Annemie Dasbach wird 90
Viele Generationen lehrte sie Tanz und Gymnastik
Annemie Dasbach wird am 6. November 90 Jahre jung und ist kein bisschen müde: Die Rheinbrohlerin hat einige Lizenzen und Ehrenurkunden nach 60 Jahren als Übungsleiterin des TV Rheinbrohl.
Daniel Rühle

Sie wird am 6. November stolze 90 Jahre alt und steht jede Woche in der Turnhalle auf der Matte: Annemie Dasbach ist seit 60 Jahren Übungsleiterin beim TV Rheinbrohl. Generationen von Rheinbrohlern haben bei ihr Gymnastik und Tanz gelernt.

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Eines steht fest: Annemie Dasbach ist fit wie ein Turnschuh. Dass die Rheinbrohlerin nun am 6. November 90 Jahre alt wird, merkt man ihr nicht an. Und das, obwohl sie in ihrem Leben bereits schwere Schicksalsschläge und Krankheiten erlitten hat. Eine Sache hat sie durchhalten und weitermachen lassen: Gymnastik. Seit mehr als 60 Jahren ist sie als Übungsleiterin beim TV Rheinbrohl ehrenamtlich im Einsatz und lehrte mehrere Generationen das Tanzen und Turnen.

Die Friseurprüfung mit einer „biestigen Prüferin“

Dabei war Dasbach eigentlich Friseurin. Als Kind nach der Bombardierung der Stadt Krefeld im Krieg nach Bernkastel-Kues an die Mosel gekommen, schnitt sie Anfang der 1950er-Jahre Haare. Ihrer Chefin folgte sie dann von der Mittelmosel nach Rheinbrohl, wo sie weiter als Friseurin arbeitete und ihre Abschlussprüfung in Neuwied ablegte – bei einer „biestigen Prüferin“, wie sie heute lachend sagt.

Ihren Mann lernte sie in Rheinbrohl kennen, kurz nach der Hochzeit im Jahr 1956 kamen die Kinder auf die Welt. „Durch unsere Tochter bin ich 1960 zum TV Rheinbrohl gekommen“, erzählt Dasbach beim Termin mit unserer Zeitung.

„Nach der Geburt war ich zu Untersuchungen im Krankenhaus, und man hat mir gesagt, dass meine Bauchmuskeln ganz schlaff seien.“
Annemie Dasbach über den Auslöser für ihre Leidenschaft für Gymnastik

Wer jetzt denkt, sie sei als Mutter einer Kinderturnerin in Berührung mit dem TV gekommen, der liegt falsch. „Nach der Geburt war ich zu Untersuchungen im Krankenhaus, und man hat mir gesagt, dass meine Bauchmuskeln ganz schlaff seien“, erklärt Dasbach. Das habe sie nicht auf sich sitzen lassen, sei sofort in den TV Rheinbrohl eingetreten und habe einmal die Woche Gymnastik gemacht. Nach nur sechs Monaten hätten dieselben Ärzte gestaunt, wie sie ihren Körper auf Vordermann gebracht hatte, erzählt das Geburtstagskind lachend.

Danach kam eines zum anderen: Den Beruf wechselte Annemie Dasbach später und machte mit Anfang 40 die Ausbildung zur Altenpflegerin, aber die Gymnastik blieb. Und der TV Rheinbrohl, dem sie seit Jahrzehnten treu verbunden ist. Ab Anfang der 1960er-Jahre gab sie Kurse: Gymnastik für Frauengruppen, Kinderturnen für die Kleinen. Annemie Dasbach machte Jahr um Jahr ihre Scheine für die Trainerlizenzen des Deutschen Sportbunds und war mehrmals die Woche im Einsatz für den TV.

