Müssen die Gewerbetreibenden in Straßenhaus um ihre Existenz fürchten? Spätestens 2026 beschäftigt sich der Landesbetrieb Mobilität (LBM) mit den Planungen für eine Ortsumgehung. In den Nachbargemeinden Rengsdorf (Umgehung seit 2014) und Oberbieber (seit 2000) war das vor vielen Jahren auch mal ein Thema. Unsere Zeitung sprach mit den „Betroffenen“, und die sind größtenteils gar nicht mal so unglücklich, dass der Verkehr nicht mehr durch die Ortsmitte fließt.
„Auch wenn nicht alle jetzt hier bei uns vorbeifahren, hat sich nach der Freigabe der Umgehung bei uns nicht viel geändert“, sagt Heike Becker, Geschäftsführerin vom Seat-Autohaus in der Westerwaldstraße. „Die Stammkunden sind uns treu geblieben, viele Neukunden kamen hinzu. Dass nebenan eine Tankstelle ist, kommt uns vielleicht zugute. In Sachen Verkehr ist das alles nun ein wenig besser geregelt. Wir sind nicht unzufrieden.“
Nimetula sorgt vor – im kleinen Rahmen
Ali Nimetula, seit fünf Jahren Besitzer des Eiscafé Skupi in der Nähe der Verbandsgemeindeverwaltung, hat ganz andere Probleme. „Dass jetzt weniger Autos hier durchfahren, sorgt natürlich für einen angenehmeren Aufenthalt, wenn unsere Gäste draußen sitzen“, sagt der gebürtige Albaner. „Aber es fehlen hier einfach die Parkplätze. Da würde ich mir für die Zukunft noch eine bessere Lösung wünschen.“ Im kleinen Rahmen hat Nimetula schon mal vorgesorgt. Wer bei ihm einen Espresso trinkt oder ein Eis isst, kann sein E-Bike kostenlos aufladen.

„Die Umgehung hat für uns nur positive Effekte gebracht“, sagt Alexandra Weinberg, Chefin vom Buchladen Rengsdorf, der mit Büchern, Schreibwaren, Lotto-Annahmestelle fast schon als erweiterter Kiosk bezeichnet werden kann. „Unsere Kunden finden stets einen Parkplatz und brauchen keine Angst mehr zu haben, wenn sie die Straße überqueren.“ Die meisten Kunden haben dem Geschäft die Treue gehalten. Und vom Durchgangsverkehr hat man hier früher auch nicht profitiert.
„Auch wir leben seit Jahren von unseren Stammkunden.“
Aifan Wang vom China-Restaurant Jade
„Auch wir leben seit Jahren von unseren Stammkunden“, sagt Aifan Wang vom China-Restaurant Jade, das seit mehr als 20 Jahren in der Westerwaldstraße die Gäste mit asiatischen Köstlichkeiten und freitags und am Wochenende auch mit einem riesigen Büffet verwöhnt. „Durchfahrende Autos haben hier selten angehalten. Es kommen aber nicht nur Rengsdorfer, sondern auch Kunden aus den benachbarten Orten.“
„Eigentlich können wir froh sein, dass hier nicht mehr so viele Autos durchfahren“, sagt Jessica Drothen, die vor dreieinhalb Jahren die Metzgerei Westerwälder Landspezialitäten in der Friedrich-Rech-Straße in Oberbieber übernommen hat. „Da sind wir schon froh, wenn unsere Kunden auf dem Lila-Platz ihr Auto abstellen können. Wenn wir vor dem Geschäft noch ein paar Parktaschen bekämen, wäre es natürlich spitze.“ Hauptsächlich Stammkunden aus Oberbieber, aber auch von außerhalb halten der ehemaligen Metzgerei Kochhäuser (von 2006 bis 2022 Filiale der Metzgerei Siegel aus Thalhausen) die Treue, und es kommen immer wieder neue hinzu.
Rückgang der Fahrzeuge wird als angenehm empfunden
„Als die Umgehung fertig war, waren wir noch gar nicht hier“, sagt Brigitte Kastrup, die die Bieberburg im Jahr 2008 mit Schreibwaren, Lotto-Annahmestelle und Postagentur übernommen hat. „Wir haben sehr viele Stammkunden, aber auch viel Laufkundschaft. Da viele Postagenturen schließen, kommen auch Kunden von außerhalb zu uns.“
Katrin Grübel, die seit ein paar Jahren bei der Provinzial-Versicherung arbeitet, findet den Rückgang der Fahrzeuge eher angenehm. „Als hier alles durchgedonnert ist, ist die Geräuschkulisse doch sehr hoch gewesen. So ist es einfach ruhiger. Und bei uns hält ja auch niemand ohne driftigen Grund an, wenn er gerade mal hier vorbeifährt.“