Von unserem Redakteur Ralf Grün
Die Frage, ob der Angeklagte mit auf das Opfer einschlug und sich die erbeuteten etwa 15 000 Euro mit seinem Gläubiger teilte, bleibt aber weiterhin ungeklärt. Die Staatsanwaltschaft geht zumindest bislang genau davon aus.
Rechtsanwalt Thomas Tschammer hatte bereits beim Prozessauftakt erklärt, dass sein Mandant nicht unmittelbar am Überfall beteiligt gewesen sei. Der heute 26-Jährige habe damals viel Kokain konsumiert und Schulden in Höhe von etwa 2500 Euro bei seinem Dealer gehabt. Als dieser den Zahlungsdruck erhöhte, bekam er demnach Angst um seine Freundin, die gleichaltrige Mitangeklagte, weil bekannt war, dass sie als Prostituierte arbeitete. Von seiner Freundin wusste er, dass ihre Kollegin stets viel Geld bei sich trug. Daraufhin habe sein Mandant den Tipp mit dem Geld an seinen Gläubiger weitergegeben – und sei davon ausgegangen, dass der Frau lediglich die Tasche mit dem Geld entrissen werden sollte und er so seine Schulden los sei. Dass die Räuber dem Opfer derart zusetzten, habe ihn geschockt.
Angeklagter hatte sich nicht getraut, zuzuschauen
Dem Vorsitzenden Richter Thomas Metzger erschienen die bisherigen Angaben zum Überfall „ein bisschen blutleer“. Deshalb animierte er den 26-Jährigen, das Ganze mal aus seiner Sicht zu schildern. Der sprach davon, auf Gläubigerseite einen Kontaktmann gehabt zu haben, dem er die Infos für den Überfall übermittelt habe. Er selbst sei in der Tatnacht in der Nähe der Finca Erotica gewesen, habe den Anruf seiner Freundin erhalten und die Info, dass die Frauen die Finca verlassen wollten, an seinen Kontaktmann weitergegeben. Die vermummten Männer hätten in einer Nebenstraße in einem Auto gewartet. „Ich wollte das Ganze beobachten, habe mich dann aber doch nicht getraut.“
Die Mitangeklagte gab sich einsilbig. Auf die Frage von Richter Metzger, was sie vom Überfall wusste, antwortete sie: „Mein Freund hat mir gesagt, dass etwas passieren würde. Ich habe erwartet, dass sie ihr die Tasche wegnehmen.“ Nach dem Überfall sei sie in die Unterkunft gegangen, später wieder mit dem Taxi in die Finca: „Ich wollte die Polizei rufen, aber ich hatte keine Nummer und der Handy-Akku war leer.“
Gestalten, die „wie Ninjas aussahen“
Was zuvor passierte, schilderten die Zeugen trotz der Jahre dazwischen eindrücklich. Ein älteres Ehepaar, vor dessen Haus sich der Überfall ereignete, bestätigte, was schon das Opfer ausgesagt hatte. Demnach waren es zwei vermummte männliche Gestalten, die längere Zeit auf die aus Ungarn stammende Prostituierte eingeschlagen und eingetreten haben. Eine zweite Frau habe währenddessen mit verschränkten Armen etwas abseits gestanden und einen unbeteiligten Eindruck vermittelt. Die Anwohnerin sei vom Geschrei aufgeschreckt: „Erst habe ich gedacht, dass sich Katzen streiten.“ Sie ließ das Licht zunächst aus und beobachtete, wie „zwei Gestalten, die wie Ninjas aussahen“, immer wieder auf die eine Frau einschlugen. Durch das gekippte Fenster habe sie dann geschrien, dass sie aufhören sollten. Davon wiederum sei ihr Mann aufgewacht, der aus dem Haus stürmte. Aufgeschreckt vom angehenden Licht seien die Männer geflohen. Das Opfer sei in Richtung Finca gegangen.
Der damalige Türsteher, eine Empfangsdame und eine Hausdame berichteten davon, was anschließend in der Finca passierte. Von einem „zerbeulten Gesicht“ und Blutergüssen am Körper des Opfers war die Rede und davon, dass das Opfer „durch den Wind war“ und ihre Kollegin beschuldigte. Den Mitarbeitern kam es spanisch vor, dass die Räuber es nur auf eine der Frauen abgesehen hatten – und stellten die unversehrte Kollegin zur Rede. Der Türsteher habe das Zimmer der beiden durchsucht – und nichts gefunden. „Beweise für ihre Mitschuld gab es nicht“, sagten die Zeugen. Sie bestätigten zudem, dass das Opfer offen darüber redete, sein Geld stets mit sich herumzutragen.
Die Angeklagte antwortete schließlich auf die Frage, was sie auf die Anschuldigungen in der Finca erwiderte: „Gar nichts, ich war geschockt.“ Der Prozess wird am 6. März fortgesetzt.