Ratsentscheidung in Bad Hönningen ruft Kritiker auf den Plan - Stadtchef Schmitz: "Unglücklich gelaufen"
Unglücklich gelaufen? Kritik an Verbindungsstraße an der evangelischen Kirche in Bad Hönningen wird laut
Die Stadt Bad Hönningen möchte eine Verbindungsspange zu den Rheinanlagen schaffen. Dazu soll das Gebäude zwischen Gästehaus Sonnenschein und evangelischer Kirche angekauft und für eine Straße abgerissen werden. Am Vorgehen wird in der Stadt Kritik laut. Foto: Sabine Nitsch
Sabine Nitsch

Bad Hönningen. Die Wogen schlagen in Bad Hönningen hoch. Der Grund: Der Stadtrat hat in der Sitzung am 5. November die Aufstellung des Bebauungsplanes „Verbindungsspange Rheinanlagen Süd“ mehrheitlich bei einer Gegenstimme beschlossen. Die neue Verbindungsstraße, so die Idee, soll zwischen der evangelischen Kirche und der Pension Sonnenschein von der Rheinallee bis auf die Hauptstraße durchgeführt werden.

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Das geht allerdings nur, wenn die Stadt das Haus Nr. 58 an der Hauptstraße samt des bis an die Rheinanlagen reichenden Grundstücks erwirbt und das leerstehende Gebäude, das derzeit im Eigentum der Kandelium GmbH (früher Solvay) ist, abreißt. Das Planungsbüro Dittrich wurde mit der Ausarbeitung eines Planentwurfes und den hierfür erforderlichen Vermessungsarbeiten beauftragt.

Stadt macht von Vorkaufsrecht Gebrauch

Der Hintergrund: Kandelium hat den werkseigenen Mietern und all ihren regulären Mietern die eigenen Wohnimmobilien priorisiert zum Kauf angeboten. Für die in Rede stehende Immobilie gibt es einen Kaufinteressenten. Die Finanzierung, so die Information unserer Zeitung, war geklärt, auch ein Notartermin stand schon fest. Jetzt hat die Stadt Bad Hönningen ihr Interesse am Kauf angemeldet und pocht auf ihr Vorkaufsrecht, um die Möglichkeit zu haben, die neue Rheinspange zu realisieren.

Das Vorhaben sorgt bei den Nachbarn für große Irritationen. „Wir wurden im Vorfeld nicht informiert. Wir sind von dem Beschluss total überrumpelt. Wir sind mit der Vorgehensweise des Rates und der Stadt in keiner Weise einverstanden und fordern umgehend eine Einwohnerinformation“, sagt Pfarrer Christoph Schwaegermann, der auch bemängelt, dass der Beschluss in einer Ratssitzung am Samstag in den Herbstferien gefällt wurde. „Das hat doch kaum jemand mitbekommen. In der Einladung zur Sitzung stand nur ,Verbindungsspange Rheinanlagen Süd‘. Da hat man die Brisanz des Themas gar nicht erkannt. Die Kirchengemeinde ist gegen dieses Projekt, und wir werden Einspruch erheben“, sagt Schwaegermann.

Das Thema Verbindungsstraße ist nicht neu. Die Suche nach einer Möglichkeit, sie zu realisieren, läuft seit 1984.

Stadtbürgermeister Reiner W. Schmitz erklärt, dass dsa Thema kein Neues ist.

Wenig begeistert zeigt sich auch der Autor eines Briefes, der unsere Zeitung erreicht hat. Das Schreiben ist mit „Skandal Bad Hönningen“ unterzeichnet. Darin erläutert der Schreiber die Gemengelage aus seiner Sicht. Nur 150 Meter weiter gebe es an der Sparkasse mit der Straße „Im Plänzer“ eine bewährte Verbindung Richtung Rhein. Eine neue Straße für den Campingwagenverkehr zu den Rheinanlagen sei folglich nicht nötig. Es führe nur zu einem noch höheren Verkehrsaufkommen im Bereich der neuen Straßeneinmündung, was zu einer Verschärfung der Lage auch für den Linienbusverkehr führen würde. „Außerdem wird dann der südliche Kur-Park der Rheinanlagen von der neuen Straße zerschnitten. Die asphaltierte Straße, die dort zwischen den beiden Kurparkflächen ist, soll nicht mehr benutzt werden“, zählt der Briefeschreiber weitere Kritikpunkte aus seiner Sicht auf.

Die neue Rheinspange werde zudem geplant, „ohne, dass sie von der Kirche und den Anwohnern akzeptiert werden würde. Bisher wusste niemand davon“, so der Autor, der auch die Verkehrssicherheit an dieser Stelle bezweifelt. Er befürchtet, dass der städtische Haushalt eine solche Investition ohnehin nicht zulässt und es auch keine Zuschüsse geben wird. „Für den Bau verantwortlich würde die Gemeinde sein“, so der Schreiber.

“Unglücklich gelaufen" – Stadtchef erklärt Vorgehen der Stadt

Der Bad Hönninger Ortsbürgermeister Reiner W. Schmitz räumt im Gespräch mit unserer Zeitung ein, dass der geplante Grundstückskauf durch die Stadt „sehr unglücklich gelaufen“ sei. „Das Thema Verbindungsstraße ist nicht neu. Die Suche nach einer Möglichkeit, sie zu realisieren, läuft seit 1984. Die Verkehrsinfrastruktur soll auf zukunftsfähige Füße gestellt werden. Als Kandelium den Verkauf der Liegenschaften vor einigen Monaten signalisierte, hat die Stadt umgehend Interesse für die Immobilie samt Grundstück angemeldet und Vorgespräche geführt. Die Immobilien wurden ohne unser Wissen an die Immobilienabteilung der Sparkasse übergeben. Wir waren total überrascht davon, dass Kandelium auch das Haus Hauptstraße 58 der Sparkasse zur Vermarktung übergeben hat. Wieso auch immer das Haus auf den Markt gekommen ist, wissen wir nicht. Es gab offensichtlich ein Kommunikationsproblem. So hätte es nicht laufen sollen“, betont Schmitz.

Für den potenziellen Käufer sei das jetzt sehr bitter. „Ich kann die Enttäuschung nachvollziehen. Vielleicht kann der Betroffene eine andere Immobilie von Kandelium erwerben“, so der Stadtbürgermeister. Noch sei allerdings im Hinblick auf die Rheinspange gar nichts entschieden. „Es geht derzeit um eine Vorplanung. Wir werden natürlich bei der Planung auch die Thematik Lärm im Auge behalten“, so Schmitz, der glaubt, dass das Projekt rund eine halbe Million Euro kosten könnte. Die Finanzierung müsse jetzt geklärt werden.

Bagger rollen vermutlich Ende 2023

„Es geht erstmal nur um die Einleitung eines Bebauungsplanes, auch damit wir die Dinge seriös bewerten können und Pro und Contra abwägen können“, sagt Ratsherr Thomas Gollos (SPD) mit Blick auf die vergangene Ratssitzung. Bis eventuell Bagger rollen, so schätzt auch Schmitz, wird es Ende 2023 sein.

Von Sabine Nitsch

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