Neuwied
Verkettung unglücklicher Umstände: Darum sank das Neuwieder Fahrgastschiff „Carmen Sylva“
Fahrgastschiff mit Steigeranlage im Hafenbecken gesunken
Um das Schiff und seinen ehemaligen Eigner hatte es in Neuwied lange juristische Streitereien gegeben.
Sascha Ditscher

Knapp acht Monate ist es her, dass das ehemalige Neuwieder Fahrgastschiff „Carmen Sylva“ im Hafen von Brohl-Lützing gesunken ist. Jetzt steht fest, dass das Absinken auf einer Verkettung unglücklicher Umstände beruht. Das teilte die Staatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag auf Anfrage der Rhein-Zeitung mit.

Fahrgastschiff mit Steigeranlage im Hafenbecken gesunken
Um das Schiff und seinen ehemaligen Eigner hatte es in Neuwied lange juristische Streitereien gegeben.
Sascha Ditscher

Die „Carmen Sylva“ war im Dezember 2021 infolge einer Zwangsräumung von Neuwied aus in den Hafen von Brohl-Lützing geschleppt worden. Dort sank das Schiff am Abend des 28. März dieses Jahres auf den Grund des Hafenbeckens. Dabei trat auch eine geringe Menge an Öl- und Kraftstoffen aus, die von der Feuerwehr jedoch eingedämmt werden konnte.

An Bord der „Carmen Sylva“ lag keine Ursache für die Havarie vor

Um die Ursache der Havarie herauszufinden und um zu klären, ob möglicherweise eine Straftat vorliegt, leitete die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen ein. Dazu wurde auch ein Gutachten in Auftrag gegeben, das inzwischen ausgewertet worden ist.

Demnach beruht das Absinken der „Carmen Sylva“ nicht auf einem strafrechtlich relevanten Verschulden. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, sei bereits bei der Bergung des Schiffes kein Austritt von Wasser aus dem Schiffsrumpf zu beobachten gewesen, das auf das Vorhandensein von Leckagen hätte hindeuten können. Das in Auftrag gegebene Gutachten eines Schiffssachverständigenbüros habe nun bestätigt, dass an Bord der „Carmen Sylva“ keine Ursache für die Havarie vorlag.

Allerdings sei bei der Bergung der „Carmen Sylva“ beobachtet worden, dass Wasser aus einem der Pontons lief. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz erklärt, fand sich in einem Ponton in einem nicht einsehbaren Bereich eine Durchrostung in der Außenhaut, die sich bei normaler Schwimmlage etwa 55 Zentimeter über der Wasserlinie befand. Über diese Öffnungen habe nach den Ausführungen des Sachverständigen ohne weiteres Regenwasser eindringen können, wodurch sich der Tiefgang erhöht.

Absinken beruht auf einer Verkettung unglücklicher Umstände

Fahrgastschiff mit Steigeranlage im Hafenbecken gesunken
Auf dem Heck des Havaristen haben es sich zwei Wasservögel gemütlich gemacht.
Sascha Ditscher

Das führt dazu, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt durch den Wellenschlag weiteres Wasser über die festgestellte, aber nicht sichtbare Leckage in den Ponton eindringen konnte. Der Tiefgang kann sich dann so weit erhöhen, dass die anderen Decksöffnungen so weit an die Wasseroberfläche kommen, dass wiederum durch Wellengang weiteres Wasser in das Pontoninnere eindringen kann, wodurch sich der Tiefgang wiederum erhöht und weiteren Wassereinbruch begünstigt, erklärt die Staatsanwaltschaft.

So kam es schließlich zur Havarie: Durch den Wassereinbruch in diesen Ponton seien offensichtlich dieser und ein weiterer Ponton gesunken und haben durch das Gewicht das Fahrgastschiff zur Backbordseite gedrückt, teilt die Staatsanwaltschaft mit. „Durch die Veränderung der Trimmlage des Schiffes nach hinten und zur Backbordseite wurde die Öffnung im Heck des Bootes abgesenkt, sodass Wellenschlag Wassereinbruch in den Maschinenraum erzeugen kann, wodurch sich der Tiefgang des Fahrgastschiffes mit zunehmender Geschwindigkeit weiter erhöht.“

Der Havarie der „Carmen Sylva“ liegt demnach kein strafrechtlich relevantes Verschulden zugrunde. „Nach den Ausführungen des Gutachters ist davon auszugehen, dass das Absinken auf einer Verkettung unglücklicher Umstände beruht, welche in ihrer Gesamtheit zum Absinken des Bootes und letztlich der Gewässerverunreinigung führte“, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Aus diesem Grund habe sie das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Zuschlag für 20.600 Euro

Nach der Havarie Ende März musste die „Carmen Sylva“ im April von einer Spezialfirma geborgen werden. Danach wurde das ehemalige Fahrgastschiff zwischenzeitlich sogar als Wrack eingestuft – eine Einschätzung, die im Mai vom Landgericht Koblenz revidiert wurde, sodass es zur Zwangsversteigerung kommen konnte. Ende Juli erhielt ein privater Bieter für die Summe von 20.600 Euro, was in etwa den angefallenen Gerichtskosten entsprach, den Zuschlag. Es war das einzige Gebot, das für die „Carmen Sylva“ worden war.

Die „Carmen Sylva“ war einst das Flaggschiff der Familienflotte des Neuwieder Unternehmens Collée. Sie wurde am 29. April 1968 in Dienst gestellt und war zu ihrer Zeit das größte Schiff in Privathand auf dem Rhein zwischen Köln und Rüdesheim.

Top-News aus der Region