Mit ihren 52 Jahren zeigt Influencerin Nicol Pia Hochwald aus dem Westerwald, wie es geht
Ü50-Influencerin aus dem Kreis Neuwied: „Mode und Wohlfühlen kennen kein Verfallsdatum“
Influencerin Nicoel Pia Hochwald aus St. Katharinen
Eigentlich wollte Hochwald einen farbenfrohen Kimono beim Treffen mit der RZ tragen. Doch dann entschied sie sich anders. Live dabei: ihre Follower. Foto: Nicole Hochwald
Nicole Pia Hochwald

Nicole Hochwald ist alles andere als bieder. Das wird schon deutlich, als sie mit einem strahlenden Lächeln die Haustür aufreißt. Ihr Look ist anders, als man es von einer 52-Jährigen erwarten würde, die am Rande des Westerwaldes mitten in einer gediegenen, ländlichen, von Einfamilienhäusern geprägten Nachbarschaft lebt.

Hellblonder Irokesenhaarschnitt, viele opulente Perlenketten um den Hals, schwarze, dekorativ zerrissene Hose, cremefarbene Bluse und schwarzer Blaser. Für ihre Verhältnisse ist es ein wirklich dezentes Outfit. Mal ist ihr Iro auch Pink oder Blau. Ihr Credo: „Mode ist was mir gefällt, ganz egal was der Rest der Welt dazu sagt.“

Das Alter ist nur eine Zahl

Das Alter ist für sie ohnehin nur eine Zahl und folglich egal. Ihre Botschaft verbreitet sie täglich auf ihren Social-Media-Kanälen unter dem Namen „Nicol Pia Hochwald“. Das kommt gut an. Ihr Thema, das junge Frauen, aber auch vor allem Frauen jenseits der 50, 60, 70 oder auch 80 anspricht: Darf man als Frau in jedem Alter alles tragen? Ihre kompromisslose Botschaft: „Tragt was ihr wollt, in jedem Alter. In Kleidungsstücken steht keine Altersbegrenzung. Also kennt Mode und Wohlfühlen kein Verfallsdatum.“

Für ihre Follower ist Hochwald eine Stilikone, aber auch jemand der Mut macht, einfach man selbst zu sein. „Viele meinen, ich sei sogar so etwas wie eine Freundin. Wahrscheinlich, weil ich täglich, wenn man so will, bei den Leuten über Social Media vorbeischaue. Ich bin authentisch, und ich erlaube auch den einen oder anderen privaten Einblick und erzähle auch von meinem Arbeitsalltag bei der Telekom. Vor allem spreche ich Themen an, die viele sich sonst nicht trauen, zu thematisieren oder nur mit der besten Freundin drüber reden“, erzählt sie.

Manchmal ist ihr nicht nach knallbunt

An diesem Morgen hat sie mal wieder die Entscheidungsfindung hin zu ihrem aktuellen Outfit mit ihren Followern geteilt. Ausgangspunkt war ein farbenfroher Kimono, der schließlich einem schwarz-weißen Outfit weichen musste. Heute war ihr nicht nach knallbunt. Das ist täglich anders, und sie lässt ihre Community an ihren Ideen und Befindlichkeiten teilhaben. In ihren Podcasts geht es darum: „Was trage ich heute?“, „Kann ich das überhaupt noch tragen oder bin ich meinen Teenagerkindern dann peinlich, weil ich rumlaufe, wie ich will?“

Sie fragt ihre Fans schon mal, ob der bunte Disney-Blazer besser zur Jeans passt als der schrill bunt gemusterte? Oder sie diskutiert mit der Community die Kragenform bei einem T-Shirt. Hochwald greift dabei auch beherzt zur Schere und zeigt, wie aus einem langweiligen Shirt ein modisches wird, indem man einfach den Kragen abschneidet. Oder es geht um das Ausmisten des Kleiderschranks und die Frage, ob weiße Plateaustiefeletten ein Fall für die Altkleidersammlung sind oder nicht. Dass Mode nicht teuer sein muss, erläutert sie ebenfalls und empfiehlt den Einkauf in ganz preiswerten Läden. Es komme eben darauf an, wie man es kombiniert. „Ich schmeiße eigentlich selten etwas weg. Neu kombiniert ist es schließlich wieder ein neues Outfit“, meint sie. Die Follower sind begeistert – auch die Männer. Die Kommentare gehen von „Egal, was du machst, du kannst einfach alles tragen“ über „Ich liebe deinen Style“ bis hin zu der Frage, ob man sich nicht mal zum Kaffeetrinken treffen könnte.

