Unternehmen hält sich laut Verdi nicht an Vertragsvereinbarungen
Verpackungshersteller Coveris: Neue Tarifrunde – alte Probleme
Bei Coveris laufen derzeit Verhandlungen für einen neuen Tarifvertrag. Nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi hat sich die Situation für die Mitarbeiter seit Abschluss des letzten Vertrages Anfang 2019 kaum verbessert. Dass wieder über einen Sanierungstarifvertrag verhandelt wird, begründet die Werkleitung damit, den Standort Neuwied langfristig sichern zu wollen.
Jörg Niebergall

Neuwied. Vor ziemlich genau zwei Jahren, Anfang Februar 2019, einigten sich die Gewerkschaft Verdi und die Unternehmensleitung des Verpackungsherstellers Coveris (ehemals „Reuther“) auf einen Sanierungstarifvertrag. Dieser läuft nun aus. In zwei Tarifrunden wurde bereits über einen neuen Vertrag verhandelt, jedoch ohne Ergebnis. Nun hängt alles von der dritten Verhandlungsrunde am kommenden Donnerstag, 25. Februar, ab. Die Streitpunkte sind nahezu dieselben wie vor zwei Jahren. War damals noch die drohende Insolvenz Grund für einen Sanierungsvertrag, argumentiert das Unternehmen jetzt, den Standort Neuwied sichern zu wollen.

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„Die Unternehmensleitung hat offenbar Gefallen daran gefunden, von den Mitarbeitern immer wieder Verzicht einzufordern“, beschreibt Michael Holdinghausen von der Gewerkschaft Verdi die Rahmenbedingungen der aktuellen Verhandlungen. Nach wie vor sollten die Mitarbeiter beispielsweise ohne Lohnausgleich pro Woche 37,5 statt der tariflich vereinbarten 35 Stunden arbeiten. Ein Vorgehen, das nach Gewerkschaftsangaben in dem Unternehmen seit 2004 gängige Praxis ist. „Nach 13 Jahren hat man dann ziemlich genau ein Jahr umsonst gearbeitet – ohne Rentenbezüge“, rechnet Holdinghausen vor.

Mitarbeiter sind Verzicht satt

Darüber hinaus möchte das Unternehmen die Jahressonderzahlung um 10 Prozent kürzen. Über welchen Zeitraum sei noch nicht klar. Dass Mitarbeiter auf Leistungen verzichten, hat bei Coveris offenbar System. „Mittlerweile ist allerdings der Punkt erreicht, an dem die Beschäftigten sagen: Wir wollen nicht mehr verzichten“, sagt Landesfachbereichsleiter Holdinghausen.

Coveris-Werkleiter Frank Heling beurteilt die Situation am Standort Neuwied hingegen ganz anders: „Die Kooperation von Belegschaft, Belegschaftsvertretung und Management war in den vergangenen Jahren konstruktiv und hat gegenseitiges Vertrauen geschaffen. Das Unternehmen hat alle Zusagen in Maschineninvestitionen und Mitarbeiterausbildung übererfüllt.“

Verdi: Coveris ist Tarifanpassung schuldig

Was das Unternehmen laut Verdi hingegen nicht erfüllt hat, ist ein elementarer Punkt des Vertrags von 2019: Nachdem Coveris klammheimlich aus der Tarifbindung ausgestiegen war, hatte Verdi seinerzeit in den Verhandlungen erwirkt, dass diese Entscheidung zurückgenommen wird. Damals sei festgehalten worden, dass in der Vertragsperiode 2019/20 eine Tariferhöhung nachgeholt wird. Der Verpackungshersteller weigere sich bislang jedoch, diese vorzunehmen: „Wenn ich zum Beispiel ein Auto kaufe, einen verbindlichen Vertrag mache, dann möchte ich irgendwann auch das Fahrzeug erhalten. Diese Anpassungen müssen kommen. Das Unternehmen muss liefern.“

Holdinghausen sieht den Coveris-Standort Neuwied mittlerweile grundsätzlich „auf einem guten Weg.“ Das Unternehmen habe die Insolvenz abwenden können, nun müssten sich auch die Bedingungen für die Mitarbeiter verbessern. „Mit Werkleiter Frank Heling ist endlich jemand in leitender Position, der seinen Job versteht und die Branche kennt“, so Verdi.

Verhandlungen gehen in dritte Runde

Nachdem die Gewerkschaft in der ersten Verhandlungsrunde nicht von ihren Positionen abrücken wollte, zeigt man sich mittlerweile kompromissbereiter. Verdi kann sich vorstellen, dass die Mitarbeiter auch weiterhin 37,5 statt 35 Wochenstunden arbeiten gehen. Allerdings nur, wenn es vier Gesundheitstage als Ausgleich gibt. Für einen weiteren Gesundheitstag könnte man sich auch vorstellen, die Kürzung des 13. Monatsgehaltes um 10 Prozent zu akzeptieren. An der Tarifanpassung wolle man aber festhalten.

Verdi teilt außerdem mit, dass es ein Angebot seitens Coveris gibt, insgesamt 2,5 Millionen Euro in den Standort Neuwied investieren zu wollen. Jedoch gebunden daran, dass in der dritten Verhandlungsrunde am 25. Februar eine Einigung erzielt wird.

Werkleiter Frank Heling kommentiert den Stand der Verhandlungen wie folgt: „Wir sind überzeugt, dass allen Beteiligten klar ist, dass wir uns am Beginn der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg befinden. Des Weiteren ist das Thema Kunststoffverpackung aktuell massiv unter Druck. Das Ergebnis der aktuellen Tarifverhandlungen muss Voraussetzungen schaffen, damit der Standort Neuwied diese Krise überstehen kann.“

Die Gewerkschaft behält es sich vor, die Belegschaft zu einem Warnstreik aufzurufen. Auf einer digitalen Mitgliederversammlung, die am 20. Februar stattfindet, soll dieser Punkt thematisiert werden. „Wenn es dazu kommt, wird es allerdings aufgrund der Pandemie eine andere Form von Streik. Wir würden unsere Forderungen nicht durch ein Megafon blasen. Entweder es gibt eine Streikmaßnahme vor dem Betriebsgelände, mit viel Abstand, oder wir würden die Beschäftigten sofort nach Hause schicken“, skizziert Michael Holdinghausen mögliche Szenarien. Der Betriebsrat in Person von Rolf Kurz hält sich unterdessen bedeckt. Man wolle sich aus „taktischen Gründen“ noch nicht äußern.

Von unserem Reporter

Tim Saynisch

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