. Dafür hat er Projekte in Afrika, Europa und Nord- und Südamerika und bietet die Möglichkeit, einen i nternationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) in Form eines Friedensdienstes zu absolvieren. Von gewaltfreier Konfliktarbeit in Belgien, der Unterstützung von Kindern aus sozial benachteiligten Familien in Rumänien oder Uganda bis hin zur Versöhnungsarbeit in Nordirland kann man in vielen Projekten mithelfen.
In Niger und Mali bietet Eirene unter anderem Kurse zu klimagerechter Landwirtschaft und zur Gewaltfreiheit an Schulen an. In Burundi fördert eine Partnerorganisation den Friedensjournalismus mit Seminaren zu einer umfassenderen und gerechteren Art der Konfliktanalyse und -berichterstattung.

Auch intern ist Eirene bei der Arbeit darauf bedacht, möglichst viel Offenheit zu leben und Missstände anzuprangern. Dafür erarbeitet sich die Organisation zum Beispiel seit 2017 den rassismuskritischen Veränderungsprozess. Und das Vorurteil, man müsse bei einem FSJ über eine christliche Aussendeorganisation auch Missionarsarbeit leisten, können Dornseifer und Stefan Heiß, Leiter des Kommunikationsreferats von Eirene, nicht bestätigen. Im Gegenteil: „Mein FSJ hat vor allem ausgezeichnet, dass Sachen hinterfragt werden“, sagt Dornseifer. „Ich musste erst einmal überlegen, was es für mich überhaupt heißt, einen Friedensdienst auf Basis christlicher Werte wie zum Beispiel Nächstenliebe oder Gewaltfreiheit zu leisten.“ Er selbst ist nicht gläubig.
Heiß sagt zu dem Thema: „Wir sind zwar ein christlicher Friedensdienst, aber wichtig sind uns eher bestimmte Werte wie Toleranz und Offenheit.“ Für das laufende Jahr sucht Eirene noch Freiwillige. „Man braucht vor allem Offenheit und etwas Mut“, sagt Dornseifer. Mit Vor- und Nachbereitungs- sowie Zwischenseminaren während des Friedensdienstes wird den Freiwilligen viel Unterstützung an die Hand gegeben.
„Unser oberstes Ziel ist es, dass die Leute die lehrreichste Zeit ihres Lebens haben.“
Stefan Heiß von Eirene in Neuwied
„Unser oberstes Ziel ist es, dass die Leute die lehrreichste Zeit ihres Lebens haben. Dafür setzen sich alle, die bei uns für die Freiwilligen zuständig sind, auch täglich ein“, so Stefan Heiß. Wer zwischen 18 und 28 Jahren alt und bereit ist, ein Jahr lang in einem fremden Land zu leben, kann sich auf der Eirene-Website um einen Friedensdienst bewerben. Die Aussendungen finden je nach Land von August bis Oktober statt.
Das Freiwilligenprogramm des Friedensdienstes sendet dabei nicht nur aus, sondern lädt auch ein: Freiwillige aus Zentralamerika, Uganda und Bolivien können zum Beispiel die Arbeit des Mehrgenerationenhauses in Troisdorf oder die Lebenshilfe-Werke in Trier unterstützen. Dafür sucht die Organisation Gastfamilien im Raum Neuwied, Koblenz und Bonn, die für einen oder mehrere Monate Freiwillige aufnehmen.