Wenig „ätzende Kommentare“

„Es gibt tatsächlich nur wenige ätzende Kommentare“, sag sie. Häufig erreichen sie ganz viele Mutmachgeschichten. „Eine 55-Jährige, die aus ihrer Laune heraus, mit Rüschenrock und dicker Kette – im Winter völlig unpassend – zur Arbeit gegangen ist, schrieb, dass sie sich ,schaurig schön‘ gefühlt habe. Bevor sie sich unwohl fühlte, habe sie sich daran erinnert, dass ich immer sage: ,Mach was du willst, und denk dran, dass jedes Outfit das letzte sein könnte, das du trägst‘“, erzählt sie. Auch ihre 83-jährige Schwiegermutter ist hin und wieder Thema eines Podcasts. „Ich habe der Community erzählt, dass sie Geburtstag hat. Es war so schön, dass fast 200 Geburtstagskarten und kleine Geschenke für sie geschickt wurden. Sie war total gerührt und hat zwei Tage nur Karten und Briefe gelesen“, so Hochwald.

Wie wird man als Vollzeit-Telekomangestellte eigentlich Influencerin? „Das war 2018 – und ganz zufällig. Ich wollte einen Gegenpol zu den teilweise ätzenden Posts auf Facebook liefern. Sozusagen gute Laune posten“, blickt sie zurück. Auch das Thema sei nicht geplant gewesen. „Ich habe mich in meinen bunten Klamotten gepostet. Mir war gar nicht bewusst, dass auch 30-Jährige sich schon fragen, was sie noch tragen können“, sagt Hochwald. „Das Thema hat also mich gefunden, weil die Leute davon immer mehr sehen wollten.“

Aktionen kommen gut an

Immer wieder überrascht sie mit Aktionen. Etwa mit dem #jeanstuesday. „Die Leute sollten ihre Jeansoutfits posten. Für jedes habe ich versprochen, 50 Cent von privatem Geld für den Verein Herzenswünsche zu spenden. Das waren 2019 mehr als 3500 Euro.“ Mit einem Modedesigner hat sie sich gegenseitig neue Aufgaben gestellt – zum Beispiel das Kreieren eines Outfits ohne Kleidungsstücke oder sich mit der Schwiegermutter auf ein Käffchen zu treffen und es zu filmen. Die Community war hingerissen.

Es kommt auch oft etwas zurück. „Ich verdiene mit meinen Social-Media-Kanälen kein Geld, weil ich nur ab und zu kleine Labels vorstelle, die ich wirklich toll finde. Aber kleine Firmen schicken mir auch was, mit der Bitte es vorzustellen. Ich habe Merchandiseartikel, wie T-Shirts mit meinem Konterfei drauf, die die Leute gern kaufen. Häufig schicken mir Follower kleine Geschenke als Dankeschön“, umreißt sie die Resonanz. Auch ihr Arbeitgeber, die Telekom, wo sie seit 25 Jahren beschäftig ist, unterstützt sie hin und wieder.

Nicol Pia Hochwald aus St. Katharinen startet mit ihren 52 Jahten als Influencerin durch
Influencerin Nicol Pia Hochwald aus St. Katharinen postet aus dem ehemaligen Nähzimmer der Schwiegermutter ihre Modevorschläge. Foto: Sabine Nitsch
Sabine Nitsch

Im Mai gibt es auf ihrem Kanal eine neue Aktion unter dem Motto: #meinemodemeineregel. „Die Leute sind aufgefordert, bis Ende Mai Fotos von sich posten, auf denen sie Klamotten tragen, die sie sich sonst nicht trauen zu tragen“, erzählt sie schmunzelnd. Wenn 500 Posts zusammenkommen, wird sie 1000 Euro an Familienhörbuch spenden. „Mir ist es wichtig etwas in der Region zu unterstützen“, betont sie. Sie überlegt auch, ob sie irgendwann ihre Follower nicht nur online trifft, sondern ob es nicht mal ein komplett analoges Treffen in der Region gibt, wo man sich kennenlernen kann.

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