Wer einen oder mehrere der bisher drei Teile der Serie um die überwiegend deutschen Campinggäste und den italienischen Platzbesitzer Gianluca und seine französische Frau Ninett Spirelli gesehen hat, findet sich etwas leichter in die Geschichte hinein. Nötig ist das aber nicht, denn die Story funktioniert auch unabhängig von Vorkenntnissen. Sie ist eine Fortführung des bekannten Erfolgsrezepts der Freien Bühne Neuwied – das sind Tammy Sperlich und Boris Weber als Darsteller und Sänger sowie Holger Kappus, der sehr versiert die Keyboards spielt und hin und wieder ein Stichwort einwirft.
Weber und Sperlich schlüpfen immer wieder in verschiedene Rollen, sodass man das Gefühl bekommt, es wären deutlich mehr Darsteller auf der Bühne. Das liegt natürlich auch daran, dass beide enorm wandlungsfähig sind, und die verschiedenen Figuren mit ihren jeweiligen Macken und Besonderheiten sehr authentisch darstellen. Und sie wenden immer wieder kleine Bühnentricks an, um auch Dialoge mit mehr Figuren umzusetzen.
Weihnachtslieder bestimmen die Musikauswahl
Bei der Musikauswahl stehen diesmal diverse bekannte Weihnachtslieder auf dem Programm, deren Texte meist passend zur Handlung angepasst wurden. Um das Publikum gleich richtig einzustimmen, geht es mit „Last Christmas“ los, das die beiden singen, während sie den Campingplatz im Eiltempo mit Weihnachtsschmuck ausstaffieren. Die Gäste sind derweil mitsamt den zu erwartenden Wichtelgeschenken – wenn Weber dieses Wort mit italienischem Akzent ausspricht, hört es sich sehr witzig an – und dem großen Weihnachtsbaum noch unterwegs.
Letzteren bringt ausgerechnet der kleinwüchsige Ross Mc. Beutlin mit – bis er tatsächlich fertig aufgestellt und dekoriert ist, ist der Abend schon weit fortgeschritten. Denn erwartungsgemäß geht es auf dem Campinglatz nicht anders zu als bei vielen Familien: Die Vorstellungen darüber, wie Weihnachten richtig zu feiern ist, gehen deutlich auseinander. Und bevor es doch zu einem friedlichen Fest kommt, müssen einige Konflikte aus dem Weg geräumt werden.
Komödie mit tiefgründigeren Themen
Bei der diesjährigen Erstaufführung ging das Publikum dabei intensiv mit und belohnte die originellen Dialoge, die witzigen Ideen und die gekonnten Gesangseinlagen mit lautem Lachen und viel Applaus. Und auch wenn das Stück vordergründig vor allem als Komödie mit viel Klamauk und skurrilen Figuren zu sehen ist, verbergen sich darin durchaus auch ein paar tiefgründigere Themen. Auch bei der Musikauswahl gibt es Überraschungen. So sorgt etwa die Bearbeitung des Stücks „Papa, Can You Hear Me“, das aus dem Film „Yentl“ mit Barbra Streisand stammt, für reichlich Gänsehaut und Tiefgang. Nicht nur dabei kann Tammy Sperlich beweisen, dass sie über eine außergewöhnliche Stimme verfügt.
Erwartungsgemäß lassen sich gangbare Kompromisse finden, mit denen die Differenzen zwischen den unterschiedlichen Campern überwunden werden. Zum Klang von „It's Beginning to Look a Lot Like Christmas“ können sich aufgrund der Besonderheit der Inszenierung zwar nicht alle Beteiligten – insgesamt stellen die beiden ein knappes Dutzend Personen dar – in den Armen liegen. Doch die Voraussetzungen für ein gelungenes Weihnachtsfest der Dauercamper sind jedenfalls hergestellt. Und das Publikum würde gern noch eine Zugabe hören.