Immer Mittwochmorgens findet ihr Gymnastik-Kurs statt. Derzeit nehmen 17 Frauen teil.
Eva-Maria Langguth

Auch an Karneval: Sowohl in Rheinbrohl als auch in Bad Hönningen trainierte Annemie Dasbach Tanzgruppen, die in der fünften Jahreszeit eine flotte Sohle aufs Parkett zauberten. Bilder und ganze Bildbände davon stehen in ihrem Bücherschrank an einem Ehrenplatz.

All diese Leistungen hallen heute nach: Annemie Dasbach wird auf der Straße von vielen erkannt und gegrüßt – die meisten Rheinbrohler waren in den vergangenen Jahrzehnten in einem ihrer Kurse oder Tanzgruppen oder kennen jemanden, der es war. Einen Kurs beim TV Rheinbrohl gibt sie immer noch: 17 Frauen treffen sich Mittwochsmorgens für eine Stunde in der Turnhalle und folgen den Anleitungen der 90-Jährigen. Aber viele seien abgewandert, meint Dasbach, Rehasport im Fitnessstudio werde von der Krankenkasse komplett gezahlt, ihre Kurse nicht, bedauert sie.

Kleine Vorlesestunde für die Teilnehmerinnen

Die Trainingseinheiten sind dabei immer anders: „Ich bereite jeden Kurs vor und suche Musik raus. Ich mache nicht zweimal dasselbe“, betont Dasbach. Nach einer Atemübung zum Start gibt es bei ihr anstrengende Power-Gymnastik mit Geräten, Bällen und Gewichten. „Und dann kommt die Entspannung. Da lese ich den Damen dann etwas vor“, merkt die Rheinbrohlerin an.

Und das kommt an. Eva-Maria Langguth ist eine der Frauen, die die Kurse von Dasbach besucht. Unserer Zeitung gegenüber schwärmt Langguth von Annemie Dasbach, von ihrer lockeren Art, ihrem Talent, andere zu motivieren, aber auch von ihrer Herzensgüte. „Ich denke, ich spreche da für alle Frauen“, meint Langguth. Dasbach habe viel für die Beweglichkeit von Generationen von Rheinbrohlern geleistet, ist sich Langguth sicher.

„Man muss auch mal deutlich machen, was Gymnastik bringt.“
Annemie Dasbach hat die Gymnastik vor einem Leben im Rollstuhl durch eine Rückgratverkrümmung bewahrt.

Dabei sah es in Annemie Dasbachs Leben nicht immer so aus, als ob sie bis ins hohe Alter sportlich aktiv bleiben könnte. Mit 30 litt sie an einer Rückgratverkrümmung. Ärzte prognostizierten, dass sie ihren 40. Geburtstag im Rollstuhl feiern müsse. „Das war ein Warnsignal“, sagt Dasbach und strafte die Mediziner Lügen. „Man muss auch mal deutlich machen, was Gymnastik bringt“, meint die 90-Jährige und verweist darauf, täglich Übungen zu machen – und die Kurse mittwochs. Und das in einem Alter, in dem so manch anderer den Rollator oder den Treppenlift benötigt.

Vor ein paar Jahren kam der Krebs in der Niere. Auch diesen bezwang Annemie Dasbach auf ihre unnachahmliche Art – und stand ein Vierteljahr später wieder auf der Matte und gab Kurse, obwohl die Ärzte die damals 87-Jährige bereits abgeschrieben hatten.

In einem kleinen Fotoband von ihrer Tanzgruppe aus Bad Hönningen hat Dasbach viele Aufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten.
Daniel Rühle

Eines steht fest: Trotz Krankheiten und Rückschlägen hat Annemie Dasbach etwas sehr Wertvolles aus ihrem Leben gemacht. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten ihren Dienst für die Gesellschaft geleistet – ehrenamtlich. Wer weiß, wie viele ohne ihre Kurse nicht mehr die nötige Beweglichkeit für den Alltag besitzen würde? Und auch mit 90 Jahren ist sie noch nicht müde, ihr Wissen und ihre Energie in Kursen an Jüngere weiterzugeben, „solange mich die Leute noch wollen“.

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